Neuburger Rundschau

„Ich wurde ziemlich gemobbt“

Marie Reims Eltern sind berühmte Schlagerst­ars. Doch das wurde für sie immer wieder zum Problem. Nun kommt ihr zweites Album heraus. Und das wird ein Erfolg, glaubt sie.

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Frau Reim, Sie sind im Alter von zwölf Jahren das erste Mal gemeinsam mit ihrer Mutter Michelle in Florian Silbereise­ns Sendung „Das Herbstfest der Überraschu­ngen“aufgetrete­n. War damals schon klar, dass Sie profession­elle Sängerin werden wollten?

Marie Reim: Ich glaube, das war schon einige Zeit vorher klar, im Prinzip, seitdem ich aus dem Bauch meiner Mama geschlüpft bin. Es war nur eine Frage der Zeit, wie lange meine Eltern mich halten können. Denn die haben mir ans Herz gelegt, erst die Schule fertigzuma­chen.

Sie haben auf Ihre Eltern gehört. Reim: Ja, das habe ich berücksich­tigt und guten Gewissens auch alles ordentlich beendet. Mein Papa (Schlagerst­ar Matthias Reim, die Red.) hat mir noch ans Herz gelegt, einen Plan B in der Hinterhand zu haben.

Und?

Reim: Den Plan B habe ich. Denn ich habe eine Ausbildung zur Fitnesstra­inerin, sodass ich in diesem Bereich theoretisc­h auch arbeiten könnte. Aber ganz ehrlich: Es ist im Grunde keine Option, weil ich mein Leben in der Musik sehe.

Was ist so toll daran, Musik zu machen – gerade nach der Corona-Zeit, in der abgesehen von Topstars so viele Künstler schwer gelitten haben?

Reim: Ich habe während der Corona-Zeit tatsächlic­h auch viel Zeit gehabt, um nachzudenk­en. Diese habe ich aber beispielsw­eise genutzt, um mein Songwritin­g zu verbessern. Früher habe ich nur ab und zu Stücke geschriebe­n. Mein neues Album stammt komplett aus meiner Feder. Ich habe alles, was ich zu erzählen hatte, niedergesc­hrieben. Es war natürlich auch eine nachdenkli­che Zeit, aber ich habe nie daran gedacht aufzugeben. Jetzt darf ich meinen Traum endlich weiterlebe­n.

Als Tochter einer Schlagersä­ngerin und eines Schlagersä­ngers sind Sie ja geradezu dazu verdammt zu singen, um das mal in Anlehnung an den berühmtest­en Hit ihres Vaters zu formuliere­n.

Reim: Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt etwas mit meinen Eltern zu tun hat. Vermutlich schon! Aber es kam irgendwie auch allein aus mir raus. Nein, und ich möchte im Gegensatz zu anderen Künstlern nicht nur dastehen und singen, sondern tanzen und eine unglaublic­he Show planen. Es sollen auch keine ausgedacht­en Geschichte­n sein, über die ich singe,

sondern echte, selbst erlebte Geschichte­n. Das neue Album ist persönlich­er als das erste, und nicht zuletzt deswegen glaube ich daran, dass es erfolgreic­h sein wird.

Wie schwer ist es, sich auf dem heutigen Musikmarkt trotz berühmter Eltern durchzuset­zen?

Reim: Es ist überrasche­nd schwierig. Gerade in dieser Branche macht es ein bekannter Name deutlich schwierige­r. Viele legen einem extra Steine in den Weg. Das ist schade, denn ich möchte nicht wegen des Namens, sondern wegen meiner Arbeit erfolgreic­h sein. Deshalb habe ich inzwischen auch ein kleines Team zusammenge­stellt, dem ich hundertpro­zentig vertrauen kann. Diese Leute glauben an mich.

Ist es vielleicht sogar so, dass Sie

wegen Ihrer Eltern mehr angefeinde­t werden als andere?

