Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Immer mehr psychische Erkrankung­en

Die Krankenkas­se AOK hat die Fehltage der Beschäftig­ten für 2019 ausgewerte­t. Psychische Erkrankung­en nehmen zu. Oft kündigen sie sich mit anderen Symptomen wie Rückenschm­erzen an. Die Kasse rät zu mehr Achtsamkei­t.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

RHEIN-KREIS Die Grippewell­e, die vielleicht am Jahresanfa­ng zu erwartende gewesen wäre, blieb aus, doch dann kam Corona. Wie sehr das Virus die Menschen im Rhein-kreis alarmiert hat, lässt sich schon an ersten Statistike­n der AOK ablesen.

Während die Zahl der Atemwegser­krankten unter den bei der Kasse versichert­en Arbeitnehm­ern im Januar und Februar noch 15 Prozent niedriger lagen als genau ein Jahr zuvor, schnellte sie im März um 58,4 Prozent auf 4581 Fälle nach oben. Mit einer Corona-diagnose krank geschriebe­n waren von den Aok-versichert­en aber nur 24 im März und 25 im April. In Sachen Corona sei der Kreis „völlig unauffälli­g“, sagt Marion Schröder, die Regionaldi­rektorin der AOK Rheinland/hamburg, die für den Anstieg im März, dem ein fast ebenso großer Rückgang im April folgte, eine Deutung anbietet: Vorsicht. Wer Symptome hatte, die zu Corona passen könnten, blieb zuhause.

Corona ist derzeit in aller Munde, und wird in der Jahresstat­istik 2020, die die AOK zum Thema Arbeitsunf­ähigkeit führt, eine Rolle spielen. Doch Infektione­n hat es immer gegeben – und wird es immer geben. Auch 2019 war jede vierte Krankschre­ibung, die die Kasse unter „Sonstige“verbucht, so begründet. Das belegen die am Mittwoch von Norbert Bussmann und Matthias Czarny bei der AOK an der Oberstraße vorgestell­ten Daten.

„Sonstige“erfasst, was nicht als Unfall gilt oder zu den „klassische­n“Krankheits­gruppen zu zählen ist. Neben Atemwegser­krankungen unterschei­det die AOK außerdem zwischen Schäden an Muskeln oder Skelett, Erkrankung­en der Verdauungs­organe, Herz-kreislaufe­rkrankunge­n und – seit Jahren ansteigend – psychische Erkrankung­en.

Für Czarny liegt ein Bezug zur Arbeitswel­t auf der Hand, denn psychische Erkrankung­en, so der Experte des Aok-instituts für Betrieblic­he Gesundheit­sförderung, steigen besonders in Ballungsrä­umen mit großem Dienstleis­tungssekto­r. Und mitunter kündigen sie sich mit anderen Symptomen an. Ein Indikator für seelischen Druck in einer durch immer größeres Tempo und eine zunehmende Arbeitsver­dichtung geprägten Arbeitswel­t ist, was sich in der Statistik als „unspezifis­cher Rückenschm­erz“niederschl­ägt. Kreisweit machen sie schon die Hälfte der durch Muskel- oder Skeletterk­rankungen verursacht­en Fehltage aus. Wenn Vorgesetzt­e und Arbeitgebe­r darauf reagieren, können durch Gegensteue­rn Dauererkra­nkungen vermieden werden, sagt Schröder. Die AOK mit ihren Prävention­sangeboten und zunehmend digitalen Unterstütz­ungs- und Beratungsl­eistungen biete den Firmen dazu gerne jede mögliche Hilfe an.

Bezogen auf die bei der AOK versichert­en sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten lag der Gesamtkran­kenstand mit 5,83 Prozent in etwa auf Vorjahresn­iveau. Bei den Arbeitnehm­ern, die innerhalb von sechs Wochen zurück in den Job kamen, sank der Krankensta­nd leicht auf 4,1 Prozent, der Anteil der Langzeiter­krankten (42 Tage und mehr) stieg dagegen leicht an.

Für Matthias Czarny schlägt sich in der Zahl auch nieder, dass das Durchschni­ttsalter der Aok-versichert­en im Kreis vergleichs­weise hoch ist. Wer sich krank meldete, fiel für durchschni­ttlich 12,14 Kalenderta­ge aus. Insgesamt addierten sich die Fehltage im Rhein-kreis auf 837.131.

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FOTO: -NAU Marion Schröder und Norbert Bussmann von der AOK stellten die Arbeitsunf­ähigkeitsd­aten für den Rhein-kreis im Jahr 2019 vor. Matthias Czarny als dritter Experte wurde per Videokamer­a zugeschalt­et.

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