Was nicht da ist, kann nicht gestohlen werden
Wegen der Corona-Maßnahmen fällt der Maibaumbrauch 2020 im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen aus
Neuburg-Schrobenhausen Martin Pelzer ist dieser Tage gewissermaßen arbeitslos. Nicht, weil er keinen Job hat – seine Familie betreibt die Firma Gerüstbau Pelzer in Karlshuld. Sondern arbeitslos, weil er aktuell der Chef der Donaumooser Maibaumdiebe ist. Einer Gruppe von jungen Männern, die jedes Jahr zu derselben Zeit einen festlich geschmückten Baum erspäht, um ihn anschließend zu klauen. Das alles aber müsse 2020 leider ins Wasser fallen, sagt er, weil nirgendwo im Landkreis ein Baum in die Senkrechte gehievt wird. Corona und die Ausgangsbeschränkung, die das Virus nach sich gezogen hat, machen den Brauch kaum möglich.
Leer bleibt die Halterung für den Baum zum Beispiel in Karlshuld. Hier haben die Vereine schon frühzeitig bekannt gegeben, dass die Tradition wegen der aktuellen Situation nicht stattfinden kann. Ein Maibaum wird auch in Oberhausen nicht zu finden sein. Wie Bürgermeister Fridolin Gößl erklärt, wechselten sich die Gemeindeteile alle zwei Jahre mit dem Aufstellen ab. 2020, sagt er, seien zum Beispiel Sinning und Unterhausen an der Reihe gewesen, einen Maibaum in die Höhe zu liften. Sicherlich habe es dort schon einige Vorbereitungen
gegeben. Dies betreffe in Pandemie-Zeiten allerdings mehrere Gruppierungen – die Theatervereine etwa, die ihre Bühnenauftritte absagen mussten, obwohl sie monatelang dafür geprobt hatten. Trotzdem fänden sich die Leute damit ab, sagt Fridolin Gößl. „Unmut gibt es da, soweit ich weiß, keinen.“
Egbert Wagner ist seit 2004 Vorsitzender der „Maibaumfreunde Neuburg-Schrobenhausen mit Lechgebiet“. Einem Verein, der Jahr für Jahr den schönsten Maibaum der Region kürt. Auch er wisse von keiner Gemeinde, erzählt er, die den Maibaumbrauch trotz des Virus ausleben wolle. „Man darf ja nirgends zusammenkommen, sich nirgends treffen.“Diese Vorsichtsmaßnahme der Regierung führt auch dazu, dass es 2020 keine neue Maikönigin geben wird. Sie hätte ursprünglich am 9. Mai in Bergheim-Unterstall Krone und Zepter erhalten sollen. Eine passende Kandidatin für dieses Amt habe es auch gegeben, sagt Egbert Wagner. Nun aber muss die amtierende Majestät ihre Amtszeit um ein Jahr verlängern. Allerdings werde sie so gut wie keine Auftritte wahrnehmen müssen, erzählt der Vereinsvorsitzende. „Die Königin ist hauptsächlich auf Volksfesten unterwegs.“Die fielen dieses Jahr wohl alle aus. „Klar ist das schlimm“, betont Egbert Wagner. Man könne nur hoffen, dass das kommende Jahr besser werde.
Dass die Krönung der Maikönigin nicht stattfinden kann, bedauert auch Tobias Gensberger. „Wir hatten bereits ein schönes Rahmenprogramm zusammengestellt“, bekräftigt der Bürgermeister von Bergheim. Jetzt wird der Festakt auf das Jahr 2021 verschoben – wie die meisten Festlichkeiten der Region. Einen Maibaum wird es deshalb auch in Bergheim nicht geben. Zwar ist es grundsätzlich möglich, einen Baum beispielsweise mit einem Kran aufzustellen. Das aber habe keinen Sinn, meint der Bürgermeister. „Zum Fest gehört die Tradition.“Und Teil dieser Tradition sei es, die Kränze für den Baum gemeinschaftlich vorzubereiten, die Tafeln gemeinschaftlich zu aktualisieren und den Maibaum gemeinschaftlich aus dem Wald zu holen und hochzuziehen. Die Gemeinschaft fehlt – das beklagt auch Martin Pelzer aus Karlshuld. Wäre Corona kein Thema, hätten sich seine Maibaumdiebe schon in den vergangenen Aprilwochen auf den 1. Mai vorbereitet, hätten sich umgehört, wo ein Baum stehen soll, ob er geklaut werden könne. Man hätte zusammen gegrillt, Bier getrunken und gefeiert: „Das fällt natürlich weg.“
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