Wie die Gewalttat die Menschen bewegt
Das Kerzenmeer am Augsburger Königsplatz wächst so wie die Hilfsbereitschaft für die Familie des getöteten Feuerwehrmannes. Noch immer sind viele Fragen unbeantwortet
Augsburg Es ist ein Fall, der viele Menschen aufwühlt, ja erschüttert. In Augsburg, aber auch weit darüber hinaus. Am Freitagabend vergangener Woche war ein 49-jähriger Mann aus Neusäß in der Augsburger Innenstadt getötet worden. In der Nähe des Tatorts, dem Königsplatz, erinnert ein Meer von Kerzen und Blumen an die Tat und das Opfer. Es ist von Tag zu Tag größer geworden. Es ist vor allem ein Ort, der aktuell von vielen Menschen angesteuert wird, die ihre Anteilnahme ausdrücken wollen. Es ist manchmal auch ein Ort, der in den vergangenen Tagen von Menschen aufgesucht wurde, die lauthals ihre Meinung kundtun wollen oder Spekulationen verbreiten.
Vielleicht lässt sich so etwas gar nicht vermeiden, wenn ein Thema die Menschen so bewegt. Der 49-Jährige, der bei der Augsburger Berufsfeuerwehr tätig war, war zusammen mit seiner Frau und einem befreundeten Ehepaar auf dem Heimweg vom Christkindlesmarkt, als er am Königsplatz auf eine Gruppe von sieben jungen Männern traf.
Offenbar gab es einen Streit, in dessen Zuge ein 17-Jähriger den Feuerwehrmann geschlagen haben soll. Der 49-Jährige starb an den Folgen des Schlages. Auch der 50-jährige Mann, der mit ihm unterwegs war, wurde attackiert und schwer verletzt. Mittlerweile sitzen sieben Verdächtige wegen des Verdachts auf Totschlag oder Beihilfe dazu in Untersuchungshaft.
Das ist der Stand. Nun laufen die Ermittlungen, bei denen vieles noch unklar ist. Zur genauen Rolle jedes einzelnen Verdächtigen hält sich die Polizei bislang zurück. Das Video einer Taxi-Frontscheibenkamera von der Tat, das unserer Redaktion vorliegt, zeigt in unscharfen Bildern den tödlichen Schlag und zuvor etwas, das wie ein kurzes Handgemenge zwischen dem späteren Opfer und den Jugendlichen und jungen Erwachsenen aussieht.
Angesprochen auf Spekulationen im Internet, dass der Streit vom späteren Opfer ausgegangen sei, widerspricht Kripo-Chef Gerhard Zintl. Auf den Aufnahmen sei nichts zu erkennen, was einen Faustschlag rechtfertige. Die Polizei hat neben dem Video weitere Aufnahmen ausgewertet, die von den Überwachungskameras am Königsplatz stammen. Seit Ende 2018 wird hier gefilmt. Angesichts der Rolle, die die Videoüberwachung bei den Ermittlungen spielt, ist das Thema auch ein Politikum geworden. So teilte die CSU-Fraktion im Landtag mit, in Bayern die Videoüberwachung insbesondere an stark besuchten Plätzen, auf Bahnhöfen und im öffentlichen Nahverkehr ausbauen zu wollen.
Die Anteilnahme am Schicksal der Familie ist derweil groß und sorgt für viel Hilfsbereitschaft. Die Stiftung der Deutschen Polizeigewerkschaft etwa will helfen. Ziel der Stiftung ist es unter anderem, Hinterbliebene von getöteten Sicherheitskräften – also beispielsweise Polizisten, Berufsfeuerwehrleute oder Rettungssanitäter – zu unterstützen. „Ich habe von der Tat in
Augsburg gehört und wollte helfen“, sagt Berend Jochem, Vorsitzender des Stiftungsvorstandes. Vor 21 Jahren hat er die Stiftung gegründet, die Menschen nach traumatischen Erlebnissen eine Auszeit ermöglichen will. Drei Stiftungshäuser gibt es: in Lenggries, in Fall am Sylvensteinsee und in Niedernach am Walchensee. Dort sollen Familien, die einen Schicksalsschlag verkraften müssen, zur Ruhe kommen. „Wir wollen den Menschen, die so viel durchmachen mussten, eine Freude machen“, sagt Jochem.
Das wollen auch viele andere Menschen, die die Tragödie berührt hat. Inzwischen wurden drei Spendenkonten für die Familie des getöteten Feuerwehrmannes eingerichtet. Auf Initiative der Berufsfeuerwehr hat die Stadt Augsburg ein Spendenkonto eröffnet. Auch die Augsburger Bürgerstiftung „Beherzte Menschen“will die Witwe unterstützen. Die Hilfsorganisation „Flughafenverein München“hat ebenfalls ein Spendenkonto eingerichtet. Der 49-Jährige, der am Freitagabend am Königsplatz brutal angegriffen wurde und seinen Verletzungen erlag, hinterlässt seine Frau und eine 19-jährige Tochter.