Durch Uromas Tagebuch reich
Tom Sallers Debüt enttäuscht am Ende
Diese Martha schließt man gleich ins Herz. Wie sie als kleines Mädchen im „Wald voller Hosenbeine“sitzt und die Musik malt. Vater Otto ist Kapellmeister. Liebevoll ruft er seine Tochter Marthchen. Bekümmert bemerkt er aber, dass mit ihrem musikalischen Gehör etwas nicht stimmt. Hohe Töne, tiefe Töne – für Martha gibt es nur kleinere oder größere, viereckige oder runde. Sie sieht Musik. Ein Talent, das sie als junge selbstbewusste Frau weg von ihrer Heimat Pommern ans Bauhaus nach Weimar führt. Dort lernt sie nicht nur die Liebe zu einer Frau kennen, sondern auch so berühmte Künstler wie Paul Klee und Wassily Kandinsky. Und alle verewigen sich mit Skizzen in ihrem Tagebuch. Jahrzehnte später findet Marthas Urenkel die schwarze Kladde mit den nun wertvollen Bildern, lässt sie versteigern und wird Millionär.
Tom Sallers Debüt „Wenn Martha tanzt“ist ein berührend und zart geschriebenes Frauenporträt in schöner, bildhafter Sprache. Ein Roman, der Einblicke in die faszinierende Bauhaus-Welt gibt. Mit großer Spannung verfolgt man die beiden Zeitebenen, die historische und die gegenwärtige, die in New York 2001 angesiedelt ist. Doch die Auflösung der Geschichte missglückt und enttäuscht. Da wollte Saller einfach zu viel reinpacken, baut etwa auch noch die Terroranschläge von 2001 mit ein, überdreht die Schicksalswendungen ins Unglaubwürdige. Schade.
List, 288 S., 20 ¤