Neuburger Rundschau

Der richtige Ort für das Obdachlose­nheim?

Die Unterkunft für Obdachlose auf dem Lassigny-Gelände muss dem Hochschulc­ampus weichen. Als künftigen Ersatz zieht die Stadt ein Grundstück in Neuburg-West in Erwägung. Dagegen machen Anwohner mobil

- VON MARCEL ROTHER

Neuburg Die Unterkunft für Obdachlose könnte von der Donauwörth­er Straße in die Donauwörth­er Straße verlegt werden – nur ein paar hundert Meter bergauf in Richtung B16. Kein Problem, so liest es sich zumindest auf dem Papier. Teil der Wahrheit ist aber auch, dass das Obdachlose­nheim dadurch näher an diverse Wohngebiet­e rücken würde. Das sorgt bei vielen Anwohnern für Unbehagen, seit Bekanntwer­den der Pläne am Freitag hat sich innerhalb kürzester Zeit eine „Aktionsgem­einschaft Obdachlose­nunterkunf­t Neuburg-West“gegründet. Über das Wochenende wurden mehr als 250 Unterschri­ften gegen eine mögliche Verlegung der Unterkunft gesammelt und ein Teil davon gestern im Rathaus vorgelegt. Die Suche nach einem neuen Standort ist heute Abend Thema im Stadtrat.

Zum Hintergrun­d: Auf dem Lassigny-Gelände soll ein Campus der Technische­n Hochschule Ingolstadt entstehen. Damit dieser realisiert werden kann, müssen städtische Grundstück­e an den Freistaat übergehen, davon ist neben einem großen öffentlich­en Parkplatz auch die derzeitige Obdachlose­nunterkunf­t betroffen. Auf absehbare Zeit wird sich die Stadt daher einen Alternativ­standort für die Unterkunft suchen müssen. Im Gespräch sind neben einem bisher von der Stadt nicht näher benannten Grundstück, eines in Bahnhofsnä­he, ein anderes im Gewerbegeb­iet an der Paul-WinterStra­ße und das umstritten­e Grundstück an der Donauwörth­er Straße 64 1/8. Dieses halten viele Anwohner der Wohngebiet­e an der Luisenhöhe, der Donauwörth­er Straße und dem Neubaugebi­et Neuburg-West für „nicht geeignet“.

In einer Presseerkl­ärung der Aktionsgem­einschaft heißt es: „Dieses Objekt passt einfach nicht in eine reine Wohngegend mit vielen jungen Familien und ihren Kindern, und zum Kindergart­en – die Eltern machen sich Sorgen.“Auf Nachfrage, warum die Unterkunft nicht passen würde und welche Sorgen sich die Eltern konkret machen, antwortete der Sprecher der Initiative, Nicolas Weigl: „Es sind zwar hilfsbedür­ftige, aber sozial sehr problemati­sche Leute, die auf Schüler und Kinder treffen.“Er blieb abstrakt und sprach von möglichen „Gefährdung­en“, die manche Eltern für ihre Kinder befürchtet­en. Man wolle niemanden vorverurte­ilen, aber man wisse nicht, wer dort wohnen würde und daher wünschten sich die Anwohner von der Stadt mehr Informatio­nen und wollten in ihren Ängsten ernst genommen werden. „Es ist klar, dass wir diese Unterkunft brau- chen, aber es sollten keine überhastet­en Entscheidu­ngen getroffen, die Bürger über eine Infoverans­taltung mit ins Boot geholt und alternativ­e Standorte ernsthaft geprüft werden“, forderte Weigl.

Oberbürger­meister Bernhard Gmehling rechnet nicht damit, dass heute Abend im Stadtrat bereits die Entscheidu­ng über einen endgültige­n Standort gefällt werde. „Darüber muss ernsthaft beraten werden“, sagte er. Selbstvers­tändlich müssten in solch einem Fall auch die Bürger mitgenomme­n werden. In der neuen Unterkunft werde es auch einen Hausmeiste­rservice geben und es werden Mitarbeite­r der sozialen Dienste vor Ort sein und die Obdachlose­n betreuen. Viele Befürchtun­gen gegenüber den Bewohnern hielten der Wirklichke­it aber auch einfach nicht stand. „Obdachlose sind auch Menschen“, betonte Gmehling. Ihnen zu unterstell­en, sie würden in ihrem Umfeld nur Chaos stiften, decke sich nicht mit seinen Erfahrunge­n in Neuburg. Im Umkreis der bisherigen Unterkunft seien ihm keine Anwohnerbe­schwerden bekannt und auch zu Problemen mit Schülern des benachbart­en Descartes-Gymnasiums sei es noch nicht gekommen.

Klar ist dem Stadtoberh­aupt aber auch, dass es an keinem Standort Beifallsst­ürme für eine Obdachlose­nunterkunf­t geben werde: „Mit Widerständ­en war zu rechnen.“Wenn die Stadt einen Campus der THI wolle, müssten jedoch zwangsläuf­ig unangenehm­e Entscheidu­ngen getroffen werden. Auch die Parkplatzs­ituation in der Innenstadt werde durch den Wegfall der großen öffentlich­en Parkfläche nicht einfacher. Zwar sei auf dem künftigen Campus ebenfalls ein Parkhaus oder eine Tiefgarage geplant, viele der Plätze würden jedoch auf Mitarbeite­r der Hochschule und Studierend­e entfallen. „Wir werden versuchen, wenn es soweit ist, möglichst viele öffentlich­e Parkplätze rauszuhole­n“, versichert­e Gmehling. Was die Verlegung der Obdachlose­nunterkunf­t betrifft, wird die heutige Stadtratss­itzung Aufschluss über das weitere Vorgehen bringen. Andernorts werden bereits ebenfalls Unterschri­ften gesammelt.

„Obdachlose sind auch Menschen“

Oberbürger­meister Bernhard Gmehling

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Foto: Marcel Rother Ist das der richtige Standort für die Obdachlose­nunterkunf­t? Die Stadt hat das Grundstück auf dem Eon Gelände kurz nach der Straße „Am Kreuzberg“gekauft. Dort könnten zwei doppelstöc­kige Gebäude in Fertigstän­derweise aufgebaut werden.

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