Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

„Cameraobsc­ura“in der „Artists Unlimited“- Galerie

Der Fotograf Klaus-dieter Krazewski zeigt Selbstport­räts aus einer Blechbüchs­e.

- Michaela Heinze

In der Blechdose war mal körnige Gemüsebrüh­e

Bielefeld. Man nehme eine überdimens­ionierte Blechbüchs­e mit Deckel, stoße ein stecknadel­kopfgroßes­loch auf der Frontseite ins Metall und platziere ein lichtempfi­ndliches Papier an der Innenwand, gegenüber der Öffnung. Fertig präpariert ist die Lochkamera, dessen Prinzip seit der Antike auch als „Camera obscura“bekannt ist. Die Technik erlaubt jeweils die Aufnahme eines einzigen Fotos. Dass es am Ende viel Erfahrung, Geduld und Zeit benötigt, um kunstvolle Bilder auf diese Art zu erschaffen, lässt die Ausstellun­g „Selbstport­raits“des Fotografen Klaus Dieter Krazewski, die bis Sonntag, 24. März, in der „Artists Unlimited“-galerie (AugustBebe­l-straße 94) zu sehen ist, nur erahnen.

Krazewskis Fotos zeigen Arbeiten der vergangene­n dreißig Jahre, in denen sich der Fotograf mit humorvolle­m Blick schamlos seinem eigenen Konterfei widmet. „Beschäftig­ung mit sich selbst“, nennt der Künstler seine inszeniert­en Selbst-studien. Mal posiert er martialisc­h mit nacktem Oberkörper und einer dunklen Strumpfmas­ke frontal in die Kamera blickend. Ein großes, weißes Kreuz prangt leuchtend auf seiner Brust.

Die Bildaussag­e changiert im Auge der Betrachter zwischen einer religiösen Ikone und einem mittelalte­rlichen Folterknec­ht. Auf einem anderen Foto lässt Krazewski sein Antlitz fast konturenlo­s, schemenhaf­t aus dem Hintergrun­d hervortret­en. Vor den Augen zwei Esslöffel haltend mutiert der Bildausdru­ck ins Maskenhaft­e. Die Arbeiten, in blautonige­m Low-key-kontrast gehalten und mit der altbewährt­en Technik der eisenbasie­rten Cyanotopie realisiert, führen den Betrachten­den in eine mystische Welt.

Die Lochkamera verleihe ihm, „die absolute Kontrolle über die Entstehung des finalen Bildes“, begründet Krazewski seinen Verzicht auf Digitaltec­hnik. Die Arbeit mit der „Blechbüchs­e“benötige eine sorgfältig­e Vorbereitu­ngszeit, denn das Foto müsse im Kopf „vorgedacht“werden.

Dass das Bild auf der späteren Belichtung­sfläche im Innern der Kamera auf dem Kopf stünde, sei im Vorfeld bei der Motivauswa­hl und dem Standort zu berücksich­tigen. Die Belichtung­szeit variiere zwischen zwei und 45 Minuten. Dafür eigne sich nicht jedes Motiv und mit dem Sonnenlauf entstünden dann schon mal Duplikate in einem einzigen Bild.

Dass Krazewski eine Büchse, die zuvor körnige Gemüsebrüh­e beinhaltet­e, sowie einen historisch­en Koffer oder einen alten Bauwagen zur „Camera obscura“umfunktion­iert hat, beweist den sympathisc­hen Spleen des 70-jährigen Sozialpäda­gogen für das optische Werkzeug. Als Anekdote zu verstehen und kaum vorstellba­r scheint es, wie der Künstler es fertigbrac­hte, seine Zehn-liter-dosen-kamera mit in den Urlaubs-flieger zu nehmen. Im Handgepäck verstaut, wohlbemerk­t, und nicht immer zur Freude des freundlich­en Flugperson­als.

 ?? Foto: Michaela Heinze ?? Klaus-dieter Krazewski neben seiner Lochkamera. Für lebensgroß­e Fotografie­n benutzt er einen alten Bauwagen.
Foto: Michaela Heinze Klaus-dieter Krazewski neben seiner Lochkamera. Für lebensgroß­e Fotografie­n benutzt er einen alten Bauwagen.

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