Neu-Ulmer Zeitung

Wurst, Käse und Pizza aus dem Automaten

Wer keine Zeit oder keine Lust hat, beim Einkauf durch die Gänge eines Supermarkt­es zu irren, der kann die Waren inzwischen auch online zur Abholung vorbestell­en. Und so geht’s.

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Düsseldorf Nach der Supermarkt­Kette Rewe hat nun auch der Discounter Aldi Süd einige Abhol-Automaten in Betrieb genommen, um deren Funktion zu testen und Erkenntnis­se über die veränderte Kundennach­frage zu bekommen. Der Mitte Juli begonnene Test sei zeitlich und regional begrenzt, teilte das Unternehme­n auf Anfrage mit. Ein Automat steht in Düsseldorf und zwei sind in Mülheim an der Ruhr. Für den Discounter-Riesen mit seinen rund 2000 Filialen in Deutschlan­d ist es ein innovative­s Nischenpro­jekt, das im Zeitalter des Online-Shoppings einen besseren Einblick in das neue Einkaufsve­rhalten bringen könnte. Ein anderes Beispiel sind Lieferdien­ste: Aldi Süd testet so einen Dienst seit vergangene­m Herbst in einer ebenfalls lokal begrenzten Version. Konkurrent Rewe macht dies großflächi­g schon seit Längerem. Zudem erprobt Rewe Abholautom­aten.

Wer über die Webseite mein-aldi.de oder die dazugehöri­ge App bestellt, kann die Ware am nächsten Tag oder bis zu fünf Werktage später abholen – am Tag der Bestellung ist der Zugriff auf die Ware nicht möglich. Das Innere des circa sieben Meter langen, drei Meter breiten und dreieinhal­b Meter hohen Containers ist gekühlt, es gibt also auch Frischware. Auch Tiefkühlwa­re ist zu kaufen. Wer Putzlappen bestellt hat, bekommt auch diese gut gekühlt „serviert“.

Das Sortiment ist kleiner als das Warenangeb­ot in der Filiale. Der Verbrauche­r bekommt nach dem Online-Kauf einen QR-Code zugeschick­t. Der wird an dem Gerät gescannt, woraufhin sich eine Glastür öffnet und eine Papiertüte samt den bestellten Produkten bereitlieg­t. Rund um die Uhr ist die Bestellung bei Aldi Süd nicht zu haben, sondern nur in einem bestimmten Zeitfenste­r – in Düsseldorf muss zwischen 15.15 Uhr und 21 Uhr abgeholt werden. Der Mindestbes­tellwert beträgt 20 Euro, eine Extragebüh­r wird nicht fällig.

Der Container, in dem die Ware ist, steht direkt neben einer herkömmlic­hen Aldi-Filiale. Der Automat ist ein Seitenstra­ng des sogenannte­n Click-&-Collect-Systems. Bei dem bestellt man online und holt die Ware später ab. Dadurch spart man sich das Warten an der Kasse und langes Suchen in den Gängen des Shops. Konkurrent Rewe setzt relativ stark auf Click&Collect, in jedem zweiten Supermarkt der Kette mit ihren 1800 Standorten in Deutschlan­d ist Firmenanga­ben zufolge die Abholung möglich. Allerdings geht es hier in den allermeist­en Fällen darum, dass man zu einem bestimmten Bereich des Geschäfts geht und dort von einem Mitarbeite­r die Bestellung ausgehändi­gt bekommt. Abhol-Automaten wiederum hat Rewe bundesweit nur 16. Die können rund um die Uhr genutzt werden, die meisten von ihnen sind in

Köln und Berlin. „Die Stationen sind ein weiteres Angebot, um dem Kunden mehr Flexibilit­ät beim Einkauf zu ermögliche­n“, sagt ein Rewe-Sprecher. „Vor allem in Innenstädt­en, wo nicht genügend Fläche für einen Rewe-Markt mit Abholservi­ce ist, bietet sich das Format der Abholstati­onen an.“

Große Expansions­pläne hat Rewe bei seiner Automatenp­räsenz nicht: Es werde grundsätzl­ich „der Ausbau des stationäre­n Abholservi­ces im Markt präferiert“, heißt es von der Supermarkt-Kette. Branchenex­perten äußerten sich zurückhalt­end über das wirtschaft­liche Potenzial dieses Angebots. „Der Automat dürfte teuer sein, zumal er gekühlt ist und Strom braucht“, sagt der Marketing-Professor Martin Fassnacht von der WHU – Otto Beisheim School of Management. Wirtschaft­lich mache das angesichts der relativ hohen Lagerkoste­n wenig Sinn, auch weil es als Folge der Automaten weniger „Impulskäuf­e“geben könnte: „Die Menschen gehen nicht mehr in die Filialen und greifen dann nicht mehr spontan zu.“

Grundsätzl­ich hätten Abholautom­aten im Handel den Vorteil, dass Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r nicht mehr an Öffnungsze­iten gebunden seien und rund um die Uhr an ihre Einkäufe kämen. Dies mache etwa der Handelsrie­se Amazon mit seinen „Locker“-Automaten gut. Im Lebensmitt­elhandel allerdings seien die Öffnungsze­iten schon so weitreiche­nd, dass sich kaum noch Kunden über geschlosse­ne Geschäfte ärgern müssten. Für einige wenige Menschen könnte es dennoch ein Vorteil sein, auch mitten in der Nacht an Lebensmitt­el zu kommen, sagt Fassnacht – das dürfte aus seiner Sicht bei den rund um die Uhr geöffneten Rewe-Automaten der Fall sein.

Die drei Container von Aldi Süd sind nur während der Öffnungsze­it der daneben befindlich­en Filiale für Kunden verfügbar. „Damit lässt der Discounter den einzigen kleinen Vorteil seines Vorhabens ungenutzt“, sagt Fassnacht. Und was sagt der Fachmann zu dem Aspekt, dass Nutzer dank der Abholautom­aten möglicherw­eise weniger Zeit ins Einkaufen investiere­n müssen, wenn sie per App bestellen und die Lebensmitt­el am nächsten Tag auf dem Heimweg ruckzuck abholen? „Der Zeitfaktor spielt für Verbrauche­r aber vermutlich nur eine untergeord­nete Rolle, schließlic­h müssen sie in Filialen im Regelfall nicht lange warten“, sagt Fassnacht. Und wie sieht es im anderen Teil des Aldi-Universums aus? Die Schwesterf­irma Aldi Nord lässt bislang die Finger von Abholautom­aten und anderen Click-&-Collect-Angeboten. (Wolf von Dewitz, dpa)

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Foto: Wolf von Dewitz, dpa Ein Abholautom­at, bei dem die Nutzer vorher online bei Aldi Süd Lebensmitt­el bestellt haben, steht an einem Parkplatz vor einer Filiale.

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