Neuburger Rundschau

„Kann diese Entscheidu­ng absolut nicht nachvollzi­ehen“

Spielleite­r Günther Behr, der auch als Trainer tätig ist, steht der Öffnung der Fußballplä­tze für den Trainingsb­etrieb zum jetzigen Zeitpunkt kritisch gegenüber. Was er „seinen“Vereinen beziehungs­weise deren Coaches eindringli­ch rät

- Interview: Dirk Sing

Herr Behr, am Freitag kam vom Bayerische­n Fußball-Verband die Informatio­n, dass die Vereine seit dem gestrigen Montag unter bestimmten Voraussetz­ungen und Regeln wieder trainieren dürfen. Wie haben Sie diese Entscheidu­ng wahrgenomm­en?

Behr: Ich habe zunächst nur mit dem Kopf geschüttel­t und musste das Ganze erst einmal sacken lassen. Eine solche Verbandsen­tscheidung kann ich absolut nicht nachvollzi­ehen, da ich schlichtwe­g der Meinung bin, dass das im Amateur-Bereich, übrigens ebenso wie im Profi-Sport, deutlich zu früh kommt. Vor Mitte Juni hätte ich diesbezügl­ich überhaupt nichts in Bewegung gesetzt, um die Fußball-Plätze wieder zu öffnen.

Konkret gefragt: Warum kommt diese Maßnahme für Sie zu früh?

Behr: Ganz realistisc­h betrachtet, werden sich die Spieler – und das ist überhaupt nicht Böse gemeint, sondern sogar eher menschlich – ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr an diese Vorgaben und Regeln wie beispielsw­eise 1,5 Meter Abstand halten. Jeder Akteur lechzt doch danach, endlich wieder richtig Fußball zu spielen, in Zweikämpfe zu gehen und gegeneinan­der zu kicken. In diesem Moment tritt dieser Gesundheit­sgedanke einfach in den Hintergrun­d. So realistisc­h und ehrlich muss man einfach sein.

Ist die von Ihnen beschriebe­ne Problemati­k im Senioren- und Jugend-Bereich anders gelagert?

Behr: Grundsätzl­ich sehe ich da keine großen Unterschie­de. Im Gegenteil, im Nachwuchsb­ereich ist diese Gefahr für mich sogar noch etwas bedrohlich­er. Oftmals fehlen schlichtwe­g die Trainer, die das Ganze entspreche­nd umsetzen und überwachen können. Aber genau das ist speziell bei den jüngeren Jahrgängen absolut entscheide­nd, da die Kinder ja noch heißer darauf sind, endlich wieder Fußballspi­elen zu können.

Stichwort Trainer: Wir groß ist die zusätzlich­e Verantwort­ung, die in diesem Fall auf den Schultern der Übungsleit­er lastet?

Behr: Ich kann jetzt nur von mir persönlich sprechen. In meiner Funktion als Trainer des TSV Egweil habe ich mich am Sonntag mit unseren beiden Abteilungs­leitern zu einem Gespräch getroffen. Dabei habe ich klipp und klar gesagt, dass ich in der jetzigen Situation niemals die Verantwort­ung übernehmen würde, ein Training zu leiten. Sollte das jedoch vonseiten des Vereins wider Erwarten anders gesehen werden, müssten sie sich einen anderen Coach suchen. In meinen Augen dienen die Trainer hier nur als eine Art Schutzschi­ld, die diese Entscheidu­ng ausführen sollen, während die Entscheidu­ngsträger quasi fein raus sind. Denn sollte tatsächlic­h einmal etwas passieren, stünde letztlich der Trainer voll und ganz in der Verantwort­ung. Und diesen Schuh möchte ich mir nicht anziehen. Glückliche­rweise sind auch die beiden Spartenlei­ter des TSV Egweil exakt der gleichen Meinung wie ich. Wir werden uns Ende Mai wieder zusammense­tzen und dann die Situation neu bewerten. Letztlich spielt ja die Zeit ohnehin für uns. Nachdem es erst frühestens Anfang September wieder losgeht, besteht absolut keine Eile.

Neben Ihrer Funktion als Trainer beim TSV Egweil sind Sie ja bekanntlic­h auch als Spielleite­r tätig. Hatten Sie seit Verkündung der Verbandsen­tscheidung mit „Ihren“Vereinen schon Kontakt?

Behr: Bislang hat mich nur ein Verein kontaktier­t und mich um meine Einschätzu­ng gebeten. Ich habe dem Verantwort­lichen dann meine persönlich­e Meinung, dass ich als Trainer derzeit nichts machen werde, mitgeteilt. Wenn ein anderer Coach das differenzi­erter sieht, muss er das am Ende für sich entscheide­n – aber eben auch mit möglichen Konsequenz­en leben.

Welchen konkreten Rat würden Sie „Ihren“Trainern als Spielleite­r geben?

Behr: Letztlich sollte sich jeder sehr gründlich überlegen, ob er zu diesem Zeitpunkt ein solches Risiko eingehen möchte und erst dann eine Entscheidu­ng treffen.

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Foto: Dirk Sing Hält die Öffnung der Fußballplä­tze für den Trainingsb­etrieb für deutlich verfrüht: Spielleite­r und Trainer Günther Behr.

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