Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Jeden Tag verlieren wir einen Hektar“
Korschenbroichs Bauern leiden unter der zunehmenden Versiegelung von Flächen. Aber nicht nur dieses Problem beschäftigt die Ackerbaubetriebe im Stadtgebiet. Ein Gespräch mit Kreislandwirt Wolfgang Wappenschmidt.
KORSCHENBROICH „Im Märzen der Bauer sein Rösslein einspannt.“Dieses alte Volkslied gilt immer noch, denn: „Jetzt beginnt die Vegetationszeit“, sagt Kreislandwirt Günter Wappenschmidt. Die ersten Arbeiten auf den Äckern haben bereits in den sonnigen Februartagen begonnen. „Aber man muss vorsichtig sein, denn auch im März kann es noch mal frieren“, sagt der Landwirt. Dennoch: Jetzt wird das bereits im Herbst ausgesäte Getreide angedüngt und auf Unkrautbesatz kontrolliert. Zudem wird der Acker vorbereitet für die Frühjahrspflanzen. Vorbereiten heißt düngen, den Boden fit machen für die Pflanzen.
Obst, Gemüse, Getreide, Rüben, Kartoffeln und etwa sechs Prozent Mais: Das sind die Pflanzen, die in Korschenbroich wachsen. „Es gibt keine typische Feldfrucht, die man mit unserer Stadt in Verbindung bringen könnte, wie etwa Walbeck mit dem Spargel.wir sind, wie überall im Rhein-kreis, ein typischer Ackerstandort.“Monokulturen gebe es nicht, die seien eher typisch für Standorte mit viel Vieh. „Wir haben noch einige Betriebe mit Milchvieh und einen Betrieb in Lüttenglehn, der Schweine hält.“Dort betreibe der Landwirt auch eine Biogasanlage, die einzige der Stadt.
Sorgen macht den Bauern, dass es noch einmal einen so trockenen Sommer geben könnte wie 2018. „Wer wertvolle Sonderkulturen wie Gemüse, Obst, aber auch Kartoffeln anbaut, hat die Beregnungsanlage laufen lassen. Immer mehr Betriebe sind dabei, weiteren Brunnenbau zu prüfen und die Genehmigungen einzuholen, um das Netz derberegnungsmöglichkeiten noch dichter zu machen.“Bei den Kartoffeln sei es 2018 sehr schwierig gewesen: „Ohne Beregnung war der Anbau katastrophal. Nicht nur, weil sie nicht gut wachsen. Wir konnten sie auch nicht vernünftig ernten, weil der Boden so hart und spröde war.“
In Korschenbroich gibt es noch etwa 60 Höfe. Es ist eine vom Kreislandwirt geschätzte Zahl, weil es kaum aktuelle Erhebungen gebe. „Wir haben in den vergangenen Jahren keine extremen Brüche gehabt, die Zahl geht jedoch permanent zurück.“Der Strukturwandel in der Landwirtschaft schreite voran, aber: „Wir haben noch viele bäuerliche, kleinstrukturierte Betriebe.“Die durchschnittliche Betriebsgröße liege immer noch bei knapp 60 Hektar. Zuletzt wurden 2014 dazu Zahlen veröffentlicht. Danach hatte die Landwirtschaft einen Anteil von 62,6 Prozent an der Gesamtfläche der Stadt. Im Jahr 2000 waren es noch 67,1 Prozent. „Von 2000 bis 2014 haben wir 249 Hektar verloren. Und das ist bis heute noch mehr geworden.“Ursache sei zum einen, dass Landwirte ihren Beruf aufgeben, zum anderen die zunehmendeversiegelung der Flächen.„jeden Tag verlieren wir hier einen Hektar an Fläche. Außer der Landwirtschaft nehmen alle Nutzungen zu, ob wir Häuser oder Straßen bauen, ob wir mehrgewerbe- oder Freizeitflächen haben.“Den Vorteil, in Landwirt zu sein, sieht Wappenschmidt vor allem in der Nähe zum Verbraucher. „Es besteht ein allgemeinerwunsch nach regionalen Produkten, und den können wir bedienen.“