Bewerbung: Sollte mir eine KI beim Anschreiben helfen?
BERLIN – Ob ChatGPT, Gemini oder Perplexity: Chatbots, die mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten, können nützliche Helfer beim Verfassen von Texten sein. Geht es darum ein Anschreiben oder einen Lebenslauf für eine Bewerbung zu gestalten, sollte man sie aber nur im allerersten Schritt nutzen.
„ChatGPT kann ein Impulsgeber sein, wenn ich nicht weiß, wie ich starten soll, um mir Inspiration für Formulierungen zu holen“, sagt Sebastian Kohler, CoFounder und Managing Partner bei der Personalberatungsfirma Kempkens x Kohler.
Dabei ist aber Vorsicht geboten. Kohler zufolge kann etwa ChatGPT schnell entlarvt werden, „wenn es zu generisch und fast schon zu perfekt klingt“. Damit gehe sämtliche Glaubwürdigkeit eines Profils verloren. Personalentscheider kommen so schnell zu dem Ergebnis kommen, dass ein Bewerber nicht kreativ ist. „Die eigene Handschrift und Persönlichkeit müssen immer erkennbar sein“, sagt auch die Karriereberaterin Esther Kimmel. Oft müssen Bewerberinnen und Bewerber einen Anschreiben, das ein KI-Chatbot verfasst hat, wieder mehr Leben und Individualität einhauchen. „Aber ich finde es klug, sich hier inspirieren zu lassen.“Wichtig: Den Ergebnissen niemals blind vertrauen, sondern mit ein bisschen Abstand so finalisieren, dass der eigene Stil erkennbar ist.
Welche Auswirkungen kann es haben, wenn Arbeitgeber stark auf ein familiäres Arbeitsumfeld setzen?
Ein solches Arbeitsmodell ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen ist es vorteilhaft für Unternehmen, wenn das Team als Familie gesehen wird und eine hohe Verbundenheit mit der Arbeit besteht. Wir wissen auch, dass Freundschaften am Arbeitsplatz eine positive Funktion haben - sie können zu höherer Arbeitszufriedenheit und zu besserer Leistung beitragen.
Andererseits kann dieses Arbeitsmodell auch dazu führen, dass Grenzen zwischen Privatleben und Arbeitsleben verwischen. Und das kann Nachteile haben, wie zum Beispiel entgrenzte Arbeitszeiten. Wenn wir nach dem offiziellen Feierabend noch mit dem Team kochen oder andere Dinge unternehmen, können wir schwerer von der Arbeit abschalten. Und das ist ein ganz wichtiger Faktor für die Erholung und Gesundheit.
Bei Freundschaften am Arbeitsplatz können auch schnell Dinge vermischt werden, die besser auseinandergehalten werden sollten. Freundschaften können sich verschlechtern, und das kann sich dann negativ auf die Arbeit auswirken.
Wie kann man als Arbeitnehmer in so einem Berufsumfeld Grenzen setzen, damit die Work-Life-Balance trotzdem intakt bleibt?
Ganz wichtig ist es, sich noch ein anderes Standbein außerhalb der Arbeit und neben den Kolleginnen und Kollegen aufzubauen. Ein Freundeskreis, mit dem man auch mal kritisch über die Arbeit sprechen kann, oder ein Hobby, das andere Anforderungen an einen stellt und andere Ressourcen bietet als die Arbeit selbst. Man sollte sich im Leben nicht nur auf die Arbeit fokussieren, sondern sich auch nach Ausgleichsmöglichkeiten im privaten Bereich umschauen. Es ist wichtig, dass man dann auch mal Abende oder Tage hat, an denen man von der Arbeit komplett abschalten kann.
Wenn ich gar keinen Drang habe, auf der Arbeit freundschaftliche Beziehungen aufzubauen: Sollte ich mich in dem Fall gar nicht auf Jobs in solchen Unternehmen bewerben?
Als Bewerber würde ich auf jeden Fall aufhorchen, wenn diese familiäre Atmosphäre von einem Unternehmen so stark betont wird. Wichtig sind vor allem professionelle und faire Arbeitsbedingungen, weil die Erwerbsarbeit eben nicht die Familie oder der private Freundeskreis ist.
Wir wissen aus der psychologischen Forschung, dass sich Menschen sehr stark in ihren Präferenzen für die Stärke der Grenze zwischen Arbeit und Privatleben unterscheiden. Für manche ist es absolut in Ordnung, wenn diese Grenze eher f ließend ist - und wenn Kollegen und Kolleginnen zum Freundeskreis gehören und sie viel Privates mit der Arbeit teilen. Andere Menschen bevorzugen es, stärkere Grenzen zu ziehen und die
Arbeit bei der Arbeit zu lassen und das Private im Privaten. Je nachdem, was da die persönlichen Präferenzen sind, sollte man entscheiden, welches Unternehmen zu einem passt.
Unternehmen würde ich raten, vor allem auf professionelle Arbeitsbeziehungen und gute Arbeitsgestaltung zu setzen und nicht so sehr auf diesen familiären und Freundschafts-Aspekt. Man kann Freundschaften nicht erzwingen, und es ist besser, wenn Freundschaften und gute Beziehungen natürlich entstehen. Eine positive Unternehmenskultur muss wachsen und kann nicht durch das Unternehmen vorgegeben werden.