Frankreich feiert seine Weltmeister
Die französische Mannschaft bringt alles mit, um in den kommenden Jahren eine dominierende Rolle im Weltfußball einzunehmen. Doch vorerst muss die Zukunft warten. Jetzt genießt das Team den Moment
Paris Frankreich ist vereint im Titelrausch: Hunderttausende feierten am Montag die Fußball-Weltmeister nach ihrer Ankunft auf den Pariser Champs-Élysées. Als der offene Doppeldeckerbus der „Équipe nationale“mit zweistündiger Verspätung endlich auf der Prachtstraße eintraf, wollte der Jubel kein Ende nehmen. Über dem kilometerlangen Boulevard lag der Dunst von Rauchfackeln. Militärjets stiegen auf, Menschen schwenkten blauweiß-rote Nationalflaggen, in der ganzen Stadt hupten Autos. Schon in der Nacht zuvor hatten es Frankreichs Feierbiester in Moskau richtig krachen lassen, und die FußballWelt fürchtet bereits eine lange Vorherrschaft der neuen Goldenen Generation. „Wille, Geschicklichkeit und eine sorgfältige Coachingschablone haben eine Mannschaft geschmiedet, deren schiere Jugendlichkeit den Rest der Welt erschrecken sollte“, schrieb der britische
am Tag nach dem furiosen WM-Finale.
26 Jahre und 90 Tage betrug das Durchschnittsalter der Startelf beim irren 4:2 gegen Kroatien am Sonntag in Moskau. „Es waren 14 Spieler mit dabei, die auf eine Abenteuerreise gegangen sind“, betonte Trainer Didier Deschamps, der nach dem verlorenen EM-Finale vor zwei Jahren sein Personal noch mal durch tauschte und die Schwächen von damals in Stärken von heute umwandelte.
„Es war so, so schmerzvoll, vor zwei Jahren nicht den EM-Titel zu holen. Aber vielleicht wären wir jetzt nicht Weltmeister, hätten wir es damals geschafft.“Was es bedeute, Weltmeister zu sein, wüssten seine Spieler noch gar nicht, betonte Deschamps, nachdem er noch während der Pressekonferenz die nächste Champagner-Dusche von seinen Spielern bekommen hatte. Singend und angeführt von Super-Spaßvogel Paul Pogba hatten sie das Podium kurzerhand zur Tanzfläche gemacht und ihren 49 Jahre alten Coach gefeiert. Dessen fast schon väterlichverständlicher Kommentar mit breitem Grinsen: „Sie sind jung und glücklich.“
Deschamps formte individuelle Ausnahmekönner zu einer verschworenen Truppe, kein Zoff, keine Skandale – „wir haben 55 Tage zusammen verbracht. Es hat nicht ein Problem gegeben“, betonte Deschamps. „Die Spieler haben ihren Vertrag erfüllt, und darüber hinaus hat Deschamps seinen Platz im Fuß- ball-Pantheon gesichert“, schrieb die französische Zeitung
Und Deschamps ist noch lange nicht fertig. „Ich mache nicht alles wie Jacquet“, sagte er. Aimé Jaquet hatte nach dem WM-Erfolg 1998, bei dem Deschamps als Kapitän den WM-Pokal als Erster halten durfte, nicht weitergemacht. „Es ist vorgesehen, dass ich bleibe, also bleibe ich“, betonte Deschamps.
Seit 2012 ist er da, bis zur EM in zwei Jahren gilt sein Vertrag. Er kann nun das einmalige Kunststück schaffen und nach dem Titeldouble binnen zwei Jahren mit dem WMTriumph 1998 und dem EM-Erfolg 2000 als Spieler das Gleiche als Trainer zu wiederholen. Die Gefahr, so wie Deutschland nach dem WM- Triumph vor vier Jahren nun 2022 in Katar böse abzustürzen, scheint kaum zu existieren.
Beispielhaft für diese Mannschaft, ihren Erfolg und vor allem ihre Perspektive steht Kylian Mbappé. Er hat kamerunische und algerische Wurzeln. „Das ist Frankreich, wie wir es lieben. Es gibt verschiedene Herkünfte, aber wir sind vereint. So ist es auch in der Mannschaft. Wir spielen für dieses eine Trikot“, sagte Antoine Griezmann, vielleicht das Gesicht des Weltmeisters.
Mit 27 Jahren liegt er zwar schon über dem Schnitt der Final-Elf, ist aber alles andere als alt. Mbappé kann das Gesicht des Weltfußballs der kommenden Jahre werden. „Es ist nur der Anfang von Kylian Mbappé“, meinte das Sportblatt
Mbappé sei in der Lage, 2022, 2026 oder 2030 einen dritten Stern nach Hause zu bringen, schrieb über den Teenager, der den 77 Jahre alten Pélé schon drüber nachdenken lässt, noch mal die Fußballschuhe hervorzuholen. „Wenn Kylian weiter meine Rekorde einstellt, muss ich vielleicht meine Stiefel entstauben“, schrieb er bei Twitter.
Mbappé ist mit seinem Treffer im Finale zweitjüngster Torschütze nach Pélé 1958. Zudem hatte er als zweitjüngster Spieler hinter dem dreimaligen Weltmeister einen Doppelpack erzielt beim Achtelfinalsieg über Argentinien. Mbappés demütige Antwort auf das neuerliche Pélé-Stamenent: „Der König bleibt immer der König.“Auch das ist beispielhaft für den neuen Weltmeister, bei dem auch die herausragenden Akteure wie Mbappé, Griezmann oder Pogba sich in den Dienst der Mannschaft stellen.
„Ihr habt das ganze Land stolz gemacht“, sagte Staatschef Emmanuel Macron.