Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Der Kampf um Glasfaser-kunden
Noch haben erst 14,6 Prozent der Bielefelder einen Glasfaseranschluss – doch das soll und wird sich ändern. Die Methoden der Anbieter sind nicht immer stubenrein. Das raten Verbraucherschützer.
Glasfaser – wenn das mal nicht nach Zukunft klingt. Nach digitaler Zukunft. Und so ist es auch leicht, Menschen hier zu verunsichern. Jeder will ja Zukunft haben, an der Zukunft teilnehmen.
An der Haustür klingen Sätze wie „Jetzt abschließen, sonst kommt das nie hierher“oder „Jetzt unterschreiben, denn später wird’s richtig teuer für Sie“oder „Heute Ihre Unterschrift, sonst gibt’s hier bald kein Internet mehr“dramatisch und zukunftsgefährdend. Aus vielen Teilen Deutschlands sind halbseidene Praktiken dieser Art bekannt. Und in Bielefeld?
Hier läuft es noch vergleichsweise harmonisch und fair ab, so die Verbraucherzentrale. Noch. Vielleicht auch deshalb, weil Bielefeld bisher hinterherhinkt beim Glasfaserausbau – mit 14,6 Prozent angeschlossenen Haushalten (oder erreichten). Paderborn und Herford kommen auf 53 und 48 Prozent, Gütersloh auf 41,5 Prozent, so der Glasfaseratlas NRW.
Ländliche Bereiche haben oft bessere Werte, da hier mit öffentlichen Mitteln weiße Flecken (Privathaushalte) und graue Flecken (Gewerbe) geschlossenwurden.„inderstadt ist der Vorteil von Glasfaser ja auch noch gar nicht so groß, das kommt erst in fünf bis zehn Jahren“, sagt Gudrun Tüscher von der Verbraucherzentrale. Gutes Internet hat hier fast jeder – anders als manchmal auf dem Land. Dennoch gilt: 2030 soll Glasfaser Standard sein.
In Bielefeld herrscht also gerade vielleicht die berühmte Ruhe vor dem Sturm, von Nrw-weit gut 50 Anbietern sind aktuell nur drei in Bielefeld aktiv – die Telekom und BITEL sind schon in der Erde, die „Deutsche Glasfaser“versucht laut Verbraucherzentrale gerade, die Nachfrage zu bündeln, also genügend Interesse zu fördern, damit sich ein Ausbau vor Ort in Quartieren oder Straßen lohnt.
Telekom (City) und BITEL (Jöllenbeck und Niederdornberg) sind Konkurrenten, haben sich laut Verbraucherzentrale aber darauf verständigt, dem jeweils anderen als „open access“ihre Leitungen zur Verfügung zu stellen, also nicht doppelt zu buddeln, wenn an einer Straße beideverträge mit Kunden abschließen.
Diese Abschlüsse sind es, bei denen die Verbraucherschützer zur Vorsicht mahnen. Nicht, dass alles Betrug ist – und auch zu den hochwertigen Glasfaseranschlüssen raten die Experten – aber es müsse sorgfältig geprüft werden, was unterschrieben werden soll. Was ist eigentlich echtes Glasfaser?
Leider gebe es nur zwei Wochen Zeit, ein Haustürgeschäft rückgängig zu machen, deshalb: vorher informieren.
Ist es Glasfaser, was da angeboten wird? Oder sind es normale Kabelanschlüsse, die vielversprechend Kabel-glasfaser, Koax-glasfaser oder Gigabit-anschluss genannt werden? Echtes Glasfaser heißt FTTH – das steht für „Glasfaser nach Hause“. FTTC gehe nur bis zum Bordstein, FTTB nur bis in den Keller – und beide müssten auf den letzten Metern auf Kupferkabel zurückgreifen, die die Glasfaser-geschwindigkeitsvorteile ausbremsten.
Nicht nervös machengilt bei der Ausbauquote, also jener Zahl, die die Firmen erreichen müssen, damit es sich lohnt für sie. Trotzdem könne in Ruhe geprüft und nachgedacht werden, so Ingrid Deutmeyer, Leiterin der Verbraucherzentrale.
Geködert wird mit Gratisanschlüssen, weil einmal Buddeln eben Geld spart. Am Vertrag hängt dann ein zweijähriger Vertrag über gelieferte Bandbreiten – auch hier sei wichtig, den eigenen Bedarf zu kennen und den Vertrag danach auszurichten.
Ratschlag: Lieber erst eine niedrigere Leistung buchen und dann bei Bedarf mehr dazu kaufen (das gehe immer), als gleich am Anfang hoch einsteigen und dann vertraglich gebunden zu sein. Und auch, wennschon gebuddelt wird, sei noch nichts verloren – auch dann könne noch eingestiegen werden; zu den günstigen Konditionen. Sonst kostet es schnell zwischen 500 und 1.200 Euro.
Wird unterschrieben, ist wichtig zu wissen, dass vier Wochen später eine VertragsBestätigung kommen müsse, komme diese nicht, könne jeder Kunde vom Vertrag wieder zurücktreten, so Tüscher. Und werde die Ausbauquote nicht erreicht, sei wichtig, zu wissen, was dann gilt: Wird der Vertrag automatisch storniert oder liegt er nur auf Eis? Für einen späteren Ausbau?
Hier sollte der Kunde wissen, ob er vom Vertrag zurücktreten kann, raten die Verbraucherschützer. Wohlwissend, dass das in Bielefeld noch nicht das ganz große Thema ist – aber in Kürze werden kann; wenn der Anbietermarkt „explodiert“und mit härteren Bandagen um Kunden gerungen wird.
Weitere Infos: ´ www.verbraucherzentrale. nrw/glasfaseranschluss ´ www.gigabit.nrw.de ´ Bielefeld: Mail an bielefeld@verbraucherzentrale.nrw