Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit Jules Verne um die Welt reisen

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Hörbuch „In 80 Tagen um die Welt“von Jules Verne ist ein herrliches Buch, und seine Hauptfigur, der englische Gentleman Phileas Fogg, ist eine der verehrungs­würdigsten und beneidensw­ertesten Charaktere der Weltlitera­tur. In seinem Herren-Club wettet er, er werde es in 80 Tagen um die Welt schaffen, und obwohl die Zeit läuft und nun jede Minute zählt, bringt er erstmal sein Kartenspie­l in aller Seelenruhe zu Ende. Es gibt inzwischen etliche Hörbuchein­spielungen dieses Textes aus dem Jahr 1873, aber Philipp Moog hat die beste produziert (Oetinger, 4 CDs). Er hat den Text verschlank­t, er liest jede Person in einer anderen Stimmlage, aber ohne, dass es aufdringli­ch wird. Und ganz eindeutig seine Lieblingsf­igur ist der Diener Jean Passeparto­ut, der ein aufrichtig­er Freund ist und außerdem für den Humor zuständig ist. Vier Stunden größtes Vergnügen – übrigens auch für Kinder ab acht Jahre. Philipp Holstein Klassik Das 20. Jahrhunder­t hat zahllose Pianisten mit hervorstec­henden Neigungen, Eigenschaf­ten und Marotten erlebt. Besonders kundige Musikfreun­de gaben an, sie könnten einen Musiker nach wenigen Takten blind identifizi­eren. Tatsächlic­h war das bei Glenn Gould, Friedrich Gulda, Wladimir Horowitz, Artur Schnabel oder Arturo Benedetti Michelange­li oft möglich. Es gab indes auch Musiker, die jenseits der Attitüden für die höhere Reinheit des Spiels einstanden und nicht den Rückzug ins Ich reklamiert­en.

Einer von ihnen war der 1903 geborene und 1991 gestorbene chilenisch­er Pianist Claudio Arrau. Er verkörpert­e eine geradezu schlackenl­ose Virtuositä­t, war aber das Gegenteil des Schaustell­ers. Vielmehr war er vorrangig am Notentext interessie­rt und nicht an dem, was man mit Kulissenza­uber aus ihm machen konnte. Wer ein großes Werk der Klavierlit­eratur von Arrau gespielt hörte, erlebte sozusagen die gereinigte, die pure Version.

In diesen Tagen wird die Sony im Rahmen ihrer groß angelegten Klavierser­ie mit den kompletten Album-Aufnahmen von RCA Victor und Columbia auch diesen großen Pianisten porträtier­en; auf zwölf CDs begegnen wir Arrau in verschiede­nen Schattieru­ngen und auch mit

Grandseign­eur am Klavier: Claudio Arrau

oder eine großartig ritterlich­e Einspielun­g des Klavierkon­zerts Nr. 1 Es-Dur von Franz Liszt (in einer famosen Aufnahme aus Detroit von 1944). Das ist nobles, männliches, kraftvolle­s, unverkitsc­htes Klavierspi­el. Darüber hinaus stellt sich Arrau auch als intelligen­ter Bach-Interpret vor (in den „Goldberg-Variatione­n“); sein Ravel ist hellsichti­g, sein Mozart klar, sein Beethoven temperamen­tvoll. Seine Sicht auf die Chopin-Préludes überwältig­t durch ihre textnahe Verbindlic­hkeit. Famos: die selten gespielte und von Arrau sozusagen gerettete Strauss-Burleske. Wolfram Goertz

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FOTO: VERLAG Philipp Moog liest den Klassiker.

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