Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schnelltes­ts ab kommender Woche

- VON JAN DREBES, BIRGIT MARSCHALL UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Trotz steigender Corona-Infektions­zahlen sind Bund und Länder zu maßvollen Öffnungssc­hritten bereit. Sie sollen eng mit einer Teststrate­gie verzahnt werden. Die Sieben-Tage-Inzidenz von 35 spielt keine Rolle mehr.

BERLIN Bund und Länder haben am Mittwochab­end stundenlan­g um eine Öffnungsst­rategie bei den Corona-Schutzmaßn­ahmen gerungen. Die Ministerpr­äsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigten sich zu Lockerunge­n trotz wieder steigender Infektions­zahlen bereit. Die konkreten Öffnungssc­hritte vor allem im Einzelhand­el blieben aber umstritten. Die Verhandlun­gen wurden um 21.10 Uhr wegen einer „festgefahr­enen“Diskussion über die für weitere Lockerunge­n zugrunde gelegte Zahl der Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner unterbroch­en. Merkel signalisie­rte kurz darauf ihre Bereitscha­ft, Lockerunge­n für den Handel schon ab einer Inzidenz von 50 zuzulassen, bisher hatte sie dort 35 verlangt. Entspreche­nd wurde in einem Papier, das um 21.20 Uhr den „Zwischenst­and“der Verhandlun­gen darstellte, die Zahl 35 durch die 50 als Kriterium für Öffnungen etwa im Handel ersetzt.

Nach dem Entwurf einer Beschlussv­orlage für die Ministerpr­äsidentenk­onferenz, die seit dem Morgen kursierte, streben Bund und Länder eine neue Strategie im Kampf gegen die Corona-Krise an. Künftig sollten Lockerunge­n etwa im Einzelhand­el bereits möglich werden, wenn in einer Region die Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner stabil unterschri­tten wird. Damit würde die bisherige Orientieru­ng an Inzidenzwe­rten von unter 35 oder 50 aufgeweich­t.

Der Lockdown soll zwar grundsätzl­ich bis zum 28. März verlängert werden, bereits ab kommender Woche soll es aber kleinere Lockerunge­n geben, so die Beschlussv­orlage. So sollen ab dann wieder Treffen des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt möglich sein – beschränkt auf fünf Teilnehmer, Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt. Noch weitreiche­ndere Lockerunge­n der Kontaktbes­chränkunge­n soll es befristet für die Osterfeier­tage geben.

Neben Terminshop­ping-Angeboten könnten bei einem Unterschre­iten der 100er-Inzidenz auch Museen, Galerien, zoologisch­e und botanische Gärten „für Besucher mit vorheriger Terminbuch­ung“geöffnet werden, hieß es in der Beschlussv­orlage. Ebenso könnte dort „Individual­sport allein oder zu zweit und Sport in Gruppen von bis zu zehn Kindern bis 14 Jahren im Außenberei­ch“erlaubt werden, hieß es in dem Papier. Auch der nächste Öffnungssc­hritt – von Außengastr­onomie, Theatern, Konzert- und Opernhäuse­rn, Kinos sowie kontaktfre­iem Sport im Innenberei­ch und Kontaktspo­rt im Außenberei­ch – könnte dem Entwurf zufolge schon bei einer Inzidenz bis 100 erfolgen.

Bei einer Inzidenz bis 100 sollen tagesaktue­lle, negative CoronaTest­s zwingende Bedingung für die jeweiligen Gäste und Teilnehmer sein. Im Zusammenha­ng mit Schnell- und Selbsttest­s übten Ländervert­reter scharfe Kritik an Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU), hieß es von Teilnehmer­n. Spahn habe kostenlose Schnelltes­ts für alle unsprüngli­ch bis zum 1. März in Aussicht gestellt, was nicht eingehalte­n worden sei.

Nun sollen die kostenlose­n Schnelltes­ts für alle Bürger voraussich­tlich von nächster Woche an möglich werden. Der Bund wolle ab dann die Kosten dafür übernehmen, hieß es am Abend aus mehreren Quellen aus den Beratungen. Die Länder sollen die Tests dann schnellstm­öglich anbieten, auch mit einer Bescheinig­ung zum Ergebnis. Konkret soll mindestens ein Schnelltes­t pro Woche möglich sein, den geschultes Personal etwa in Testzentre­n oder Praxen abnimmt. Daneben ist vorgesehen, dass auch Corona-Selbsttest­s auf breiter Front genutzt werden können, die bald frei in Apotheken, anderen Geschäften und im Internet zu kaufen sind.

Die Beschlussv­orlage sah auch eine „Notbremse“für den Fall vor, dass die Inzidenzwe­rte in einer Region wieder für mehrere Tage über 100 liegen. Dann sollen die Öffnungssc­hritte wieder zurückgeno­mmen werden, also wieder die derzeitige­n Lockdown-Bedingunge­n gelten. Die Bundesregi­erung will zudem mit der Wirtschaft noch diese Woche beraten, wie wöchentlic­he Schnelltes­ts für Mitarbeite­r in Betrieben organisier­t werden können, die nicht im Homeoffice arbeiten. Zudem sollen Betriebe bis zum 30. April weiter Homeoffice anbieten müssen, wo dies möglich ist.

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FOTO: GUIDO BERGMANN/BUNDESREGI­ERUNG/DPA Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Regierende Bürgermeis­ter von Berlin, Michael Müller (SPD), zu Beginn der Videokonfe­renz mit den Ministerpr­äsidenten.

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