Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Schnelltests ab kommender Woche
Trotz steigender Corona-Infektionszahlen sind Bund und Länder zu maßvollen Öffnungsschritten bereit. Sie sollen eng mit einer Teststrategie verzahnt werden. Die Sieben-Tage-Inzidenz von 35 spielt keine Rolle mehr.
BERLIN Bund und Länder haben am Mittwochabend stundenlang um eine Öffnungsstrategie bei den Corona-Schutzmaßnahmen gerungen. Die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigten sich zu Lockerungen trotz wieder steigender Infektionszahlen bereit. Die konkreten Öffnungsschritte vor allem im Einzelhandel blieben aber umstritten. Die Verhandlungen wurden um 21.10 Uhr wegen einer „festgefahrenen“Diskussion über die für weitere Lockerungen zugrunde gelegte Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner unterbrochen. Merkel signalisierte kurz darauf ihre Bereitschaft, Lockerungen für den Handel schon ab einer Inzidenz von 50 zuzulassen, bisher hatte sie dort 35 verlangt. Entsprechend wurde in einem Papier, das um 21.20 Uhr den „Zwischenstand“der Verhandlungen darstellte, die Zahl 35 durch die 50 als Kriterium für Öffnungen etwa im Handel ersetzt.
Nach dem Entwurf einer Beschlussvorlage für die Ministerpräsidentenkonferenz, die seit dem Morgen kursierte, streben Bund und Länder eine neue Strategie im Kampf gegen die Corona-Krise an. Künftig sollten Lockerungen etwa im Einzelhandel bereits möglich werden, wenn in einer Region die Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner stabil unterschritten wird. Damit würde die bisherige Orientierung an Inzidenzwerten von unter 35 oder 50 aufgeweicht.
Der Lockdown soll zwar grundsätzlich bis zum 28. März verlängert werden, bereits ab kommender Woche soll es aber kleinere Lockerungen geben, so die Beschlussvorlage. So sollen ab dann wieder Treffen des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt möglich sein – beschränkt auf fünf Teilnehmer, Kinder bis 14 Jahre nicht mitgezählt. Noch weitreichendere Lockerungen der Kontaktbeschränkungen soll es befristet für die Osterfeiertage geben.
Neben Terminshopping-Angeboten könnten bei einem Unterschreiten der 100er-Inzidenz auch Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten „für Besucher mit vorheriger Terminbuchung“geöffnet werden, hieß es in der Beschlussvorlage. Ebenso könnte dort „Individualsport allein oder zu zweit und Sport in Gruppen von bis zu zehn Kindern bis 14 Jahren im Außenbereich“erlaubt werden, hieß es in dem Papier. Auch der nächste Öffnungsschritt – von Außengastronomie, Theatern, Konzert- und Opernhäusern, Kinos sowie kontaktfreiem Sport im Innenbereich und Kontaktsport im Außenbereich – könnte dem Entwurf zufolge schon bei einer Inzidenz bis 100 erfolgen.
Bei einer Inzidenz bis 100 sollen tagesaktuelle, negative CoronaTests zwingende Bedingung für die jeweiligen Gäste und Teilnehmer sein. Im Zusammenhang mit Schnell- und Selbsttests übten Ländervertreter scharfe Kritik an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), hieß es von Teilnehmern. Spahn habe kostenlose Schnelltests für alle unsprünglich bis zum 1. März in Aussicht gestellt, was nicht eingehalten worden sei.
Nun sollen die kostenlosen Schnelltests für alle Bürger voraussichtlich von nächster Woche an möglich werden. Der Bund wolle ab dann die Kosten dafür übernehmen, hieß es am Abend aus mehreren Quellen aus den Beratungen. Die Länder sollen die Tests dann schnellstmöglich anbieten, auch mit einer Bescheinigung zum Ergebnis. Konkret soll mindestens ein Schnelltest pro Woche möglich sein, den geschultes Personal etwa in Testzentren oder Praxen abnimmt. Daneben ist vorgesehen, dass auch Corona-Selbsttests auf breiter Front genutzt werden können, die bald frei in Apotheken, anderen Geschäften und im Internet zu kaufen sind.
Die Beschlussvorlage sah auch eine „Notbremse“für den Fall vor, dass die Inzidenzwerte in einer Region wieder für mehrere Tage über 100 liegen. Dann sollen die Öffnungsschritte wieder zurückgenommen werden, also wieder die derzeitigen Lockdown-Bedingungen gelten. Die Bundesregierung will zudem mit der Wirtschaft noch diese Woche beraten, wie wöchentliche Schnelltests für Mitarbeiter in Betrieben organisiert werden können, die nicht im Homeoffice arbeiten. Zudem sollen Betriebe bis zum 30. April weiter Homeoffice anbieten müssen, wo dies möglich ist.
Leitartikel, Politik