Flaschenweise reines Wasser
Fäkalbakterien machen das Neuburger Leitungswasser nur noch abgekocht genießbar. Wie Kunden und Betriebe damit umgehen und wie es mit der Chlorung weitergeht
Neuburg Wer derzeit den Wasserhahn aufdreht oder unter der Dusche steht, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihm Chlorgeruch entgegenschlägt. Was man hierzulande normalerweise nur aus dem Urlaub in Nachbarländern wie Italien, Spanien oder Frankreich kennt, ist in dieser Woche auch in Neuburg der Fall: Das Trinkwasser wird gechlort, nachdem Fäkalbakterien, sogenannte Enterokokken, im Leitungsnetz der Stadtwerke Neuburg gefunden wurden.
„Es rufen viele Menschen bei uns an und fragen, ob das gechlorte Wasser gefährlich für die Gesundheit ist“, bestätigt die Pressesprecherin des Landratsamts NeuburgSchrobenhausen, Katharina Huber. Und gibt sogleich Entwarnung: „Die eingesetzte Menge Chlor ist für Menschen absolut ungefährlich – es wird streng darauf geachtet, dass die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden.“Um das zu überprüfen, werden zweimal täglich an sieben Punkten in der Stadt Wasserproben genommen: Eine direkt bei der Chlorgasanlage am Sehensander Forst, und die anderen an den sechs am weitesten entfernten Stellen im Leitungsnetz. So könne überprüft werden, ob die Desinfektion bis in die letzten Winkel der Wasserleitungen vorgedrungen ist. Ist das der Fall, werde es noch einige Tage dauern, bis der Chlorgeruch verschwunden ist, sagt Huber. Die Maßnahme wird voraussichtlich bis Freitag andauern.
In der Zwischenzeit suchen die Verbraucher nach Alternativen zum Leitungswasser. Und finden diese etwa im Supermarktregal. „Mineralwasser ist im Moment der Renner, es kommen ständig Leute und erkundigen sich danach“, sagt Julian El-Mustapha, Geschäftsführer im Edeka-Markt in der Adlerstraße. Vor allem stilles Wasser sei gefragt, denn: „Das sprudelt nicht so beim Zähneputzen.“Die Nachfrage war so groß, dass die Regale am Samstagabend leer waren. Inzwischen hat der Geschäftsführer eine zusätzliche Lieferung von sechs Paletten mit insgesamt 2160 Litern Wasser bestellt. Für einen Supermarkt mitten in der Stadt, zu dem die meisten Kunden zu Fuß kämen, sei das eine außergewöhnlich große Menge.
Vor Herausforderungen steht auch die Gastronomie. Deren Zapfanlagen sind oft direkt mit der Trinkwasserleitung verbunden, wo in Verbindung mit Sirup Softdrinks wie Cola, Fanta oder Sprite entstehen. Normalerweise auch bei McDonalds im Südpark. Weil das Trinkwasser aber tabu ist, werden die beliebten Süßgetränke seit Freitag in Flaschenform verkauft. „Wir haben einen Großeinkauf bei Neuburger Getränkemärkten gestartet und die Kästen bei uns im Kühlraum gestapelt“, erzählt Geschäftsführer Holger Bartel. Auch bei Subway in der Münchener Straße ist man auf Flaschen umgestiegen. Bei McDonalds müssen die Kunden zusätzlich auf Eiswürfel und Kaffeespezialitäten verzichten, da diese ebenfalls aus Leitungswasser hergestellt werden.
Improvisationstalent war auch bei den Bäckereien gefragt. Gerda Engl von der Bistro-Bäckerei Break Time in der Neuburger Innenstadt hat kurzerhand ihren Sohn eingespannt, der sie mit Kanistern voller Wasser aus Bruck beliefert. Dort ist das Wasser nach wie vor unbedenklich, da für den Stadtteil ein anderer Wasserversorger zuständig ist. Zum Salatwaschen oder zum Ablöschen von Speisen wird nun Brucker Wasser verwendet. Für den Betrieb ihrer Kaffee-Siebträgermaschine hat sie sich das Okay ihres Herstellers geholt, nachdem sie diese am Samstag zwischenzeitlich aus dem Betrieb genommen hatte. „Das Wasser wird so heiß, dass alle Bakterien abgetötet werden“, versichert Engl. Die Kunden kämen genauso zahlreich wie zuvor.
Entwarnung kommt von den Kliniken St. Elisabeth, sie waren als eine der ersten Einrichtungen von einer möglichen Verunreinigung des Trinkwassers informiert worden. „Wir haben umgehend alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit den Patienten in die Wege geleitet. Bislang gab es keine besonderen Vorkommnisse, die auf Bakterien im Trinkwasser zurückzuführen seien“, zieht Pressesprecher Thomas Bauch vorläufig Bilanz. Auch in der Notaufnahme habe es keine entsprechenden Fälle gegeben.