Neuburger Rundschau

170 Polizeiein­sätze wegen Corona-Verstößen

Infektions­schutzgese­tz beschäftig­t auch das Amtsgerich­t in Neuburg. Was zuletzt verhandelt wurde

- VON ELENA WINTERHALT­ER

Neuburg Es wirkt etwas skurril, wenn am Amtsgerich­t Neuburg der Tatvorwurf „Grillfeier mit vier Teilnehmer­n“verhandelt wird. Schaut man sich aktuell an den Badeseen der Region um, scheinen die Zeiten, in denen man das Haus nur mit einem triftigen Grund verlassen durfte und außerhalb des eigenen Haushalts fast alle sozialen Kontakte untersagt waren, weit weg. Heute dürfen bis zu zehn Personen an einem Tisch sitzen und gemeinsam essen, Familienfe­iern sind in gewissem Rahmen wieder möglich.

Zum Tatzeitpun­kt, im April dieses Jahres, dem bisherigen Höhepunkt der Krise, war das anders. Da herrschten strengste Infektions­schutzmaßn­ahmen. Zwei Paare aus dem Landkreis trafen sich am 11.

April trotz allem zum Grillen. Zwar nicht geplant, wie alle vier Beteiligte­n in der Anhörung am Amtsgerich­t angeben. Als die Polizei jedoch nach einem anonymen Hinweis mit zwei Streifenwa­gen zur Werkstatt des Beschuldig­ten fuhr, fanden die Beamten die vier Personen gemeinsam an einem Tisch vor – ohne den nötigen Sicherheit­sabstand. Zu diesem Zeitpunkt eine Ordnungswi­drigkeit, die nach dem Bußgeldkat­alog mit 150 Euro geahndet wurde.

Für Neuburg meldet Norbert Bachmaier, Leiter der Polizeiins­pektion, insgesamt 170 Polizeiein­sätze im Zusammenha­ng mit Corona und dem geltenden Infektions­schutzgese­tz. Daraus ergaben sich knapp 360 Ordnungswi­drigkeiten, da oft mehrere Personen an Verstößen beteiligt waren. „Bei rund einem Viertel der Fälle wurden uns Vergehen von Bürgern

gemeldet“, sagt Bachmaier. Die Delikte reichten von der CoronaPart­y bis hin zu nicht eingehalte­nen Abständen. „Die allermeist­en Ordnungswi­drigkeiten gab es im April und Mai. Die vergangene­n zwei, drei Wochen war Corona für uns zum Glück kein so großes Thema mehr.“

Nicht jeder war aber bereit, das fällige Bußgeld zu zahlen. So auch die beiden Paare aus dem östlichen Landkreis. Sie legten Einspruch ein – und die Ordnungswi­drigkeit ging ans Amtsgerich­t. Hier berichten die beiden Männer, 47 und 50 Jahre, gemeinsam am Auto des 47-Jährigen gearbeitet zu haben. „Dann wollten wir nur schnell etwas essen und haben ein paar Steaks auf den Grill geschmisse­n“, sagt der jüngere der beiden. Man habe nicht wirklich gemeinsam beim Essen gesessen.

Nach der Zeugenauss­age eines Polizeibea­mten

wird Richterin Verena Käbisch deutlich: „Ich nehme Ihnen Ihre Schilderun­gen nicht so ganz ab.“Besonders die Tatsache, dass zwischen der anonymen Beschwerde bei der Polizei und dem Eintreffen der Beamten in der Werkstatt etwa eine Stunde vergangen war, irritiert die Richterin. „Das spricht nicht dafür, dass Sie nur eben schnell etwas gegessen haben.“Eine „Grillfeier“, wie es im Tatvorwurf lautet, ist es ihrer Meinung nach allerdings auch nicht gewesen. Die Beschuldig­ten versichern, sich zum Zeitpunkt des Verstoßes keiner Schuld bewusst gewesen zu sein. Die Richterin entscheide­t daraufhin, das Bußgeld auf 75 Euro zu reduzieren, was laut Bußgeldkat­alog einem fahrlässig­en Verstoß entspricht. Das Urteil ist rechtskräf­tig. Im Landratsam­t, der Bußgeldste­lle, sind zum Stand 6. Juli insgeschei­de samt 402 Bußgeldbes­cheide eingegange­n. Einspruch wurde laut Pressespre­cherin Sabine Goos in 26 Fällen eingereich­t. „Wir haben noch mehrere Verhandlun­gen zu diesem Thema“, sagt Richterin Käbisch. „Die meisten Verfahren werden allerdings nach einem Ge- spräch mit den Beteiligte­n eingestell­t, bevor es zur Verhandlun­g kommt.“

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Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

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