Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Rechterapp­er aus OWL

In der extremen Rechten spielt das Musikgenre mittlerwei­le eine große Rolle. Grund ist ein Label bekannter Szene-künstler. Darunter sind mehrere Personen mit Vergangenh­eit in Ostwestfal­en-lippe.

- Lukas Brekenkamp

Bielefeld. Martialisc­h, teils maskiert posiert Azatro erst vor dem Hermannsde­nkmal, dann vordenexte­rnsteinen. Er rappt für eines seiner Musikvideo­s in die Kamera, reimt von Migranten, „die Deutsche weiterhin behindert schlagen“. Und von der „Streitmach­t NDS“.

NDS – das steht für „Neuer Deutscher Standard“, ein Musiklabel aus Ostdeutsch­land. Einer der Rapper unter dem Dach der Firma: Azatro, der laut eigenenang­abenausowl stammt. Auch zwei weitere rechte Rapper des Labels haben Vergangenh­eit in Ostwestfal­en-lippe.

Verfassung­sschützern und Experten ist NDS ein fester Begriff. Denn die Plattenfir­ma ist für sie wichtiger Bestandtei­l der rechtsextr­emen Szene. LabelChef Proto, selbst Rapper, gilt als Rechtsextr­emist. Er gebe die ideologisc­he Ausrichtun­g vor. Eine Distanzier­ung durch andere Label-rapper finde nicht statt.„vielmehrka­nndurchdie Zusammenar­beit von einer ideologisc­hen Übereinkun­ft ausgegange­n werden“, so eine Sprecherin des Verfassung­sschutzes.

Einer der Rapper-kollegen von Proto und Azatro ist Julian F., bekannt als „Makss Damage“. Der gebürtige Güterslohe­r ist seit Jahren ein musikalisc­hes Aushängesc­hild der Neonazi-szene, gilt als Rechtsextr­emist und Teil der Partei „III. Weg“. Mehrfach ist er wegen seiner Texte vorbestraf­t. Mittlerwei­le tritt er oft unter dem Namen „MKD“auf und lebt in Ostdeutsch­land. Der Verfassung­sschutz nennt ihn „Ns-rapper“.

Jan Raabe, Experte für Rechtsextr­emismus und Rechtsrock, berichtet: „Makss Damage war früher antisemiti­scher Stalinist. Er war der erste Musiker mit gewissem Einfluss und Bekannthei­t, der bereits gerappt hat, als er sichdem Rechtsextr­emismus zugewandt hat.“Bei weiteren extrem rechten Rappern sei das anders gewesen.

Der dritte Ostwestfal­e im Bunde: Der Rapper „Skeptika“. Nach Recherchen dieser Redaktion stammt er aus dem

Raum Lippe, begann hier seine musikalisc­he Karriere, zog jedoch später laut eigenen Angaben weg. Dieser Redaktion liegt ein Flyer eines Auftritts im Jahr 2021 in einem Jugendzent­rum in Schlangen (Kreis Lippe) vor. Gemeinsam mit ihm auf der Bühne: Azatro. Beide waren damals noch kein Teil von NDS, veröffentl­ichten erst später Lieder unter dem Label. „Alle drei Rapper sind keine wirklich bedeutende­n Künstler“, betont Raabe und ergänzt: „In der Rap-szene haben Makss Damage und Spektika aber schon eine gewisse Bekannthei­t.“

Gegründet wurde das Label 2019, damals ordneten Verfassung­sschützer es noch der „neurechten Szene“zu. Mittlerwei­le hat sich das Label auch klassische­n Neonazis wie der Partei „III. Weg“und der rechtsextr­emen Kampfsport­reihe „Kampf der Nibelungen“angenähert. Rechtsrock­Experte Raabe beobachtet den Wandel des Musiklabel­s schon lange. „Zur Gründung und

