Neue Westfälische - Löhner Nachrichten

Ein sicherer Ort für queere Menschen

Im Herforder Awo-jugendzent­rum „die 9“gibt es einen der wenigen Treffs für queere Jugendlich­e im Kreis. Warum so ein Treffpunkt im ländlichen Raum wichtig ist.

- Ralf Bittner

Kreis Herford. Kurz vor Beginn der Corona-pandemie fanden die ersten queeren Treffen im Herforder Awo-jugendzent­rum „die 9“für Jugendlich­e und junge Erwachsene, die sich nicht sich nicht in erster Linie als heterosexu­ell odercis- geschlecht­lich identifizi­eren, statt. Begleitet werden die Treffen im„Biju“von den Honorarkrä­ften Lina Zschiescha­ng und Kaja Kroes. Anders als in Großstädte­n sind Angebote für queere Jugendlich­e im ländlichen Raum noch rar. Lediglich im Löhner Jugendzent­rum „Riff“gibt es ein weiteres Angebot im Kreis.

„Unser queerer Treff Biju findet montags von 17 bis 19 Uhr in einem Raum statt, den wir für uns gestalten“, sagt Kroes: „Der überwiegen­de Teil der Besuchende­n ist Anfang 20. Wir sprechen aber Menschen im Alter von 14 bis 27 Jahren an.“

Die Gruppe in den Räumendes A wo- jugend zentrums„ die 9“nutzt die Buchstaben kombinatio­n

„LSBTIQ*, um die Vielfalt der geschlecht­lichen und sexuellen Identitäte­n (lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, inter* und queer) zu benennen.

„Was in der Gruppe gemacht wird, entscheide­n die Besuchende­n selbst“, sagt Kroes. Ganz vorne stehe noch die Gestaltung des Raumes mit Teeküche, Sitzecke und Platz für kreative Aktivitäte­n im Untergesch­oss des Jugendzent­rums, Auf der Freiheit 9. Es gibt aber auch Kreativang­ebote nach Wunsch oder die Möglichkei­t zum Austausch.

„Am wichtigste­n ist aber, dass wir einen geschützte­n Raum bieten, in dem Menschen sich nicht erklären müssen, sondern einfach sie selbst sein können“, sagt Zschiescha­ng, die zunächst als Besucherin in den damals neuen queeren Treff gekommen war: „Natürlich finden sich auch Menschen zusammen, die unabhängig vom Treff etwas gemeinsam unternehme­n.“Das können etwa die Teilnahmen an einem Christophe­r Street Day (CSD), anderen Freizeitak­tivitäten oder auch an lokalen Demos gegen rechts sein, denn viele queere Menschen beobachten die mit dem Erstarken rechts konservati­ver oder rechter Parteien zunehmende­Que er feindlichk­eit mit Sorge.

„Gerade im ländlichen und kleinstädt­ischen Raum ist so ein Treff wichtig, um das Gefühl der Vereinzelu­ng zu durchbrech­en und einen Austausch zu ermögliche­n. Viele queere Jugendlich­e denken, dass sie allein wären. Die Besuchende­n kommen inzwischen aus dem gesamten Kreisgebie­t, teilweise auch aus dem angrenzend­en Niedersach­sen“, sagt Julia Paar, hauptamtli­che Mitarbeite­rin und Leiterin des Awo-jugendzent­rums: „Der queere Treff nutzt zwar eigene Räume im Haus, findet aber während der regulärenö­ffnungszei­ten statt. wer möchte, kann durch den Haupteinga­ng kommen oder auch einen separaten Eingang benutzen.“

Die Besuchende­n finden über persönlich­e Kontakte, den Instagram-account biju_herford oder auch auf Empfehlung

von Schulsozia­larbeiteri­nnen und Schulsozia­larbeitern oder auch Therapeuti­nnen oder Therapeute­n in die Gruppe. „Wir beobachten da eine zunehmende Sensibilis­ierung für das Thema und bemühen uns außerdem, den Treff bekannter zu machen“, sagt Paar. Menschen, die vor dem ersten Besuch im „Biju“Hemmungen haben, können sich vorher per E-mail an Biju@awo-owl.de oder unter Tel. 05221 1749613 an das „die 9“Team wenden.

Ermöglicht wird das Projekt durch einen Zuschuss in Höhe von 5.000 Euro von Kreis und Stadt Herford. Angestoßen worden war das Projekt bereits 2018 bei einem queeren Runden Tisch im Kreishaus. „Entstanden ist inzwischen ein Treffpunkt, in dem ein veränderte­s Normalität­sverständn­is vorherrsch­t, das sich von dem in der sonst vorwiegend heteronorm­ativ geprägten Gesellscha­ft unterschei­det“, sagt Paar. Der queere Treff stelle deshalb einen „sicheren Ort“(safe Space) für Jugendlich­e und junge Erwachsene dar.

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Foto: Ralf Bittner

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