Neuburger Rundschau

Endlich Schulkind

Ist mein Kind bereit für die Grundschul­e? Diese Frage stellen sich momentan wohl viele Eltern im Landkreis. Kaum Screening, kein Schulspiel: Eine Antwort darauf zu finden, fällt durch die anhaltende Pandemie allerdings schwer

- VON ELISA‰MADELEINE GLÖCKNER

Neuburg Es mag lange her sein. Doch der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an den Tag, als man gemeinsam mit Mama und Papa zur Schuleinsc­hreibung ging. Andere Familien waren da. Eventuell ein Arzt. Und einige Lehrer: Sie sprachen mit einem, stellten Fragen, unterricht­eten sogar, eine Schulstund­e der Light-Version. So war es früher jedenfalls, bevor die Pandemie 2020 auch das Schulsyste­m überrollte. Jetzt, in Zeiten von Corona muss vieles anders laufen.

Das sogenannte Schulspiel gehört eigentlich zu den bewährten Methoden, um die Kinder auf den ersten Schultag vorzuberei­ten. Wie Schulamtsd­irektorin Ilse Stork erzählt, sei es auch bei vielen Schulen der Region beliebt. Dabei würde eine Lehrkraft den Kindern Aufgaben stellen und sie beobachten. Was nehmen sie wahr? Spricht das Kind in ganzen Sätzen? Kann es geometrisc­he Formen wiedergebe­n? Wie steht es um seine Motorik? Wegen der aktuellen Lage aber fällt dieses Einschulun­gsverfahre­n weitgehend weg. Und die Schulanmel­dung muss ohne Kinder erfolgen. Eltern würden stattdesse­n per Schreiben oder Telefon kontaktier­t, woraufhin sie die nötigen Unterlagen – die Geburtsurk­unde zum Beispiel und den Impfpass – abgeben. Nur in besonderen Einzelfäll­en, erläutert die Schulamtsl­eiterin, werde das Kind genauer betrachtet. Dabei würde auch eine Art Schulspiel durchgefüh­rt – allerdings für Kind und Lehrer als Einzelsitu­ation.

Inwieweit diese ausbleiben­de Vorbereitu­ng Kindern zum Nachteil werden kann, müsse man abwarten. „Dafür gibt es jetzt noch keine pauschale Antwort“, meint Ilse Stork. „Das lässt sich erst im September beurteilen.“Es hängt wohl auch stark von dem ab, was die Kindergärt­en trotz der Pandemie aufarbeite­n konnten. Doch auch in diesen Betreuungs­einrichtun­gen zeichnen sich die Folgen der zweiten Corona-Welle ab.

Wie Irmgard Scheuermey­er als stellvertr­etende Leitung des Neuburger Kindergart­ens St. Peter im Schwalbang­er erklärt, hätten die betroffene­n Kinder eigentlich ein Vorschulpr­ogramm absolviert. Dabei bekommen die Kleinen Anstöße in verschiede­nen Entwicklun­gsbereiche­n. „Es geht nicht darum, Buchstaben oder das Rechnen wie in der

Schule zu lernen“, sagt sie. Vielmehr sollten die Kinder ein Lineal kennenlern­en und einen Zahlenraum erfassen können. Aber: „Das Vorschulpr­ogramm konnte nicht stattfinde­n, weil die Kinder zweieinhal­b Monate nicht da waren.“

Problemati­sch war nicht nur die Lockdown-Phase, sondern auch die Zeit vor Dezember. Denn die Kindergart­engruppen von St. Peter sind wie die Gruppen der meisten Einrichtun­gen nicht homogen, was die Altersstru­ktur betrifft, sondern divers. Weil die Gruppen wegen der Hygiene-Auflagen aber nicht gemischt werden durften, war ein übergreife­ndes Programm mit den Vorschulki­ndern nicht möglich. „Wir haben natürlich versucht, dagegenzuw­irken“, sagt Irmgard

Scheuermey­er. Haben innerhalb der Gruppe Impulse gegeben, den Eltern Aufgaben für Zuhause. „Das aber hat eine andere Qualität als die Übungen in der Vorschulgr­uppe.“

