Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Eine rettende Idee für die Skater?
Der drohende Abbau der Skateranlage in Korschenbroich sorgt für viel Empörung. Yannic Sieben arbeitet mit seinem Bruder Luca an einer Indoor-Anlage, die eine Lösung in dem Streit sein könnte.
KORSCHENBROICH Yannic Sieben hat in dem Streit um die Skateranlage an der Albrecht-Dürer-Straße Verständnis für beide Seiten. Und er hat eine Idee: Gemeinsam mit seinem Bruder will der 34-Jährige eine Skateranlage bauen. Seit er 14 Jahre alt ist, skatet er. Heute arbeitet er im Bereich Action Sports. Sein Bruder Luca (25) ist Schreiner. In einem Teil der Halle der Druckerei ihrer Eltern an der Johan-Georg-Halskes-Straße wollen die beiden eine Indoor-Anlage für Skater bauen.
„Denn ehrlicherweise ist die Anlage, um die es gerade geht, auch keine besonders tolle. Klar, sie ist besser als nichts, aber nach 17 Jahren auch nicht unbedingt auf dem aktuellsten Stand“, sagt er. Was eigentlich als privates Projekt für die Brüder und den erweiterten Freundeskreis gedacht war — erst kürzlich hat auch Luca Sieben mit dem Skaten begonnen — könnte langfristig auch der Öffentlichkeit zugutekommen. „Ich würde gerne mit der Stadt, aber auch mit Schulen oder Vereinen zusammenarbeiten, um einen Ort zu schaffen, wo Kinder und Jugendliche ihre ersten Schritte auf dem Board machen können“, sagt Sieben.
Der Bedarf ist da, denn der Sport boomt. Zum einen, weil wegen der Pandemie Sportvereine ihre Programme nicht wie gewohnt anbieten können. Zum anderen wächst wieder das Interesse nach der großen Zeit der Szene in den 90er-Jahren. Bei den Olympischen Spielen in Tokio wird Skaten, neben dem Surfen, erstmals als olympische Disziplin ausgetragen. „Früher war Skaten eher ein Lifestyle, oft nicht ernst genommen als Zeitvertreib für rebellische Jugendliche. Aber heute ist es ein Sport wie viele andere, mit Athleten und Verbänden“, sagt Yannic Sieben.
Noch ist die Anlage, die er und sein Bruder bauen wollen, mehr Plan als Realität. Eine Rampe steht allerdings schon in der Halle. Sieben kann sich vorstellen, diese als Startpunkt für einen Indoor-Skatepark zu nehmen, möglicherweise irgendwann auch mit einem Außengelände. „Das Interesse ist auf jeden Fall da. Das zeigt ja auch der Streit um die bestehende Anlage. Die Städte müssen hier etwas bieten“, sagt er. Gerade in und um Mönchengladbach gibt es eine aktive Szene, unter anderem mit dem Skatepark „Alte Radrennbahn“und der Rollbrett Union. „Außerdem ist es keine neue Erkenntnis, dass sich Kinder heute immer weniger bewegen. Skaten sollte also dringend mehr von der Politik gefördert werden“, sagt Sieben.
Dass das Thema in der Stadtpolitik gerade so präsent ist, hält er für ein gutes Zeichen. „Niemand verlangt von einem Bürgermeister, dass er Skate-Experte ist“, sagt Sieben. Er sei offen für Gespräche. „Und die Lösung kann nicht sein, die alte Skateanlage abzubauen und sie einfach an einen anderen Ort zu versetzen. Das ist gerade eine tolle Chance, etwas Neues zu gestalten“, sagt er.
Auch beruflich beschäftigt Sieben sich mit diesem Sport. Vor knapp drei Jahren gründete er gemeinsam mit einer Kollegin ein Start-up. „Wir wollen diese Sportarten digitalisieren, also zum Beispiel Leistungsdaten sammeln und nutzbar machen, so wie es beim Fußball schon lange üblich ist“, sagt Sieben. Ziel soll sein, dass auch ungeübte Zuschauer mehr mit den Sportarten anfangen können, einzelne Athleten besser vergleichen können, um so den Zugang dazu niedrigschwelliger zu machen.
Für sein Projekt in Korschenbroich hat er zudem eine App-Idee: So könnten in Zukunft vielleicht Skater Videos von ihren Tricks in diese App hochladen. Künstliche Intelligenzen würden die Videos mit denen von Profis vergleichen und Verbesserungstipps geben. Denn gefilmt werde per Smartphones und GoPros ohnehin schon oft auf Skateranlagen.
Doch in jedem Fall müsse dringend etwas passieren in der Stadt, da ist sich Sieben sicher: „Das aktuelle Angebot im Bereich Skaten ist einfach nicht zeitgemäß. Gleichzeitig ist der Bedarf offensichtlich riesig.“