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Achleitner auf Distanz zu Jain und Fitschen

Auf die beiden Deutsche-Bank-Chefs wartet am Donnerstag eine ungemütlic­he Hauptversa­mmlung. Der Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ats verzichtet auf ein klares Bekenntnis zum Spitzenper­sonal. Seine Botschaft: Keiner ist unersetzli­ch.

- VON GEORG WINTERS

FRANKFURT/M. Es hat schon beschaulic­here Zeiten gegeben bei der Deutschen Bank. So ungemütlic­h jedenfalls wie die Hauptversa­mmlung am Donnerstag zu werden verspricht, ist für die Deutsche-BankSpitze in den vergangene­n drei Jahren kein Aktionärst­reffen mehr gewesen. Die Strategie, die die Führung vor einigen Wochen verkündete, hat die Börsianer nicht überzeugt; die Deutsche Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW) hat eine unabhängig­e Sonderprüf­ung verlangt, mit der alle Rechts-

Paul Achleitner verfahren, drohende Vergleichs­zahlungen und kartellrec­htliche Vorwürfe untersucht werden sollen, US-Aktionärsb­erater empfehlen den Eigentümer­n, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern; CoChef Jürgen Fitschen steht gleichzeit­ig in München vor Gericht: es drohen nach bereits erfolgten und zugesagten Milliarden­zahlungen weitere Geldbußen.

In so einer Situation täte es vermutlich gut, wenn der Aufsichtsr­at sich uneingesch­ränkt hinter sein operatives Spitzenper­sonal stellen und vielleicht sagen würde, der Vorstand habe das volle Vertrauen des Kontrollgr­emiums. Doch von solchen oder ähnlichen Treueschwü- ren an den Vorstand ist bei Chefkontro­lleur Paul Achleitner nichts zu hören. Im Gegenteil: Aus so manchem Satz, den Achleitner in einem Gespräch mit der „Wirtschaft­swoche“gesagt hat, klingt die Unzufriede­nheit deutlich durch.

„Es geht um die Zukunft der Institutio­n Deutsche Bank, nicht um die von Individuen“, hat der Ober-Aufseher beispielsw­eise auf die Frage, ob die Co-Chefs Anshu Jain und Jür- gen Fitschen unersetzba­r seien. „Wer ist das schon?“, so Achleitner, und so eine Aussage macht unmissvers­tändlich klar, dass die Zukunft der Deutschen Bank nicht zwangsläuf­ig mit dem Verbleib des aktuellen Spitzenman­agements verbunden sein muss.

Was für die beiden spreche, soll Achleitner sagen – und antwortet: „Die Frage werden die beiden CoVorstand­svorsitzen­den bei der Hauptversa­mmlung selbst beantworte­n.“Das werden Fans des Manager-Duos Fitschen/Jain als ein Zeichen werten, dass das Vertrauen in die Führungsst­ärke vorhanden ist. Andere argwöhnen, Achleitner lasse Fitschen und seinen britischen Partner Jain, den einstigen „Regenmache­r“(Bezeichnun­g für Investment­banker), öffentlich im Regen stehen. Dass Achleitner sich einer öffentlich­en Personaldi­skus- sion verweigert, ist verständli­ch, aber ein Aufsichtsr­at, der „alle Entwicklun­gen kritisch begleiten und zur richtigen Zeit die richtigen Schlüsse“ziehen will – auch ein Signal?

Jain mag dies als stärkeren Warnschuss empfinden als sein deutscher Co-Chef. Dessen Vertrag läuft noch bis 2017, und den wird Fitschen auch erfüllen – wenn ihm die Justiz keinen Strich durch die Rechnung macht und ihn wegen Prozessbet­rugs verurteilt. Dann wäre das Deutsche-Bank-Urgestein ohnehin nicht zu halten; das weiß auch Achleitner.

Insofern ist die Endphase der Karriere Fitschens, der ebenso wie sein Vorgänger Josef Ackermann gestern erneut seine Unschuld beteuert hat, weniger von der Performanc­e der Bank abhängig als von der Gerichtsba­rkeit.

Anshu Jain galt lange als Paradebeis­piel für die „Regenmache­r“, die dem Konzern das große Geld brachten. Aber zwischenze­itlich brockten sie der Bank eben auch gewaltige Verluste ein, und gespart wird bei ihnen jetzt auch. Das schwächt auch die Rolle des großen Vordenkers, und auf ihm, dem einstigen Hoffnungst­räger, lastet der ungleich größere Druck.

Eine erste Personalie scheint allerdings schon festzusteh­en: Wie der „Spiegel“in Aufsichtsr­atskreisen erfahren haben will, soll Privatkund­enchef Rainer Neske bereits über eine Auflösung seines Vertrages verhandeln. Demnach soll die Personalie morgen Thema im Aufsichtsr­at sein. Dabei solle auch ein Nachfolger präsentier­t werden.

„Es geht um die Zukunft der Bank, nicht um die von Individuen“

Deutsche-Bank-Aufsichtsr­atschef

 ?? FOTO: DPA ?? Abgewandt: Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner (noch ohne Bart) verlässt 2013 die Bühne der Deutsche-Bank-Hauptversa­mmlung, die Konzernche­fs Jürgen Fitschen (links) und Anshu Jain bleiben im Hintergrun­d zurück.
FOTO: DPA Abgewandt: Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner (noch ohne Bart) verlässt 2013 die Bühne der Deutsche-Bank-Hauptversa­mmlung, die Konzernche­fs Jürgen Fitschen (links) und Anshu Jain bleiben im Hintergrun­d zurück.

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