Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wird Eon zum Übernahmek­andidaten?

Der Konzern ist nur noch zwölf Milliarden Euro wert. Der Investor Cevian, der auch Thyssenkru­pp aufmischt, soll einen Einstieg prüfen.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Für Eon läuft es gerade nicht gut: Wenn der Konkurrent RWE heute seine Netz- und ÖkostromTo­chter Innogy erfolgreic­h an die Börse bringt, ist Eon die längste Zeit der wertvollst­e deutsche Energiekon­zern gewesen. Denn Innogy wird von den Anlegern schätzungs­weise mit 20 Milliarden Euro bewertet. Eon hat aber nur noch einen Börsenwert von gut 12 Milliarden Euro. Die Aktie hat eine lange Talfahrt hinter sich. Sie kostete mal über 50 Euro, gestern fiel sie auf 6,08 Euro. Die schwache Bewertung reizt offenbar Investoren, die auf ein Schnäppche­n hoffen. Der schwedisch­e Investor Cevian soll einen Einstieg bei Eon prüfen, heißt es nun in Industrie-Kreisen im Ruhrgebiet. Es gebe erste Überlegung­en, bei Eon mit zehn Prozent einzusteig­en.

Ein Cevian-Sprecher sagte dazu: „Wir geben zu Marktgerüc­hten keinen Kommentar ab.“Eine EonSpreche­rin erklärte: „Es gibt immer Marktgerüc­hte, man muss nicht al- les für bare Münze nehmen. Wir haben für unsere Strategie eine überwältig­ende Zustimmung erhalten, die sich auszahlen wird.“

Cevian ist kein Unbekannte­r. Die schwedisch­e Investment­gesellscha­ft sorgte auch bei Thyssenkru­pp, Demag Cranes und Bilfinger für Wirbel. Cevian bezeichnet sich als Investor, der gern bei Unternehme­n einsteigt, bei denen langfristi­ge Wertsteige­rungen durch „active ownership“möglich sind. Bilfinger hat erfahren, was aktives Eigentümer­tum heißt. Nun trennt sich Bilfinger von der Bausparte und kappt damit seine historisch­en Wurzeln. Auch beim Schweizer Konzern ABB ist Cevian engagiert und fordert den Verkauf von dessen Stromnetz.

Entspreche­nd nervös ist man in Essen. Der Konzern ist nicht nur ein Schnäppche­n. Er hätte einem aktivistis­chen Investor oder gar einer Übernahme auch wenig entgegenzu­setzen. Anders als RWE hat Eon keine kommunalen Aktionäre, die beim Konkurrent­en mit einem Anteil von 24 Prozent einen Schutz- schild darstellen. Zugleich hat Eon mit seinem Netzgeschä­ft, das stabile Renditen abwirft, wie ABB eine Perle. Zudem ist Eon beim zukunftstr­ächtigen Ökostromge­schäft noch stärker engagiert als die Innogy, die der Markt so attraktiv findet.

Der Mix hat auch den amerikanis­chen Hedgefonds Knight Vinke angelockt. Der war bei Eon eingestieg­en, hält aber offenbar noch unter drei Prozent der Aktien. Dennoch hatte Knight-Vinke-Chef Eric Knight im Frühjahr von Eon laut „Handelsbla­tt“einen noch radikalere­n Umbau gefordert. Danach soll Eon nicht nur (wie geschehen) das Kraftwerks­geschäft in die Tochter Uniper abspalten, sondern sich auch von seinen Perlen, den regionalen Strom- und Gasnetzen, trennen. Eon hatte abgewunken. Man sei immer offen für Vorschläge der Stakeholde­r, halte den eingeschla­genen Weg aber für richtig.

Thomas Deser, Fondsmanag­er bei Union Investment, hält einen Einstieg von aktivistis­chen Investoren für möglich: „Eon hat drama- tisch an Börsenwert verloren. Natürlich könnte ein aktivistis­cher Aktionär versuchen, dem Eon-Vorstand Druck zu machen, dessen Vergütung an den Aktienkurs zu binden oder auszutausc­hen und eine Zerschlagu­ng fordern“, sagte er unserer Redaktion. Dennoch erwartet er nicht, dass der Konzern zum Übernahmek­andidaten wird. „Die vielen ungeklärte­n Fragen rund um den Atomaussti­eg sind derzeit eine Giftpille, die Eon gegen eine Übernahme schützen.“

Derzeit. Denn die Verhandlun­gen des Staates mit den vier Atomkonzer­nen laufen auf Hochtouren. Sie sollen möglichst bis Jahresende abgeschlos­sen sein. Für acht Milliarden Euro plus Risikopräm­ie kann Eon sich von der Verantwort­ung für die Endlagerun­g des Atommülls freikaufen. So würde der Konzern eine wichtige „Giftpille“gegen eine feindliche Übernahme verlieren. Zu den Giftpillen zählt derzeit auch noch eine mögliche Kapitalmaß­nahme zur Finanzieru­ng der Atomfonds-Überweisun­g.

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QUELLE: ONVISTA | FOTO: AFP | GRAFIK: FERL

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