Der richtige Ort für das Obdachlosenheim?
Die Unterkunft für Obdachlose auf dem Lassigny-Gelände muss dem Hochschulcampus weichen. Als künftigen Ersatz zieht die Stadt ein Grundstück in Neuburg-West in Erwägung. Dagegen machen Anwohner mobil
Neuburg Die Unterkunft für Obdachlose könnte von der Donauwörther Straße in die Donauwörther Straße verlegt werden – nur ein paar hundert Meter bergauf in Richtung B16. Kein Problem, so liest es sich zumindest auf dem Papier. Teil der Wahrheit ist aber auch, dass das Obdachlosenheim dadurch näher an diverse Wohngebiete rücken würde. Das sorgt bei vielen Anwohnern für Unbehagen, seit Bekanntwerden der Pläne am Freitag hat sich innerhalb kürzester Zeit eine „Aktionsgemeinschaft Obdachlosenunterkunft Neuburg-West“gegründet. Über das Wochenende wurden mehr als 250 Unterschriften gegen eine mögliche Verlegung der Unterkunft gesammelt und ein Teil davon gestern im Rathaus vorgelegt. Die Suche nach einem neuen Standort ist heute Abend Thema im Stadtrat.
Zum Hintergrund: Auf dem Lassigny-Gelände soll ein Campus der Technischen Hochschule Ingolstadt entstehen. Damit dieser realisiert werden kann, müssen städtische Grundstücke an den Freistaat übergehen, davon ist neben einem großen öffentlichen Parkplatz auch die derzeitige Obdachlosenunterkunft betroffen. Auf absehbare Zeit wird sich die Stadt daher einen Alternativstandort für die Unterkunft suchen müssen. Im Gespräch sind neben einem bisher von der Stadt nicht näher benannten Grundstück, eines in Bahnhofsnähe, ein anderes im Gewerbegebiet an der Paul-WinterStraße und das umstrittene Grundstück an der Donauwörther Straße 64 1/8. Dieses halten viele Anwohner der Wohngebiete an der Luisenhöhe, der Donauwörther Straße und dem Neubaugebiet Neuburg-West für „nicht geeignet“.
In einer Presseerklärung der Aktionsgemeinschaft heißt es: „Dieses Objekt passt einfach nicht in eine reine Wohngegend mit vielen jungen Familien und ihren Kindern, und zum Kindergarten – die Eltern machen sich Sorgen.“Auf Nachfrage, warum die Unterkunft nicht passen würde und welche Sorgen sich die Eltern konkret machen, antwortete der Sprecher der Initiative, Nicolas Weigl: „Es sind zwar hilfsbedürftige, aber sozial sehr problematische Leute, die auf Schüler und Kinder treffen.“Er blieb abstrakt und sprach von möglichen „Gefährdungen“, die manche Eltern für ihre Kinder befürchteten. Man wolle niemanden vorverurteilen, aber man wisse nicht, wer dort wohnen würde und daher wünschten sich die Anwohner von der Stadt mehr Informationen und wollten in ihren Ängsten ernst genommen werden. „Es ist klar, dass wir diese Unterkunft brau- chen, aber es sollten keine überhasteten Entscheidungen getroffen, die Bürger über eine Infoveranstaltung mit ins Boot geholt und alternative Standorte ernsthaft geprüft werden“, forderte Weigl.
Oberbürgermeister Bernhard Gmehling rechnet nicht damit, dass heute Abend im Stadtrat bereits die Entscheidung über einen endgültigen Standort gefällt werde. „Darüber muss ernsthaft beraten werden“, sagte er. Selbstverständlich müssten in solch einem Fall auch die Bürger mitgenommen werden. In der neuen Unterkunft werde es auch einen Hausmeisterservice geben und es werden Mitarbeiter der sozialen Dienste vor Ort sein und die Obdachlosen betreuen. Viele Befürchtungen gegenüber den Bewohnern hielten der Wirklichkeit aber auch einfach nicht stand. „Obdachlose sind auch Menschen“, betonte Gmehling. Ihnen zu unterstellen, sie würden in ihrem Umfeld nur Chaos stiften, decke sich nicht mit seinen Erfahrungen in Neuburg. Im Umkreis der bisherigen Unterkunft seien ihm keine Anwohnerbeschwerden bekannt und auch zu Problemen mit Schülern des benachbarten Descartes-Gymnasiums sei es noch nicht gekommen.
Klar ist dem Stadtoberhaupt aber auch, dass es an keinem Standort Beifallsstürme für eine Obdachlosenunterkunft geben werde: „Mit Widerständen war zu rechnen.“Wenn die Stadt einen Campus der THI wolle, müssten jedoch zwangsläufig unangenehme Entscheidungen getroffen werden. Auch die Parkplatzsituation in der Innenstadt werde durch den Wegfall der großen öffentlichen Parkfläche nicht einfacher. Zwar sei auf dem künftigen Campus ebenfalls ein Parkhaus oder eine Tiefgarage geplant, viele der Plätze würden jedoch auf Mitarbeiter der Hochschule und Studierende entfallen. „Wir werden versuchen, wenn es soweit ist, möglichst viele öffentliche Parkplätze rauszuholen“, versicherte Gmehling. Was die Verlegung der Obdachlosenunterkunft betrifft, wird die heutige Stadtratssitzung Aufschluss über das weitere Vorgehen bringen. Andernorts werden bereits ebenfalls Unterschriften gesammelt.
„Obdachlose sind auch Menschen“
Oberbürgermeister Bernhard Gmehling