60 Jahre im Dienst für die Sicherheit in der Luft
Die Pandemie ließ eine größere Feier nicht zu. Dennoch wollte das Taktische Luftwaffengeschwader 74 den 60. Geburtstag nicht still und heimlich vorbeigehen lassen
Neuburg Wo normalerweise Hunderte Geschwaderangehörige antreten, standen dieses Mal nur 74 Mitglieder des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74. Auf dem riesigen Vorfeld der Instandsetzungshalle auf dem Neuburger Fliegerhorst traten sie zur offiziellen Jubiläumsfeier des Geschwaders an. Der Luftwaffenverband ging keinerlei Ansteckungsrisiko ein und legte sich deshalb diese strengen Hygieneauflagen auf. Aber ganz ohne militärisches Zeremoniell wollte das Geschwader seinen runden Geburtstag nicht vorbeigehen lassen. Und auch nicht ohne einige Überflüge. Und das hatten die vielen Zaungäste auch erwartet.
Viele von ihnen hatten sich dafür mit Fotoapparaten und langen Teleobjektiven ausgestattet. Im Fliegerhorst ließ Kommodore Oberst Gordon Schnitger die vielen Jahrzehnte Revue passieren. Dabei spielt auch die Geburtsstadt des Kommodores eine Rolle. Der erzählte, dass das Geschwader bereits im Oktober 1960 in Oldenburg als Jagdgeschwader 75 in Dienst gestellt wurde, dann nach Leipheim verlegt wurde und als JG 74 am 5. Mai 1961 in Neuburg seine Geburtsstunde hatte.
Schnitger setzte sich in seiner Rede auch mit den kritischen Stimmen auseinander. Das sei Teil der Demokratie, für die die Soldaten, Soldatinnen und zivilen Mitarbeiter
Demonstranten auf dem Schrannenplatz fordern eine Demilitarisierung
und Mitarbeiterinnen sich täglich einsetzten. „Wir sind dafür da, dass Menschen ohne Angst vor Repressalien ihre Meinung sagen können.“
Das Geschwader gehöre zu Neuburg und habe bei Hochwasserkatastrophen und jetzt auch bei der Pandemie immer wieder geholfen. Aber das gebe es eben nicht ohne Eurofighter. Deshalb bat der Kommodore um Verständnis für den Flugbetrieb. „Mangelnde Flugstunden beim Einführen eines neuen Waffensystems waren die Hauptunfallursache der Starfighterkrise.“Bei dem Flugkontingent sei man nun auf einem guten Weg. Allerdings wisse er auch, dass die Umgebung des Fliegerhorstes an ein geringes Flugaufkommen gewöhnt sei. „Der Flugstundenumfang bewegt sich nun sowohl quantitativ wie auch qualitativ auf einem für einen international operierenden Einsatzverband auf einem akzeptablen Niveau.“
Fünf der Geschwadermaschinen drehten in Formation ihre Kreise über Neuburg und überflogen mehrfach den Fliegerhorst. Darunter auch die blau-weiß folierte Jubiläumsmaschine. Außerdem gesellten sich zwei Transportmaschinen vom Typ Airbus A400M und Transall C-160 zu den Überflügen.
Während die einen den 60. Geburtstag des Geschwaders feierten, würden andere das Militär am liebsten abschaffen. Eine Mahnwache, organisiert von der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, kurz DFG-VK, prangerte Waffen im Allgemeinen und die Bundeswehr im Besonderen an. „Wir sind grundsätzlich gegen das Militär, weil Waffen Konflikte schaffen und verschärfen.“Bernhard Kusche ist aus Munningen nach Neuburg zur Demonstration gegen das Geschwader gekommen. Er ist Vorsitzender des DFG-VK Bezirk Schwaben. Nach deren Meinung hätte die Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg gar nicht mehr gegründet werden dürfen. „Die Sowjetunion hat ein demilitarisiertes Deutschland vorgeschlagen.“
Kusche würde sich ein Europa ohne Militär und Waffen wünschen, denn: „Konflikte lassen sich immer friedlich beilegen.“Natürlich sei klar, dass das nicht von heute auf morgen funktioniere. „Die nächsten zehn bis 20 Jahre werden wir schon noch brauchen, aber langfristig muss das Militär weg.“
Eva Bulling-Schröter, Sprecherin der bayerischen Die Linke, verwies auf die immensen Kosten. „In der Pandemie benötigt der Staat alle verfügbaren Geldmittel.“Sinnlose Geldausgaben, wie die für das Geschwader, müssten eingestellt werden. Immerhin koste eine Flugstunde circa 100.000 Euro. Der CO2-Ausstoß liege dabei genauso hoch wie bei 1500 Autos. Genaue Zahlen gebe das „Kriegsministerium“, wie sich Kusche ausdrückte, nicht heraus. Statt auf die Aufrüstung zu setzen, wollen die Gegner mehr soziale Gerechtigkeit. Und das weltweit.