Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Mit dem Fahrrad quer durch die Jahrzehnte
Schon 1892 gab es einen Fahrrad-Club in Grevenbroich. Dessen Banner nutzten die Bürgerschützen sogar einmal als Regimentsfahne.
GREVENBROICH Was heute der ADFC ist, hieß früher „Schwalbe“. Das war der Name des ersten „Rad-FahrerClubs“, der 1892 in Grevenbroich gegründet wurde – von durchaus honorigen Herrn. Etwa von dem Maler und Chronisten Carl Oberbach, der einen leitenden Posten als „Beamter“in der Maschinenfabrik inne hatte. Oder von dem Buchhalter Jakob Dikers, der eine Heftreihe mit dem Titel „Aus der Vorzeit Grevenbroichs“herausgab. Beiden Zeitgenossen sind heute Straßen in der Innenstadt gewidmet. Bei Oberbach fiel allerdings das „C“im Vornamen einem „K“zum Opfer.
Ulrich Herlitz, Vorsitzender des Geschichtsvereins, hütet eine Aufnahme aus den frühen Jahren der „Schwalbe“. Es dürfte wohl die älteste Fotografie von Grevenbroicher Radfahrern sein. Sie zeigt drei Mitglieder des Vereins, die sich mit ihren Drahteseln – darunter ein Hochrad – stolz dem Fotografen präsentierten. Das war augenscheinlich irgendwo im Grünen – wann genau das aber war, ist nicht bekannt. „Auf jeden Fall in der Zeit, als die Fahrräder in Grevenbroich laufen lernten“, sagt Herlitz.
Eine weitere Erinnerung an den „Rad-Fahrer-Club“wird im Alten Schloss aufbewahrt. Es ist eine Fahne, die sich im Besitz des Bürgerschützenvereins befindet und in dessen Archiv eingekehrt ist. Das restaurierungsbedürftige Stück trägt auf der einen Seite das Bild eines beflügelten Jünglings mit Siegeskranz, eingefasst in Eichenlaub. Auf der Rückseite ist das Stadtwappen mit dem Clubzeichen und der Aufschrift „All Heil“zu sehen – das war damals der Motto-Ruf der Radler.
„Der Name ,Schwalbe' symbolisierte – ganz im Trend der damaligen Wandervogel-Bewegung – Aufbruch, Freiheit und Bewegung in der Natur“, sagt Herlitz. Dieses Motiv habe sicherlich auch gut zum neuen Engagement der Grevenbroicher Bürgerschützen gepasst, die im September 1920 ihr erstes Schützenfest nach dem Ersten Weltkrieg feierten, meint der Geschichtsfreund. Da damals eine Fahne fehlte, die den Neubeginn des Brauchtums in der Schlossstadt markieren sollte, griffen die Schützen mangels Alternative zum Banner des Fahrradclubs. Es wurde stolz von einem Fahnenoffizier getragen, der das Regiment auf einem Schimmel anführte.
Der Wevelinghovener Foto- und Postkartensammler Jürgen Larisch hat für unsere Redaktion sein umfangreiches Archiv durchforstet, um weitere Fotos mit Fahrradfahrern aus Grevenbroich zutage zu fördern. Darunter ist auch ein Bild von einer der Fahrradprüfungen zu sehen, die in den 1970er Jahren auf dem großen Kaufhof-Parkplatz veranstaltet wurden. Der grenzte bekanntlich an die Karl-Oberbach-Straße. Und so schließt sich der Kreis – irgendwie.