Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Bischof: „Mehr Reue beim Thema sexuelle Gewalt“
Aachener Bischof Dieser fordert von seinem Vorgänger, Verantwortung zu übernehmen.
¥ Aachen (epd). Als Konsequenz aus einem Gutachten zu sexuellem Missbrauch durch Kleriker hat der Aachener Bischof Helmut Dieser einen „Kulturwandel“im Bistum versprochen. „Was wir in der Vergangenheit getan haben, war zu wenig, es war nicht angemessen“, bekannte der Bischof und kündigte eine unabhängige Kommission mit Experten unter anderem aus Wissenschaft, Justiz und Verwaltung an.
Seinen Vorgänger Heinrich Mussinghoff sowie den früheren Generalvikar Manfred von Holtum rief Dieser auf, ihre Verantwortung für die mangelnde Aufklärung sexueller Gewalt durch Kleriker in ihrer Amtszeit zu übernehmen. „Ich wünsche mir von den Verantwortlichen ein Zeichen der Reue“, sagte der Bischof.
Er kündigte außerdem Entschädigungszahlungen an Opfer an, die am 1. Januar starten sollen. Dazu wolle das Bistum auf Betroffene zugehen. Die Entschädigungen sollten nicht aus Kirchensteuern gezahlt werden, sondern durch Verzicht „im System“aufgebracht werden. Darüber hinaus sollten Täter und Verantwortliche beteiligt werden. Dazu werde es einen Fonds geben, in den „noch heute lebende Bischöfe und Priester“einzahlen sollten.
In dem Gutachten der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl ist die Rede von mindestens 175 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch 81 Kleriker seit 1965. Die Gutachter, die im Auftrag des Bistums arbeiteten, warfen den jeweiligen Kirchenleitungen vor, die Täter geschützt, die Opfer ignoriert zu haben. Als einzige noch lebende Verantwortliche benannten sie den früheren Bischof Mussinghoff und dessen Generalvikar von Holtum, die beide bis 2015 im Amt waren.
Bischof Dieser sagte, er hoffe bei den Verantwortlichen auf Selbstreflexion: „Ich möchte einen gewissen Druck aufrechterhalten, dass sie sich zu ihrer persönlichen Verantwortung bekennen.“Das könnte vor allem den Opfern helfen. Er habe in einem persönlichen Gespräch versucht, bei Mussinghoff, ein „anderes Denken anzustoßen“, und ihm geraten, auf angedrohte juristische Schritte gegen das Gutachten zu verzichten.
Bei dem fehlerhaften Umgang mit den Missbrauchsfällen habe es sich laut Gutachten um ein systemisches Versagen gehandelt. Deshalb müssten auch „systemische Konsequenzen“gezogen werden. Priester dürften nicht als privilegierter Stand angesehen werden, sagte Dieser.