Von Vor- und Hinterzimmern
Zu den geheimnisvollsten Orten in der Politik gehört das Hinterzimmer. Dort sind nach weitverbreiteter Auffassung allerlei böse Mächte am Werk. Journalisten, die herausfinden wollen, was dort so alles ausgehandelt wird, müssen überlegt zu Werke gehen. Wer war da? Worum ging’s? Wer könnte eingeweiht sein? Wer könnte was wissen?
Nun ist es aber leider so, dass Journalisten in aller Regel zu wenig Zeit haben. In alltäglichen Dingen versuchen sie deshalb erst einmal, den direkten Weg zu gehen. Und der führt durchs Vorzimmer:
Journalist: Ich würde gerne Ihren Chef, Herrn X, sprechen. Vorzimmer: Worum geht es denn? Journalist: Das ist kompliziert, das würde ich ihm gerne selber sagen.
Vorzimmer: Ich muss es ihm aber vorher sagen, sonst darf ich Sie nicht verbinden.
Journalist: Es geht um die Frage sowieso und wer da war und worüber geredet und was vereinbart wurde und wer was wissen könnte …
Vorzimmer: Oh je, das ist aber kompliziert.
Journalist: Sag ich doch. Vorzimmer: Da müssen Sie mit meinem Chef sprechen. Journalist: Deshalb rufe ich an. Vorzimmer: Können Sie uns vielleicht eine E-Mail mit Ihren Fragen schicken? Dann rufen wir zurück.
Journalist: Ich hab Ihnen doch gerade schon alles gesagt.
Vorzimmer: Aber das ist sehr kompliziert.
Journalist: Deshalb will ich ja Ihren Chef sprechen.
Nicht das Hinterzimmer ist das Problem. Das größte Hindernis bei der alltäglichen Wahrheitsfindung ist das Vorzimmer.