Neuburger Rundschau

Impfzentru­m in Neuburg

Die Neuburger Ostendhall­e wird zum Impfzentru­m umfunktion­iert. Am Freitag sollen 350 Biontech-Dosen kommen. Politiker hoffen auf mehr Zulassunge­n

- VON WINFRIED REIN

Ab 1. Februar wird in der Ostendhall­e in Neuburg geimpft. Das ist dann das zweite Impfzentru­m im Landkreis. Am Freitag sollen neue Impfdosen kommen. »

Neuburg Die Stadt Neuburg bekommt das zweite Impfzentru­m im Landkreis. Gesundheit­samt und Landrat Peter von der Grün genehmigte­n jetzt die Sporthalle im Ostend als Standort für die künftigen Impfungen gegen Covid-19. Die ersten sollen dort ab Montag, 1. Februar, möglich sein.

Dieses Verspreche­n gilt unter der Voraussetz­ung, dass Impfstoff zur Verfügung steht. Das ist im Moment nicht der Fall, „es gibt nicht einmal für das erste Impfzentru­m Material“, stellt Landrat Peter von der Grün fest. Die zur Jahreswend­e gelieferte­n knapp 1100 Dosen sind aufgebrauc­ht. Morgen, Freitag, erwartet der Kreis Neuburg-Schrobenha­usen, eine neue Lieferung. Im Gespräch sind 350 Impfdosen. Nächster Lieferterm­in ist der 18. Januar.

Die Abläufe im Impfzentru­m Schrobenha­usen-Mühlried funktionie­ren gut. Seit dem Start am 27. Dezember sind dort etwa zwei Drittel der 1100 Dosen an über 80-Jährige verimpft worden. Den Rest haben die mobilen Teams des Roten Kreuzes in Altenheime­n verwendet. „Wir sind fast fertig“, berichtet BRK-Organisato­r Bernhard Pfahler. „Wir waren in neun Heimen und sind mit den restlichen in Kontakt.“Komplett geimpft seien die Einrichtun­gen „Omnicare“Karlshuld und St. Nikolaus in Schrobenha­usen.

Neuburgs Oberbürger­meister Bernhard Gmehling zeigt Verständni­s für die europäisch­e Beschaffun­gspolitik. Die EU-Kommission habe im Sommer ausreichen­d Impfstoff bei sechs Unternehme­n, darunter dem französisc­hen Konzern Sanofi, bestellt. „Welcher Impfstoff als Erster kommt und welcher später, war damals nicht klar“, meint der OB. Die Arbeit des deutschen Hersteller­s Biontech in Mainz galt allerdings schon frühzeitig als sehr aussichtsr­eich. Die Bundesregi­erung unterstütz­t Biontech mit 375 Millionen Euro, hat aber auf eine rechtzeiti­ge nationale Bestellung verzichtet. Dafür griffen außereurop­äische Länder zu.

Dr. Johannes Donhauser, Chef des Gesundheit­samtes Neuburg-Schrobenha­usen, geht davon aus, „dass in drei, vier Monaten soviel Impfstoff da sein kann, dass auch in den Arztpraxen geimpft werden kann“. Der Staat werde sich dann zurückzieh­en. In diesem Fall müssten weitere Impfstoffe wie Moderna oder Astrazenec­a zugelassen und verwendet werden. Sie benötigen nicht die extreme Kühlung wie der Biontech-Impfstoff. Zum Kampf gegen Corona laufe jetzt „die größte nationale Impfaktion seit 1962 an“. Damals verordnete Bayern als erstes Bundesland per Gesetz die Schluckimp­fung gegen Kinderlähm­ung (Polio). Kinder und Erwachsene traten in Schulen und Turnhallen an, um den Impfstoff per Würfelzuck­er oder mit einer Siruplösun­g aufzunehme­n. Die Anzahl der Neuerkrank­ungen an Kinderlähm­ung sank innerhalb eines Jahres um 90 Prozent. Diese Hoffnung gilt auch für die Impfung gegen Covid-19, wenn die Bevölkerun­g „Herdenimmu­nität“erreichen kann.

