Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bundeshilfe für das Stadtarchiv
Marcus Jannsens hat aus dem Neusser Archiv eine anerkannten Größe in Fragen der Papierrestauration gemacht. Das erkennt man auch in Berlin an und bewilligt Geld zur Behandlung der wertvollen Bestände aus kurkölnischer Zeit.
NEUSS Marcus Jannsens kann endlich den Staub von den wertvollsten Beständen des Stadtarchivs blasen. Seit zwölf Jahren ist der Restaurator in dem Haus an der Oberstraße tätig, das dank seiner Expertise zu einer landesweit bekannten und anerkannten Adresse in Fragen der Papierrestauration geworden ist.
Das hat sich offenbar auch bis Berlin herumgesprochen, denn Monika Grütters, die Kulturstaatsministerin in der Bundesregierung, gewährt dem Archiv einen Zuschuss, damit die Unterlagen aus der kurkölnischen Zeit konservatorisch behandelt werden können. Damit ist Neuss eines von nur zehn kommunalen Archiven bundesweit, das in den Genuss einer Förderung aus einem Sonderprojekt zur Bewahrung schriftlichen Kulturerbens kommt.
Auf den Dokumenten aus dem frühen 15. bis späten 18. Jahrhundert lastet aber nicht nur der Staub der Geschichte. Mehrere Umzüge die Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg, als das Archiv im Keller des dabei zerstörten Clemens-Sels-Museums lagerte, Schutt oder Wassereinbrüche setzten den Dokumenten auch in den Kartons zu, in denen sie gelagert wurden. Oft sind Feinstaub, Milben, Schimmelsporen unter deren Deckeln zu finden. Gründe genug für Jannsens, der Gesundheit zuliebe mit diesen Dokumenten nur unter einer Absauganlage zu hantieren – und ein Grund, warum ein Teil der Bestände für die Benutzung gesperrt blieb.
Das soll sich dank Bundesförderung rasch ändern. Dieser Zuschuss in Höhe von 7500 Euro wird von der Stadt verdoppelt. Genug, um von den 80 Metern Archivgut aus diesen Jahrhunderten ein Viertel – 75 Kartons mit gut 80.000 Blättern – noch in diesem Jahr der Wissenschaft zur Verfügung stellen zu können. Und Stadtarchivar Jens Metzdorf hofft, dass die Aufnahme in dieses Projekt eine weitere Förderung im nächsten Jahr nach sich zieht.
Eine Voraussetzung für die Förderung war, so Metzdorf, das „wir ein erhebliches Bundesinteresse darlegen konnten.“Das war schnell belegt. Denn der Bestand aus den Jahrhunderten, als Neuss eine Landstadt im Kölner Fürstbistum war, ist nicht nur „fast ohne Verluste erhalten“, wie Metzdorf sagt, sondern auch für die Forschung wichtig, so lange die zum Beispiel nicht wieder auf die Dokumente aus dem 2009 eingestürzten Kölner Stadtarchiv zugreifen kann. Die Erstellung eines digitalen Findbuches im Vorjahr, mit der Neuss seine Bestände im Internet „ausgestellt“hat, hätten jedenfalls gleich zu einem Anstieg der Nutzeranträge geführt.
Einige von diesen Dokumenten hat Jannsens schon aufbereitet. Zum Bespiel, wenn ein Forschungsprojekt darauf angewiesen war. „Das Buch zur Hexenverfolgung in Neuss“, nennt Metzdorf ein Beispiel, das im Oktober erscheint. Jetzt kann das Thema systematisch angegangen werden. Bis November hat ein Unternehmen in BadenWürttemberg jedes Blatt gesäubert, geglättet, in neuen Mappen und Kartons eingelagert und mit neuer Registratur versehen. Damit ist auch ein weiterer Schritt vorbereitet – die Digitalisierung der Bestände.