Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
„Cameraobscura“in der „Artists Unlimited“- Galerie
Der Fotograf Klaus-dieter Krazewski zeigt Selbstporträts aus einer Blechbüchse.
In der Blechdose war mal körnige Gemüsebrühe
Bielefeld. Man nehme eine überdimensionierte Blechbüchse mit Deckel, stoße ein stecknadelkopfgroßesloch auf der Frontseite ins Metall und platziere ein lichtempfindliches Papier an der Innenwand, gegenüber der Öffnung. Fertig präpariert ist die Lochkamera, dessen Prinzip seit der Antike auch als „Camera obscura“bekannt ist. Die Technik erlaubt jeweils die Aufnahme eines einzigen Fotos. Dass es am Ende viel Erfahrung, Geduld und Zeit benötigt, um kunstvolle Bilder auf diese Art zu erschaffen, lässt die Ausstellung „Selbstportraits“des Fotografen Klaus Dieter Krazewski, die bis Sonntag, 24. März, in der „Artists Unlimited“-galerie (AugustBebel-straße 94) zu sehen ist, nur erahnen.
Krazewskis Fotos zeigen Arbeiten der vergangenen dreißig Jahre, in denen sich der Fotograf mit humorvollem Blick schamlos seinem eigenen Konterfei widmet. „Beschäftigung mit sich selbst“, nennt der Künstler seine inszenierten Selbst-studien. Mal posiert er martialisch mit nacktem Oberkörper und einer dunklen Strumpfmaske frontal in die Kamera blickend. Ein großes, weißes Kreuz prangt leuchtend auf seiner Brust.
Die Bildaussage changiert im Auge der Betrachter zwischen einer religiösen Ikone und einem mittelalterlichen Folterknecht. Auf einem anderen Foto lässt Krazewski sein Antlitz fast konturenlos, schemenhaft aus dem Hintergrund hervortreten. Vor den Augen zwei Esslöffel haltend mutiert der Bildausdruck ins Maskenhafte. Die Arbeiten, in blautonigem Low-key-kontrast gehalten und mit der altbewährten Technik der eisenbasierten Cyanotopie realisiert, führen den Betrachtenden in eine mystische Welt.
Die Lochkamera verleihe ihm, „die absolute Kontrolle über die Entstehung des finalen Bildes“, begründet Krazewski seinen Verzicht auf Digitaltechnik. Die Arbeit mit der „Blechbüchse“benötige eine sorgfältige Vorbereitungszeit, denn das Foto müsse im Kopf „vorgedacht“werden.
Dass das Bild auf der späteren Belichtungsfläche im Innern der Kamera auf dem Kopf stünde, sei im Vorfeld bei der Motivauswahl und dem Standort zu berücksichtigen. Die Belichtungszeit variiere zwischen zwei und 45 Minuten. Dafür eigne sich nicht jedes Motiv und mit dem Sonnenlauf entstünden dann schon mal Duplikate in einem einzigen Bild.
Dass Krazewski eine Büchse, die zuvor körnige Gemüsebrühe beinhaltete, sowie einen historischen Koffer oder einen alten Bauwagen zur „Camera obscura“umfunktioniert hat, beweist den sympathischen Spleen des 70-jährigen Sozialpädagogen für das optische Werkzeug. Als Anekdote zu verstehen und kaum vorstellbar scheint es, wie der Künstler es fertigbrachte, seine Zehn-liter-dosen-kamera mit in den Urlaubs-flieger zu nehmen. Im Handgepäck verstaut, wohlbemerkt, und nicht immer zur Freude des freundlichen Flugpersonals.