OB Bernhard Gmehling: „Ich glaube fest daran, dass wir im ersten Halbjahr zu einem zufriedens­tellenden Ergebnis kommen können.“Einen Beitrag dazu liefert die Stadt mit dem Impfzentru­m in der Ostendhall­e. Ein Drittel der Fläche reicht aus, der Rest bleibt dem Schulsport zur Verfügung. Die Impfkandid­aten gehen durch den Haupteinga­ng hinein, durchlaufe­n Anmeldung und Aufklärung per Gespräch und Film und werden in Einzelzone­n geimpft. Nach einem Aufenthalt in der Ruhezone geht man über den Hinterausg­ang aus der Halle. Parkplätze gibt es ausreichen­d auf dem Volksfestp­latz. OB Gmehling kündigt zudem einen

Fahrdienst für Senioren an, die nicht alleine zum Zentrum gelangen.

Organisato­r Bernhard Pfahler kann auf Erfahrung und Equipment des (abgesagten) Donauschwi­mmens zurückgrei­fen. Für die rasche Umsetzung („das steht in zwei Tagen“) erhält er Lob von allen Seiten. Neuburg bietet zwei „Impfstraße­n“, Mühlried drei. Als Betreiber hat sich das Kreiskrank­enhaus Schrobenha­usen in Sachen Schnelligk­eit, EDV und Medizintec­hnik profiliert. Es sei eine Gemeinscha­ftsleistun­g, sagt Matthias Werner-Wanzl von der Klinik, „und eine große Leistung der KVB-Ärzteschaf­t im Landkreis“.

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Neuburg Die Zuversicht war groß, als kurz nach Weihnachte­n der Corona-Impfstoff auch im Kreis Neuburg-Schrobenha­usen ankam. „Wir haben uns alle gefreut“, sagt Renate Wicher, Vorsitzend­e des Neuburger Seniorenbe­irats. Schließlic­h sei es sehnlicher Wunsch der älteren Menschen, sich gegen das Coronaviru­s impfen zu lassen und dadurch ein Stück weit Sicherheit zurückzuge­winnen. „Die Leute sind bereit und willig.“Doch von der anfänglich­en Euphorie ist derzeit wenig übrig. Wicher spricht auf Nachfrage von einer „Katastroph­e“, davon, dass man „sehr enttäuscht“sei.

Die Vorsitzend­e des Seniorenbe­irats kritisiert mehrere Punkte, unter anderem die Informatio­nspolitik. Seit Wochen gab es beim Thema Corona-Impfungen im Landkreis einige Wendungen, etwa bezüglich eines weiteren Impfstando­rts in Neuburg und der Terminverg­abe. Wicher sieht die Senioren – die derzeit Hauptbetro­ffenen – in diesen Punkten nicht ausreichen­d informiert. „Keiner weiß, was Sache ist, das ist nicht schön.“Wicher bekomme zahlreiche Anrufe von Menschen, die sich erhoffen, von ihr Informatio­nen zur Impfung zu bekommen. „Ich weiß gar nicht, was ich den Leuten sagen soll“, beklagt sich Wicher. Die Ungewisshe­it, die derzeit in vielen Punkten herrsche, sei belastend, gerade für ältere Menschen, sagt sie.

Auch die Terminverg­abe steht in der Kritik. Ursprüngli­ch sollten Senioren, die für die Impfung infrage kommen, angeschrie­ben werden, berichtet Wicher. Doch es kam anders. In der Region müssen Impfwillig­e selbst aktiv werden, um einen Termin zu bekommen – entweder über Internet oder Telefon. Für Senioren sei dies eine Herausford­erung, sagt Wicher. Hat man einen Termin ergattert, steht die nächste Hürde an, zumindest für Menschen aus dem Raum Neuburg: Derzeit gibt es lediglich in Mühlried die Möglichkei­t zum Impfen. „Viele Senioren sind aber nicht mobil genug, um dorthin zu kommen“, sagt Wicher. Sie seien auf Angehörige oder Freunde angewiesen, die sie fahren können.

Wicher nimmt die Politik in die Pflicht. „Das hätte man vor Ort anlösen müssen“, sagt sie zum bisherigen Verlauf der Impfungen.

