Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Etienne“kämpft mit Kälte gegen Krebs

Marburg, Heidelberg, Neuss – in Deutschlan­d gibt es nur wenige Zentren, die Kryo-Verfahren zur Tumorbekäm­pfung einsetzen. Das Johanna-Etienne-Krankenhau­s gehört dazu. Eine fünfjährig­e Erfolgssto­ry mit zwei Eingriffen pro Woche.

- VON LUDGER BATEN

NORDSTADT Karin König strahlt. „Im Etienne-Krankenhau­s wurde mir geholfen. Medizinisc­h und menschlich.“Ihre gute Laune hat einen Grund: Die jüngsten Kontroll-CT’s sind positiv. Das ist keine Selbstvers­tändlichke­it. Die Krankenakt­e der heute 64 Jahre alten Diplom-Sozialwiss­enschaftle­rin wurde 2005 angelegt. Darmkrebs, Karzinom im Gallengang, Metastasen in der Lunge. Immer wieder Operatione­n. Zwei Lungenflüg­el wurden entfernt. Als 2014 erneut Metastasen in der Lunge diagnostiz­iert wurden, suchte die Bergisch-Gladbacher­in nach alternativ­en Behandlung­smethoden und wurde in Neuss fündig: die von Privatdoze­nt Dr. Gebhard Schmid angebotene Kryo-Therapie. „Ich bin mit seinem Sekretaria­t in Kontakt getreten“, sagt König, „hatte kurze Zeit später meinen Vorstellun­gstermin und darauf auch meinen Eingriff.“

„Ja“, sagt der Radiologe Schmid, „bei dem tumorzerst­örenden Verfahren mittels Kälte gehören wir deutschlan­dweit zu den Pionieren.“In den USA, Frankreich oder den Niederland­en wird die Kryo-Therapie viel häufiger eingesetzt. Warum? „Viele scheuen womöglich den Aufwand. Der ist hoch“, sagt Schmid. Die Kostenträg­er offenbar nicht: „Die Kryo-Therapie steht jedem Kassenpati­enten offen.“Er selbst wurde durch einen Kollegen in Straßburg auf das Verfahren aufmerksam und führte es vor fünf Jahren am Johanna-EtienneKra­nkenhaus ein. Bis heute gehört Neuss zu den wenigen Zentren in Deutschlan­d, die das Kryo-Verfahren zur Tumorbekäm­pfung einsetzen. Marburg und neuerdings auch Heidelberg sind weitere Standorte. Gemeinsam mit seinem Oberarzt Dr. Dietrich Liebsch nimmt Schmid jährlich mehr als hundert Eingriffe vor, die sowohl einer Kälte- als auch einer Hitzetechn­ologie folgen. Die Erfolgsquo­te liege über 90 Prozent. Das sei, so der erfahrene Arzt, nicht verwunderl­ich, denn die Kryotherap­ie werde nur unter bestimmten Voraussetz­ungen angewandt: „Wichtig ist, dass die Tumore nicht größer als fünf Zentimeter und lokal begrenzt sind.“Alle Tumorarten können so behandelt werden, allerdings sind einige Behandlung­sbereiche besonders erfolgreic­h: Nierentumo­re, Lungenmeta­stasen sowie Knochentum­ore und -metastasen.

Beim minimalinv­asiven Eingriff werden hauchdünne Nadeln direkt am Tumor platziert, in die Argon eingeleite­t wird. Mittels des Edelgases entstehen Minustempe­raturen, die ab Minus 20 Grad als zelltötend für den Tumor gelten. An der Nadelaußen­seite kann es Minus 110 Grad werden. Anschließe­nd wird das Eis mittels Helium aufgetaut. Ein Prozess, der drei Mal wiederholt wird. Am Ende bleibt nur eine Narbe.

Die Methode schont den Patienten und lässt sich bei Bedarf wiederhole­n. Die geringe Belastung bestätigt auch Karin König: „Nach einem Tag war ich wieder so fit, dass ich an meinem Laptop arbeiten konnte.“

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NGZ-FOTOS (2): WOI Privatdoze­nt Dr. Gebhard Schmid bietet als einer von wenigen Ärzten in Deutschlan­d die Kryo-Therapie an – bei Patientin Karin König mit Erfolg.
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Melone mit Nadeln: Der vereiste Bereich ist gut zu erkennen.

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