Aus dem Tagebuch eines Flüchtlingsmädchens
Wie Julya Rabinowich der Spagat zwischen Jugendbuch und Gesellschaftskritik gelingt
Neuburg Das Thema „Migration“ist aktuell wie nie. Mit ihrem Werk „Dazwischen: Ich“trifft die Wiener Autorin Julya Rabinowich den Zeitgeist. Am Donnerstag präsentierte die bildende Künstlerin, Kolumnistin und Autorin ihr Buch den neunten Klassen des Descartes-Gymnasiums Neuburg.
„Für mich ist das vor allem ein Antikriegsbuch“, sagt Rabinowich gleich zu Beginn der Lesung. Der Jugendroman ist aus der Perspektive der 15-jährigen Madina erzählt, die als Kriegsflüchtling mit ihrer Familie in ein deutschsprachiges Land flieht. Woher das Mädchen kommt? In der Erstfassung aus Tschetschenien, erzählt die Autorin, später entscheidet sie sich für ein unbekanntes Herkunftsland. Sie will eine beispielhafte Familie zeichnen und Probleme beschreiben, die auf viele Schicksale zutreffen würden, erklärt Rabinowich. Die Handlung der Geschichte ist fiktiv, aber von realen Ereignissen inspiriert.
Das Buch ist wie ein Tagebuch und in der Sprache einer 15-Jährigen geschrieben. Durch diese Erzählweise nimmt die Autorin den Leser mit auf eine Reise, die von individuellen Eindrücken und durch kindliche Offenheit geprägt ist. Erlebnisse in dem Flüchtlingsheim, Schwierigkeiten mit der unbekannten Sprache, aber auch Freundschaft und erste Liebe sind zentrale Themen, an denen Madina den Leser teilhaben lässt. Unter die oft heiteren Beschreibungen mischen sich düstere Zwischentöne. Dann ist von Bombenangriffen die Rede und von der Angst, die Familie zu verlieren.
In ihrer Lesung vermittelt Rabinowich all diese Stimmungen anhand von ausgewählten Textpassagen. Auf die heitere Passage am Anfang folgt ein nachdenklich stimmender Ausschnitt über die Entfremdung von Flüchtlingskindern zu ihren Eltern in dem neuen Land. Mit klarer, trauriger Stimme liest die Autorin von dem Spannungsfeld zwischen ursprünglicher Heimat und neuer Kultur, in dem sich die Kinder oft befinden. Sie fungieren als Vermittler und Brückenbauer. Die Schüler lauschen der Lesung konzentriert, die anfänglich gelöste Stimmung ist nun ernst. Die Autorin endet mit einer fröhlichen Passage über eine Party, die auch auf die gespannte Stimmung der Schüler befreiend wirkt. Dann ist die Lesung schon zu Ende.
Zum Schluss steht Julya Rabinowich für die Diskussion mit den Schülern bereit. Sie erzählt über ihr Leben als Autorin, ihre Erlebnisse mit Flüchtlingen, die sie als Dolmetscherin sammelte, und das Buch selbst. Dabei zeigt sich Rabinowich beeindruckt von den kritischen und durchdachten Fragen der Schüler. Danach konnten die Schüler signierte Ausgaben von „Dazwischen: Ich“kaufen, die Rabinowich jeweils mit einer persönlichen Widmung versah. Auch für die Bücherstube Neuburg signierte die Autorin einige Ausgaben ihres Werks.