Neue Westfälische - Bad Oeynhausener Kurier
Bad Oeynhausener Bürgermeister verurteilt Gewalt im Wahlkampf
Lars Bökenkröger will sich trotz der Vorfälle in Dresden und Essen nicht vom Plakatekleben abhalten lassen. Sorge um die eigene Sicherheit hat er nicht, aber um die Demokratie.
Bad Oeynhausen (ulf). Ein Bürgermeister der Grünen ist in Essen vor wenigen Tagen beim Selfie mit Bürgern unvermittelt ins Gesicht geschlagen worden. Und ein Europaabgeordneter der SPD wurde in Dresden beim Aufhängen von Wahlplakaten krankenhausreif geschlagen. Die jüngsten Gewaltausbrüche gegen Politiker lassen den Bad Oeynhausener Bürgermeister nicht kalt. Lars Bökenkröger (CDU) sieht darin „erschreckende Tendenzen“und sagt: „Das Klima ist rauer geworden.“
Der Bürgermeister selbst hat nach eigener Auskunft bislang keine körperliche Gewalt erfahren. „Ich habe auch keine Sorge, angegangen zu werden“, sagt Bökenkröger. Allerdings ist das Bad Oeynhausener Stadtoberhaupt nach einem Impfaufruf während der Coronakrise zum Ziel anonymer Gewaltfantasien im Internet geworden. „Corona“, sagt Bökenkröger rückblickend, „hat einiges bewirkt“. Die aktuelle Gewalt vornehmlich junger Menschen gegen Politiker könne man damit aber nicht unbedingt vergleichen.
Angst vorm Plakatekleben habe er trotz der Vorfälle in Dresden und Essen nicht. Er habe in seinem Leben „schon viele Plakate geklebt“, so Bökenkröger. Und er habe „keine Bedenken“, weitere zu kleben und aufzuhängen. Gelegentlich komme es auch vor, dass Menschen mit ihm ein Selfie machen wollen. Auch das wolle er beibehalten. „Ich habe eine große Nähe zu Bürgern, wie ich permanent in der NW lesen kann“, sagt Bökenkröger mit erkennbarer Selbstironie. „Und das will ich auch beibehalten.“Bad Oeynhausen sei „ein anderes Pflaster als eine Großstadt“.
Allerdings treibt ihn auch die Sorge um, was daraus folgt, wenn gewählte Politiker körperlich angegriffen werden. „Wie wollen wir künftig Menschen für die Übernahme von Kandidaturen oder politischen Ämter begeistern?“Zielscheibe besonders häufiger Angriffesinddiegrünen.dasgeht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AFD hervor. Demnach hat diepolizeiimvergangenenjahr bundesweit 1.219 Angriffe auf Grünen-politiker registriert. Afd-politiker wurden 478 und Spd-politiker 420 Mal angegriffen, Fdp-politiker 299 und Cdu-politiker 295 Mal.
„Die Politik wird in einen Topf geschmissen“
Bökenkröger glaubt indes nicht, dass das Parteibuch vor körperlichen Angriffen schützt. Er erinnert an die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU), der von Rechtsextremisten 2019 vor seinem Haus niedergeschossen wurde. „Die Politik“, sagt Bökenkröger, „wird in einen Topf geschmissen.“
Der Löhner Bürgermeister Bernd Poggemöller hat vergangene Woche überraschend seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur aus familiären Gründen erklärt. Ist Bökenkröger neidisch auf den Kollegen? „Ich kann ihn verstehen“, sagt Bökenkröger. „Er macht das schon fünf Jahre länger.“Mit seinem Amtskollegen habe er immer „sehr eng und vertrauensvoll“zusammengearbeitet. „So muss das auch sein zwischen Bad Oeynhausen und Löhne.“
Beeinflusst die Zunahme von Gewalt in der politischen Auseinandersetzung seine Entscheidung zur erneuten Bürgermeister-kandidatur? „Nein“, sagt Bökenkröger: „In Bad Oeynhausen begegnen mir die Menschen sehr freundlich.“Die Entscheidung stehe auch noch nicht an. Sie solle erst in der zweiten Jahreshälfte, zum Jahresende fallen. Er werde das aber zunächst mit seiner Partei und seiner Lebensgefährtin besprechen. Bökenkröger: „Ich habe jetzt noch viele Themen und Projekte vor. Da geht’s nicht nur darum, ob ich weitermache.“