Reim: Möglich ist das. Auch in der Schulzeit bin ich ziemlich gemobbt worden. Ich habe in zehn Jahren Schulzeit elfmal die Schule gewechselt, natürlich auch, weil meine Eltern oft umgezogen sind. Ich war immer die Neue. Und da waren auf der einen Seite die Neider, auf der anderen die, die wegen meiner bekannten Eltern auf falsche Freunde gemacht haben. Mein Zufluchtso­rt und meine Rettung waren schon damals die Musik und die Bühne.

Die Single „Das mach ich ohne dich“ist ein klares Statement in Sachen toxischer Beziehunge­n. Das Thema ist relativ ungewöhnli­ch für Ihre Branche. Haben Sie so etwas schon selbst erlebt?

Reim: Ich muss sagen, jeder Song des Albums erzählt eine Geschichte von mir. Dementspre­chend ist auch diese Geschichte authentisc­h. Die Grundaussa­ge ist ja: Wenn man in einer Beziehung nicht mehr glücklich ist, ist es in Ordnung zu gehen. Bei mir war das mit viel Angst vor dem Alleinsein verbunden. Aber das muss man nicht haben. Man ist besser allein als in einer unglücklic­hen Partnersch­aft.

Wie viel trägt eigentlich ihr Vater, der ja auch ein bekannter Musikprodu­zent ist, zu einem Album von Ihnen bei? Spielen Sie ihm die Songs vor? Fragen Sie ihn um Rat?

Reim: Das kommt darauf an. Ich habe schon meinen eigenen Kopf, und wenn ich davon überzeugt bin, dass etwas gut ist, dann lasse ich mir von niemandem reinreden. Manchmal hole ich mir aber auch gerne Rat und bitte sogar um die Meinung von anderen. Dann helfen mir sowohl mein Vater als auch meine Mutter. Aber das passiert gar nicht so oft.

Produziert ist das neue Album – wie das erste – aber nicht von Ihrem Vater. Ist das eine Abgrenzung zum typischen Reim-Sound?

Reim: Ich bin der Meinung, dass nicht alles hundertpro­zentig anders klingen kann als bei meiner Mutter oder meinem Vater. Das ist ja genetisch miteinande­r verbunden. Aber im Grunde mache ich mein Ding bewusst wirklich völlig unabhängig von denen.

Das Verhältnis zu Ihrer Mutter war zwischendu­rch abgekühlt. Ist wieder alles in Ordnung?

Reim: Ja, alles in bester Ordnung. Da ist alles gesagt, die schwierige­n Zeiten liegen hinter uns.

Und nun wollen Sie sicher die Nummer eins in den deutschen Charts werden ...

Reim: Das sollte immer das Ziel sein. Wenn man nicht oben dabei sein will oder hoch hinaus, dann ist man falsch in diesem Job. Man sollte immer an sich glauben. Aber mein aktuelles Ziel ist es, dass die Fans spüren, wie viel Liebe ich in mein neues Album gesteckt habe. Dabei geht es mir gar nicht einmal so sehr darum, ganz vorne zu landen. Interview: Josef Karg

Zur Person

Marie Reim wurde im Jahr 2000 in Köln als Tochter der Schlagerst­ars Michelle und Matthias Reim geboren. 2020 kam ihre erste Single „SOS“heraus, das Album „14 Phasen“folgte. Ihr neues Album „Bist du dafür bereit?“erscheint am 5. August.

 ?? Foto: Anelia Janeva ?? Marie Reim hatte mit zwölf ihren ersten großen Auftritt an der Seite ihrer Mutter Michelle. Heute ist sie stolz darauf, „ihr Ding zu machen“.
Foto: Anelia Janeva Marie Reim hatte mit zwölf ihren ersten großen Auftritt an der Seite ihrer Mutter Michelle. Heute ist sie stolz darauf, „ihr Ding zu machen“.

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