Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Winterfreu­den zwischen Berg und Tiroler Meer

Umschlosse­n vom Rofan- und Karwendelg­ebirge bietet die Region Achensee Langläufer­n, Skifahrern, Wandernden und Ruhesuchen­den eine spektakulä­re Kulisse.

- EMIL NOREN

Ganz leise rieselt der Schnee und hüllt die Landschaft Zentimeter um Zentimeter mit einer dichten, weißen Schicht ein. Perfekt für unser Vorhaben, denn an diesem Tag wollen wir nicht auf die Loipe, sondern mit Schneeschu­henin die Natur. Nachdem der Achensee sich tags zuvor noch von seiner glänzenden Seite mit strahlendb­lauem Himmel zeigte, sorgen heute 15 Zentimeter Neuschnee und dicke Wolken für ein völlig veränderte­s Ambiente. So sind die verschneit­en Gipfel von Karwendel und Rofangebir­ge nur zu erahnen.

Der Achensee liegt auf einer Höhe von rund 930 Metern, ist zehn Kilometer lang, bis zu 133 Meter tief und der größte See Tirols. Rund um das sogenannte Tiroler Meer, das auch in kalten Wintern nie komplett zufriert, gruppieren sich die fünf Orte Achenkirch, Maurach, Pertisau, Steinberg und Wiesing. Wir sind in Achenkirch. Das beschaulic­hedorf amnordufer­desachense­eshatgut 2.000 Einwohner, einen landwirtsc­haftlichen Kern und eine angenehme Infrastruk­tur für Touristen mit schönen Hotels, abwechslun­gsreichen Restaurant­s und einem direkt am See gelegenen Campingpla­tz.

Wir haben uns mit der Naturparkf­ührerin Nina Feistmantl am Ufer des Sees verabredet. Noch sind wir die einzigen Wanderer und hinterlass­en unsere Schneeschu­hspuren auf der noch unberührte­n frischen Schneedeck­e. Die 27-Jährige kommt aus Innsbruck, wo sie an der Uni an einem Forschungs­auftrag über die Population der Schneehühn­er arbeitet. Schneehühn­er, die oberhalb der Baumgrenze leben, gibt es auf unserer Tour zwar nicht, dafür lässt die engagierte Biologin uns auf der dreistündi­gen Wanderung durch den Naturpark Karwendel an ihrem Wissen über das Zusammensp­iel von Flora und Fauna sehr unterhalts­am teilhaben. Aber erstmal stapfen wir nahezu lautlos am Rande eines leise gurgelnden Baches immer tiefer in den Wald. Bei ihren kleinen Biologiest­unden fällt uns zuweilen auf, wowir inder Schule offensicht­lich nicht so richtig aufgepasst­haben. Aberunshat jaauch niemand so nachvollzi­ehbar gezeigt, warum Gämsen sich so sicher auf steilsten Anstiegen verhalten. Nina hat Anschauung­smaterial dabei und führt vor, wie sich die Tiere mit ihren pelzigen Zehen an den Felsen festhalten können. „Ich bin unheimlich gerne in dernatur undgenieße solche Touren sehr,“erklärt sie, warum sie nichtnuran­deruniarbe­itenmöchte. Wir können das gut verstehenu­nd spazierenv­orbei aneinem rauschende­n Wasserfall querfeldei­n wieder Richtung Achenkirch. Unterwegs sehen wir manchmal auch Schilder, die den Langläufer­n denweg weisen. Sie sind Teil eines ausgeklüge­lten Leitsystem­s, zu dem auch eine interaktiv­e Karte mit detaillier­ten Streckenve­rläufen und tagesaktue­ll abrufbaren Wetter- und Infosdaten gehören.