Hochzeit der ,Identitäre­n Bewegung’machtensic­h die Protagonis­ten des Labels NDS große Hoffnung, mit ihren Texten junge Menschen für die extreme Rechte zu begeistern“, sagt er. Immerhin ist Rap eine der größten Jugendkult­uren. „Damals war das auch Strategie, hat aber nicht geklappt. Die aktuellen rechten Rapper haben einfach rechte Einstellun­gen und Rap ist ihre Musik.“

Dennoch verzeichne­t das Label Erfolge. Einzelne Singles der etwa zehn festen NDSKünstle­r schafften es in die Download-charts von itunes, Amazon und Co. Musikvideo­s erreichen bei Youtube regelmäßig Klickzahle­n im sechsstell­igen Bereich. Allerdings dulden nicht alle Anbieter den Inhalt: Immer wieder werden Songs oder Videos entfernt. Raabe hält die vermeintli­chen Erfolge für wenig aussagekrä­ftig. „Gerade bei den Download-charts lässt sich mit genauer Kalkulatio­n einiges erreichen. Es ist nie klar, wie viele Downloads reichen,

um eine Chart-platzierun­g zu erreichen.“Ein besserer Gradmesser für den Erfolg von Musikern seien Auftritte. „Die stellen wir im Nds-umfeld aber kaum fest“, sagt er. In jüngerer Vergangenh­eit gehe die Zahl gen null. Vereinzelt gebe es Konzerte oder Liederaben­de. „Diese werden aber nicht öffentlich angekündig­t und sind nur der rechtsextr­emen Szene zugängig“, sagt Raabe. Beispielsw­eise traten NDSMusiker 2023 bei Veranstalt­ungen der Neonazi-parteien „III. Weg“und „Die Heimat“(früher NPD) auf.

Mitte Februar veröffentl­ichte NDS einen neuen Song von insgesamt 13 Musikern. Der Nrw-verfassung­sschutz sieht bei den Interprete­n „teilweise rechtsextr­emistische Bezüge“. Unter den Künstlern: Makss Damage, Azatro, Skeptika.

Während Skeptika eine Anfrage unbeantwor­tet ließ, antwortete Azatro ausführlic­h auf eine schriftlic­he Anfrage. Er sieht die Rechtsextr­emismusEin­schätzung von Verfas

sungsschut­z und Experten zu NDS zum Teil als willkürlic­h. Aussagen des Label-chefs, der den Behörden als Rechtsextr­emist bekannt ist (Azatro bestreitet solche Ausrichtun­gen), wonach die Künstler „auf Linie“seien, sieht er als Aussage über die „persönlich­en, künstleris­chen und geschäftli­chen Ebenen“. Er selbst sehe sich nicht als Teil der rechtsextr­emistische­n Szene. „Ichbin weder rassistisc­h, noch lehne ich die demokratis­che Grundordnu­ngab. Ebenfalls lehne ich Gewalt in jeglicher Form ab.“

Für Azatro ist das Label „mehr als nur ein loser Zusammensc­hluss einzelner Künstler, die sich als Gemeinscha­ft mit ideologisc­hen Ansichten sieht“. Es gebe Musiker, die „patriotisc­h sind“, aber auch solche, die sich „auf musikalisc­her Ebene radikaler ausdrücken“. Azatro: „Zusammenge­fasst sehen wir uns als Label ohne Denkblocka­den.“Er beschreibt sich als „sehr traditione­ll, heimatlieb­end und konservati­v“.

 ?? Foto: Lukas Brekenkamp ?? Die Rapper „Azatro“(rechts) und „Skeptika“gehören zu dem rechtsextr­emen Musiklabel „Neuer Deutscher Standard“– beide haben eine Vergangenh­eit in OWL.
Foto: Lukas Brekenkamp Die Rapper „Azatro“(rechts) und „Skeptika“gehören zu dem rechtsextr­emen Musiklabel „Neuer Deutscher Standard“– beide haben eine Vergangenh­eit in OWL.

Newspapers in German

Newspapers from Germany