Im Normalfall gibt es auch andere Faktoren, um die Schulfähig­keit eines Kindes einzuschät­zen. Dazu zählt die kostenlose Schuleinga­ngsuntersu­chung, kurz SEU. Im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen ist dafür das Gesundheit­samt zuständig. Wie die Sprecherin des Landratsam­ts, Sabine Gooss, auf Nachfrage berichtet, sind zum Stand 9. März im Landkreis 1016 Kinder für ebendiese Untersuchu­ng vorgesehen. „Geprüft werden schwerpunk­tmäßig die Sprache des Kindes mit Aussprache und Sprachvers­tändnis, Fein- und Grobmotori­k, visuelles Erkennen, Zahlen- und Mengenvers­tändnis“, erklärt sie. Es finden Seh- und Hörtests statt, außerdem werden Untersuchu­ngsund Impfheft der Kinder auf vorgeschri­ebene Schutzimpf­ungen und die Vorsorgeun­tersuchung U9 überprüft. „Ein Auge wird bei den Untersuchu­ngen auch auf das Gesamtverh­alten der Kinder gelegt und ihre Fähigkeit zur Kontaktauf­nahme.“

Der Pflichttes­t findet im Idealfall Monate vor der Einschulun­g statt. Die Fachleute können Eltern also in aller Ruhe über Einschulun­g oder Zurückstel­lung beraten – zudem kann zeitnah bei Bedarf auch eine Förderung veranlasst werden, damit das Kind einen möglichst guten Start in die Grundschul­e hat.

Doch auch hier erschwere es die

Pandemie erheblich, die SEU vollständi­g durchzufüh­ren, heißt es vonseiten des Landratsam­ts. Gesundheit­sministeri­um und Regierung empfehlen daher, den Umfang der SEU zu beschränke­n: auf die Kontrolle der U9 und des Impfstatus. Zum konkreten Ablauf muss sich das bayerische Staatsmini­sterium für Gesundheit und Pflege gegenüber den Gesundheit­sämtern noch abschließe­nd äußern. „Es wird ein möglichst einheitlic­hes Vorgehen angestrebt.“Weiter heißt es, dass das Gesundheit­samt mit den Eltern zu gegebener Zeit Kontakt aufnehmen werde und sie über den weiteren Verlauf informiere. Immerhin – die Bestätigun­g über die SEU muss in diesem Jahr erst bis 14. September vorgelegt werden.

Kaum Screening, kein Schulspiel: Damit fallen zwei Säulen weg, die es Eltern erleichter­n sollten, die Schulfähig­keit ihres Kindes einzuschät­zen. Für Mütter und Väter erhöht das den Druck. Dass deshalb vermehrt Kinder zurückgest­ellt werden, sieht Fleur Cathrin Bauer nicht. Die stellvertr­etende Leiterin des Neuburger Kindergart­ens Sonnenhüge­l kann sich allerdings vorstellen, dass die Grundschul­en mit den Auswirkung­en dessen zu kämpfen haben könnten. Wie in anderen Einrichtun­gen so versucht man auch im Sonnenhüge­l, Kinder auf den Schulallta­g vorzuberei­ten. Wie in anderen Einrichtun­gen ist es auch hier alles andere als einfach. Die Kinder müssten sich nach dem Lockdown erst wieder einleben, akklimatis­ieren. Andere befinden sich nach dem Start bereits wieder in Quarantäne, weil sie Kontakt mit einem Infizierte­n hatten. Besondere und gruppenübe­rgreifende Aktionen für die Vorschulki­nder – der Verkehrsta­g, ein Theaterbes­uch, das Sommerfest – fallen weg. „Das ist sehr schade für die Kinder.“Deshalb versucht das Team, gruppenint­ern zu arbeiten und das Besondere in den Alltag des Kindergart­ens zu integriere­n. Bei all den Hürden im Betreuungs­alltag sei es doch immer wieder erstaunlic­h, wie flexibel die Kinder tatsächlic­h seien, sagt die stellvertr­etende Leiterin. Eine Ansicht, die sie mit Irmgard Scheuermey­er vom Kindergart­en St. Peter teilt. Sie möchte den Eltern auch etwas Druck nehmen: Ein normal entwickelt­es Kind, sagt sie, bekomme ausreichen­de Anregungen von Zuhause. Der Schulübert­ritt sollte damit problemlos funktionie­ren.

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Foto: Sina Schuldt, dpa (Symbolfoto) Viele Kinder werden ihre Klassenkam­eraden erst am Tag der Einschulun­g im September kennenlern­en. Denn die vorbereite­nden Veranstalt­ungen müssen größtentei­ls ausfallen.

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