Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Sie schätzen den etwas versteckten Platz – und finden, dass mehr aus ihm gemacht werden könnte. Die Autos sehen sie kritisch. Es taucht die Frage auf: Ist der Platz nicht eigentlich viel größer?
■ Bielefeld. Der Süsterplatz ist vieles: Mittagsmeile mit Brunnengeplätscher, Automeile für Protzer, von Kirche geprägter Ort sowie Durchgangsplatz. Unterm Strich, so Anita Schäfer, sei der Platz wunderbar. Sie bedient im „Le Feu“, das unter dem neuen Baum seinen Biergarten betreibt.
Die Kunden, so Schäfer, mögen den kleinen Platz, eben weil er viel mitbringt, was Plätze haben sollten: einen Brunnen, an dem Kinder oft spielten, einen Baum, der Schatten spendet, ein nettes Ensemble von Häusern drumherum. Vor allem, dass der Baum wieder neu gepflanzt worden sei, habe viele Gäste sehr gefreut. „Die waren vorher oft echt traurig.“
Das bestätigt Pfarrer Bertold Becker von der reformierten Gemeinde, der die Flächen rund um die Süsterkirche weitgehend gehören. Er und Kirchensprecher Uwe Moggert-Seils finden, „dass zwei, drei weitere große Bäume dem Platz noch gut tun würden“. Beide finden Wasser auf dem Platz wichtig; den im Jahr 2000 von Gerhard Weber gesponsorten Brunnen aber ungeeignet, „um diesem Platz Charme zu geben“, so Becker. „Er lädt nicht zum Verweilen ein, er bringt keine Wärme auf den Platz.“Jenen Platz, der, so Moggert-Seils, „ein fast italienischer ist, einer, auf dem ich noch sehen kann, wer am andern Ende sitzt“. Der Charme soll in Kürze unterstützt werden – die Süsterkirche soll dezent beleuchtet werden.
Pfarrer Becker denkt das Thema sogar noch weiter: Für ihn reiche der Platz einmal um die Süsterkirche herum – in dieser Sichtweise läge auch der Kircheneingang am Platz und die Kirche mitten in seinem Zentrum. Das will sie auch, sie präsentiert sich offen und will die Menschen erreichen, ansprechen, anziehen. Prägend war sie, prägend will sie sein – sinnbildlich spiegeln das die Engel am Kiskerschen Haus, in dem das „3Eck“sitzt. Es sind Nachbildungen der Engel der mehr als 300 Jahre alten Taufschale der Süsterkirche.
Als Problem sieht Becker den Autoverkehr, „zumindest als Erstberechtigte sollten wir Autos hier nicht sehen“. Als Durchgangsstraße sei die Ritterstraße
schlicht ungeeignet. Auch Le-Feu-Bedienung Schäfer findet, „dass hier Schrittgeschwindigkeit gelten sollte – vor allem für die Proller und Protzer, die hier immer wieder viel zu schnell durchfahren“. Da sie ahnt, dass wildes Parken an der Tagesordnung wäre, findet sie die vielen abgrenzenden Pömpel hilfreich.
Le-Feu-Betriebsleiterin Nadine Peters weist noch auf ein anderes Problem hin: „Anders als das ,3Eck’ haben wir diesen sandigen Boden rund um den Baum – und das ist ein Problem, weil es im Sommer sehr staubt.“Doch die Stadt reagiere nicht. Für Schäfer gibt es noch ein anderes Problem: die Laufstrecke von Alt- zu Neustadt, die quer durch ihre Außengastronomie führt. „Ich weiß, dass es so sein muss, trotzdem ist es aber auch störend, wenn ich hier mit vollem Tablett durchmuss.“
Auch die Bedienungen von „Jimmy“Korkmaz, der im zehnten Jahr das „3Eck“betreibt, müssen über die Ritterstraße, „aber das stört uns nicht weiter“. Korkmaz: „Klar, wenn
hier Spielstraße wäre, wäre es noch besser.“Auch etwas mehr Grün („drei Bäume wären besser gewesen“) wünscht er sich. Den Brunnen findet er „einfach nur hässlich“. Was er hervorhebt, ist „die tolle Nachbarschaft, die wir hier haben“. Niemand habe mit anderen Probleme – alles laufe bestens.
Übrigens: Außengastronomie erlaubt die Stadt auf dem Platz bis 24 Uhr.
Zu Fuß ist Marianne Merker hier unterwegs – sie stoppt, schaut sich den Süsterplatz in Ruhe an, sagt: „Ich bin hier eigentlich nie, laufe immer nur durch, finde ihn aber recht ansprechend.“Schön fände sie, wenn der Baum „noch etwas wachsen würde“und es weniger Autoverkehr geben würde. „Die müssen hier doch nicht alle zwingend durch, oder?“
Timo Fratz als Radio-Bielefeld-Chef schätzt den Platz auch sehr, vor allem, seit die
Idee vom Tisch ist, statt einem neuen Baum mehrere kleinere zu pflanzen. „Dann wären wir raus gewesen bei Veranstaltungen.“Radio-Weihnachtsmarkt mit den Lions, Leinewebermarkt und mehr – dafür werde Raum benötigt. Und so ist auch die Haltung von Fratz zum Brunnen eindeutig: „Warum steht der da?“fragt er – und hätte nichts dagegen, wenn er wegkäme. Ähnlich sieht er den Autoverkehr: Eine Verkehrsberuhigung würde er sich wünschen. Klar sei aber, dass Autos durchkommen sollten; wegen der Parkhäuser.
Das sieht Thalia-Chefin Karin Harmel auch so, ist es doch das Thalia-Parkhaus, das an den Platz angrenzt. Aber: „Die schmalen Bürgersteige sowie die parkenden und fahrenden Autos verhindern leider, dass es hier ein wenig mehr zur Flaniermeile wird.“Dafür sei der Verzicht auf einige Parkplätze sogar hinnehmbar. Gut für den Platz sei die Außengastronomie, das belebe – auch Thalia. Sogar, dass viele nur durch die Buchhandlung durchlaufen, stört sie nicht, es bliebe ja auch
immer mal jemand hängen.
Schade sei, dass der Platz so schwer zu finden sei, die Fußgängerzone und angrenzende Bereiche bildeten räumlich und optisch keine Einheit mit dem Platz, der Blick werde nicht gen Platz gelenkt. Allerdings bilde der ruhige Süsterplatz so einen „guten Gegenpunkt“zum stärker brummenden Emil-Groß-Platz.