Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Die Koalition plant einen Haushalt gleich für zwei Jahre, 2020/21. Das wird heute im Rat umstritten sein. Sie will Schulden abbauen. Selten genug
■ Bielefeld. Es war in den Jahren der Not. Der Rat der Stadt kürzte Leistungen für die Bürger und bat sie im Gegenzug zur Kasse. So wurden die Gewerbesteuern und die Grundbesitzabgaben deutlich erhöht. Trotzdem geriet die Stadt Bielefeld in die Haushaltssicherung. Das bedeutet, dass sie nur ihre Pflichtaufgaben erfüllen durfte wie Schulrenovierung, Kita-Bau und ihr Personal bezahlen. Alles andere musste und muss immer noch die Bezirksregierung in Detmold genehmigen. Damit soll möglichst bald Schluss sein.
Denn: Die Einnahmen sprudeln dank guter Beschäftigungslage, man spart am Schuldendienst wegen niedriger Zinsen und auch die Töchter wirtschaften aktuell so gut, dass sie Geld an Kämmerer Rainer Kaschel überweisen können. Da könnte der Bürger auf die Idee kommen, Steuersenkungen vorzuschlagen. Das lehnt die Paprika-Koalition aus SPD, Grünen, Bürgernähe/Piraten jedoch ab. Finanzexperte Holm Sternbacher (SPD): „Unsere wichtigsten Ziele sind ein ausgeglichener Haushalt, die Entschuldung und wir wollen die Haushaltssicherung verlassen, um selbst zu bestimmen, wofür wir Geld ausgeben.“Deshalb sei eine Steuersenkung bis 2021 nicht geplant. „Aber auch keine Erhöhung. Wir liegen damit im unteren Mittelfeld vergleichbarer Städte in NRW“, so Grünen-Geschäftsführer im Rat Klaus Rees.
Die Koalition will gleich einen Doppelhaushalt für die Jahre 2020 und 2021 verabschieden. „Damit haben wir über die Kommunalwahl im September 2020 hinaus Verlässlichkeit und Beständigkeit“, begründet Michael Gugat (Bürgernähe/Piraten) die Idee von Kämmerer Kaschel. Dann wüssten Bürger, Vereine und Träger schon mittelfristig, mit welcher Unterstützung sie bis Ende 2021 rechnen könnten. Und: Mit der Hälfte aller Überschüsse aus der Planung sollen Schulden getilgt werden. Allein die kurzfristigen Liquiditätskredite belaufen sich auf 450 Millionen Euro. Bei einem für 2020 vorgesehenen Überschuss von 1,2 Millionen Euro (davon 50 Prozent) wird die Tilgung lange dauern. Die Paprika-Koalition hofft aber auf weitere Effekte, so dass schneller getilgt werden kann. Deshalb und weil ein ausgeglichener Haushalt Voraussetzung dafür ist, dass Detmold die Finanzknute einpackt, will Paprika die Steuern nicht senken.
Außerdem solle in Schulen, Straßen, Kultur und technologische Infrastruktur investiert werden. Rees: „Wir dürfen nicht über den Durst leben, kaum dass sich die Finanzlage entspannt.“Sternbacher: „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, den Bürgern das Geld zurückzugeben. Wir müssen die Stadt mit Investitionen zukunftssicher machen.“Allein bei den Straßen sei ein Investitionsstau von 300 Millionen Euro festgestellt worden, so Michael Gugat.
Grundsätzlich sei man bei den städtischen Finanzen derzeit besser gebettet als in vielen Jahren zuvor. „Seit ich Finanzpolitiker bin, mussten wir immer sparen und Steuern erhöhen, endlich verändert sich etwas“, so Holm Sternbacher fast vergnügt. Mit der CDU als größter Oppositionspartei sei man sich einig, dass Entschuldung wichtig ist. Die CDU allerdings setzte sich zuletzt jedoch auch dafür ein, den Bielefelderinnen und Bielefeldern Geld zurück zu geben.