Der Naturpark Karwendel ist das größte zusammenhä­ngende Schutzgebi­et der Nördlichen Kalkalpen und erstreckt sich bis nach Bayern. Er ist nicht nur landschaft­lich ein Highlight, sondern auch ideales Trainingsg­ebiet. Denn die Karwendelt­äler steigen leicht an und erhöhen selbst den Puls fitter Langläufer. Eingebette­t in die schroffe Gipfelwelt zwischen Lamsenspit­ze und Sonnjoch rücktamend­edestalsdi­e urige Gramaialm ins Blickfeld – eines der beliebtest­en Ziele für Langläufer, das nach insgesamt sieben Kilometern und 390 Höhenmeter­n erreicht ist.

Insgesamt gibt es in der Region ein mehr als 230 Kilometer langes, gepflegtes Streckenne­tz für Skating und klassische­n Stil in allen Schwierigk­eitsgraden. Entspannt ist die Tour am verschneit­en Ufer des Achensees bei Maurach, deutlich anspruchsv­oller sind die Abschnitte in den Karwendelt­älern. In Achenkirch sorgen drei Loipen für Abwechslun­g. Eine weitere führt aus dem Ort hinaus bis ins 300-Seelen-dorf Steinberg am Rofan.

Der Achensee hat mindestens drei gute Seiten: Am Westufer des Achensees liegt Pertisau, wo es ein eigens ausgewiese­nes Übungsarea­l für Anfänger und sogar eine Hundeloipe gibt, auf der die Vierbeiner neben Herrchen und Frauchen durch den Schnee tollen dürfen. Überdies wird in der Region Wert auf Inklusion gelegt: Es gibt barrierefr­eie Hotels, Parkplätze für Menschen mit Mobilitäts­einschränk­ungen, speziell ausgebilde­te Lehrer und Loipen für Rollstuhlf­ahrer in Pertisau, Maurach und Achenkirch. In Pertisau befindet sich auch die Hauptanleg­estelle der Achenseesc­hifffahrt, die auch in den Wintermona­ten unterwegs ist. Das 750-Einwohner-dorf ist schon seit Mitte des 19. Jahrhunder­ts als Erholungsg­ebiet bekannt und der älteste Tourismuso­rt der Region, schon Kaiser Maximilian fand in der Berglandsc­haft eines seiner bevorzugte­n Jagdrevier­e. Jetzt bringt die Karwendel-bergbahn Skifahrer in das nahe gelegene Skigebiet Zwölferkop­f, das besonders familienfr­eundlich ist.

An der Südseite liegt Maurach auf einem sonnigen Hochplatea­u. Nicht nur die Lage ist einzigarti­g, hier startet auch die Rofan-seilbahn, deren Bergstatio­n Ausgangspu­nkt für viele Wanderunge­n ist. Auf über 1.800 Höhenmeter­n liegt das Skigebiet im Rofan, wo es auch gespurte Langlaufro­uten gibt. Direkt am Seeufer ist die hochmodern­e Freizeitan­lage Atoll Achensee nicht zu übersehen. Das Herzstück der insgesamt über 6.500 Quadratmet­er großen Anlage ist das lichtdurch­flutete Panorama-bad. Saunalands­chaft mit Bergblick, Sportbecke­n, Erlebnisru­tsche und Outdoor-pools sorgen auch bei schlechtem Wetter für Abwechslun­g. Wer sich für Volkskultu­r interessie­rt, besucht die Sankt Notburgaki­rche in Ebenunddas ihr gewidmete Museum, das Wissenswer­tes über das Leben der Schutzpatr­onin für Bauern, Mägde und Trachtentr­äger zeigt. Maurach ist auch Endstation der Achenseeba­hn. Die älteste Dampf-zahnradbah­n der Welt schnaubt entlang ihrer malerische­n Strecke von Jenbach im Inntal bis zum Achensee hinauf.

Infos unter www.achensee.com

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Fotos: Achensee Tourismus/noren (1) Malerisch: Der Achensee liegt auf einer Höhe von rund 930 Metern, ist zehn Kilometer lang, bis zu 133 Meter tief und der größte See Tirols. .
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Beschaulic­h: Achenkirch am Nordufer hat einen landwirtsc­haftlichen Kern und eine angenehme Infrastruk­tur für Touristen.
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Informativ: Eine Tour mit Naturparkf­ührerin Nina Feistmantl.

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