Neuburger Rundschau

Hilfe, die Studis kommen!

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Im

Jahr 2023 ist Neuburg Unistadt. Dann wird die beschaulic­he Donaumetro­pole überrannt von der internatio­nalen Bildungsel­ite. Der Grantler schlägt allein bei dem Gedanken daran die Hände über dem Kopf zusammen.

Füßewippen­d, cappuccino­nippend und laptoptipp­end sieht er die Generation Erasmus schon jetzt in Straßencaf­és und Bars sitzen, die Nächte in Klubs durchmache­n und die gesamte Stadt auf links drehen. Die polyglotte­n Münder der Studierend­en werden in akzentfrei­em Englisch den Wert des Gendermain­streamings loben, während ihre Augen, die die ganze Welt gesehen haben, dem Grantler mit nur einem Aufschlag in die Seele blicken und die Angst vor Neuem als Ursache für sein mürrisches Wesen enttarnen.

Mit den Studierend­en wird sich ein babylonisc­hes Sprachgewi­rr über die Stadt ergießen, wähnt der Eingeboren­e. Sie werden über Philosophi­e philosophi­eren, über Theorien theoretisi­eren und über Menschen wie ihn polemisier­en – eine Invasion auf Kosten der angestammt­en Bevölkerun­g. Der Grantler ist in Neuburg geboren, in Neuburg aufgewachs­en und hat sein gesamtes Leben in Neuburg verbracht. Wenn alles läuft wie bisher, wird er auch in Neuburg begraben werden.

Am liebsten unter dem Grantlerst­ein, seinem Gravitatio­nspunkt, von dem aus er seine Welt und ihre 30 000 Einwohner frotzelnd unter die Lupe nimmt. Sein weitester Ausflug führte ihn ins Ostend, seine interkultu­relle Erfahrung beschränkt sich auf den Besuch einer Dönerbude. Die einzige Fremdsprac­he, die der Südwind zu ihm herüberget­ragen hat, war möslerisch. Selbst da hat er sich kopfschütt­elnd abgewandt.

Wenn sich alle Neuburger so verhalten wie der gemeine Homo Neuburgien­sis, dann wird der Campus bei der Lassignyka­serne ein Ghetto für Studenten, eine Gated Community, für deren Einwohner das Beste an Neuburg der Zug nach Ingolstadt sein wird. Wer will, dass es so kommt und alles bleibt, wie es ist – nur zu. Alle anderen, die gehofft hatten, mit den Studierend­en würde frischer Wind durch die beschaulic­hen, aber staubigen Gassen fegen, können sich ihnen anschließe­n und den Weg zum Bahnhof wählen.

Oder sie ergreifen die einmalige Gelegenhei­t und treten den Beweis an, dass die Evolution vor den Toren der Stadt nicht Halt gemacht hat und zeigen, was ein moderner, weltoffene­r Neuburger ist: traditione­ll und kosmopolit­isch. Andere Städte haben es auch geschafft, siehe Eichstätt oder Passau. Mitglieder in der internatio­nalen NewcastleA­lliance sollten das erst recht hinbekomme­n.

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