Die Vorsitzend­e des Seniorenbe­irats betont, wie wichtig ein zweites Impfzentru­m in Neuburg ist. Dies wird auch kommen, und zwar bis zum 1. Februar in der Ostendhall­e. Ein Sprecher des Landratsam­ts nimmt Stellung zur Kritik des Seniorenbe­irats. Zur Informatio­nspolitik sagt er: „Wir fühlen uns manchmal auch nicht gut informiert.“Die Weitergabe der Vorgaben von Berlin über München in die Region laufe „nicht richtig gut“und sei kein spezielles Phänomen des Landkreise­s. „Das ruckelt einfach noch“, heißt es. Dies zeige sich unter anderem in der Terminverg­abe. Bis vor Kurzem hatte das Gesundheit­sministeri­um angekündig­t, die Impfkandid­aten selbst anschreibe­n zu wollen. Daraus wurde nichts, heißt es vom Landratsam­t. Die Behörde will nun den eingeschla­genen Weg weitergehe­n. Heißt: Menschen müssen sich aktiv für Impftermin­e anmelden. „Wir wollen nicht jeden Tag unsere Strategie ändern“, betont der Sprecher.

Zur Informatio­n schalte man zusätzlich Zeitungsan­zeigen, unter anderem in der Neuburger Rundschau.

Man sei zuversicht­lich, so alle 6000 Menschen im Landkreis, die über 80 Jahre alt sind, zu erreichen. Schließlic­h seien bislang bereits 1075 Impfungen erfolgt. Wann der Rest an der Reihe ist, ist unklar. Wie berichtet, ist in dieser Woche der Impfstoff ausgegange­n. Das Landratsam­t erwartet die nächste Lieferung am kommenden Wochenende. So lange der Impfstoff fehlt, kann man keine Termine vereinbare­n. Das für die Terminrese­rvierung eingesetzt­e Programm „Terminland“ist nur eine Notlösung, heißt es vom Landratsam­t. Das eigentlich vorgesehen­e Programm der Firma „Accenture“sei aufgrund von technische­n Problemen noch nicht im Einsatz.

Zum Hin und Her um ein zweites Impfzentru­m im Landkreis sagt der Sprecher, dass durch das vorhandene Testzentru­m in Mühlried der Weg für ein dortiges Impfzentru­m vorgezeich­net war. Dass man in Neuburg zunächst den Marstall zum Impfzentru­m umfunktion­ieren wollte und diese Idee dann wieder fallen ließ, lag offenbar an einer fehlenden Informatio­n. Es sei zunächst nicht bekannt gewesen, dass heuer für diesen Veranstalt­ungsraum beders reits Hochzeiten fix gebucht sind, sagt der Sprecher. Somit war der Marstall wieder aus dem Rennen – jetzt konzentrie­rt man sich auf die Ostendturn­halle als Impfstando­rt.

Wie man die Zeit, bis der Betrieb dort läuft, überbrückt, beschäftig­t auch den Neuburger Sozialrefe­renten Ralph Bartoschek. Er hat selbst seine beiden Eltern zum Impfen nach Mühlried gefahren – die Zeit dafür fand er nur, weil er in dieser Woche Urlaub hat. Haben ältere Menschen solche Fahrer aus dem Familien- oder Freundeskr­eis nicht, könnte es schwierig werden. „Das ist nicht optimal“, sagt Bartoschek auf Nachfrage. „Ich finde, da sollten wir etwas tun.“Er honoriert das Engagement von Oberbürger­meister Bernhard Gmehling, der sich für das zweite Impfzentru­m in Neuburg eingesetzt hat. Bis dieses kommt, denkt der Sozialrefe­rent über Zwischenlö­sungen nach. Seine Idee: ein Shuttleser­vice von Neuburg nach Mühlried, etwa mithilfe der Bundeswehr oder Taxi- und Omnibusunt­ernehmen. „Das wäre kein großer Akt“, ist Bartoschek sicher.

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Fotos: Winfried Rein In diesem Teil der Ostendhall­e entsteht das Impfzentru­m Neuburg. Ab Anfang Februar soll es dort Impfungen für über 80‰Jährige geben. In dieser Altersklas­se leben allein in der Stadt über 2000 Senioren.
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Vor dem Betreten von Altenheime­n wird grundsätzl­ich ein Antigen‰Schnelltes­t ver‰ langt, hier durch einen Nasenabstr­ich.
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Hier erhält Martha Kiebler (98) die Bion‰ tech‰Dosis.

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