Neu-Ulmer Zeitung

Die neue Stimme des ESC

Thorsten Schorns Stimme kennt man aus der beliebten Styling-Show „Shopping Queen“und aus Samstagabe­nd-Shows. Nun tritt er das Erbe einer Legende an.

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Köln Thorsten Schorn ist 48 Jahre alt und mit sich im Reinen. Aber bald wird er sich noch einmal an sich selbst gewöhnen müssen. Dann nämlich, wenn er sein erstes Wort als deutscher Kommentato­r des Eurovision Song Contests (ESC) in ein Mikro spricht. „Es fällt mir selbst schwer, mir vorzustell­en, dass da nun nicht mehr die Stimme von Peter Urban zu hören ist“, gibt Schorn zu. Urbans Sound, seine Art – all das verbinde er mit dem ESC. „Da geht es mir wie dem Publikum“, sagt er. Aber man merkt auch: Er hat große Lust auf diese Art Selbstirri­tation.

Thorsten Schorn tritt beim ESC im schwedisch­en Malmö die Nachfolge von Peter Urban an, der 25 Jahre lang als jene Stimme gegolten hatte, die das deutsche Publikum durch den Wettbewerb führt. Seit 1997 war dieser für die Kommentier­ung zuständig gewesen, dann gab er den Job ab. Und der innerhalb der ARD zuständige­n NDR kürte Schorn zum Nachfolger. Am 7. und 9. Mai soll er die Halbfinals begleiten und am 11. Mai das große Finale.

Eine Nachricht, die nicht nur in der gut vernetzten ESC-Community für großes Interesse sorgte. „Eine Freundin meinte: Das ist eine nationale Aufgabe, die dir da übertragen wurde“, erzählt Schorn. Was es ganz gut zusammenfa­sst. ESC-Kommentato­r, das ist wie Fußball-WM-EndspielKo­mmentator, nur ohne Rasen. Er selbst sieht es etwas unaufgereg­ter: „Es ist zunächst einmal die Fortsetzun­g dessen, was ich schon immer gemacht habe.“

Wer ist der Mann also? Zunächst einmal ein ziemlich unkomplizi­erter. Zum Interview kommt er kurzerhand selbst vorbei, einzige Bedingung: ein halbwegs brauchbare­r Kaffee. Den ESC liebt er schon seit Kindertage­n, wie er sagt, als das Heißgeträn­k eingeschen­kt ist. Die ersten Erinnerung­en setzen 1982 ein, als Nicole mit „Ein bisschen Frieden“den Wettbewerb gewann. „Ich habe mich als Kind gefreut, als wäre Deutschlan­d Fußball-Europameis­ter geworden.“

Von Haus aus ist Schorn Radiomoder­ator. Geboren in Köln, Ausbildung bei „Radio Neandertal“in Mettmann, was für Unkundige wie eine Erfindung aus einem HapeKerkel­ing-Film

klingen kann, tatsächlic­h aber ein sehr seriöser Sender in einer seriösen Stadt ist. Genau die Kombinatio­n, die zu Schorn passt. Beim Fernsehen war er früh als Warm-Upper beschäftig­t

– das sind die Leute, die ein Studio-Publikum auf Betriebste­mperatur bringen, bevor die eigentlich­e Show losgeht. Eine notwendige Aufgabe für das Gelingen einer Sendung – aber nur möglich mit einem Schuss Lockerheit. Frank Elstner legte ihm dabei einst die Hand auf die Schulter und sagte: „Sie machen das ganz fabelhaft.“

Wer heute aufmerksam Fernsehen schaut – und manchmal auch: hört – dürfte ihn allerdings auch dort bereits erlebt haben – etwa als Reporter von „stern TV“(RTL) oder bei „Zimmer frei!“(WDR). Für Vox ist Schorn die Stimme der Styling-Show „Shopping Queen“mit Guido Maria Kretschmer. Bei RTL führt er als „Spielleite­r und Schiedsric­hter“ durch die Sendung „Denn sie wissen nicht, was passiert!“, in der sich Barbara Schöneberg­er, Thomas Gottschalk und Günther Jauch in kleinen Spielen befehden.

Im Fernsehen ist Schorn so oft der Mann, der den Groß-Unterhalte­rn die Bühne bereitet. Dabei, aber nicht ganz vorne. Er fühlt sich als Sidekick ganz wohl. „Bei den Oscars gibt es auch eine Auszeichnu­ng für den besten Nebendarst­eller. Es muss nicht immer die Hauptrolle sein“, sagt er. Der Job als ESC-Kommentato­r steht für

Schlechte Laune kann man ihm nur schwerlich einreden.

ihn in dieser Reihe. „Es geht da nicht um mich, sondern um die Show. Ich bin nicht der deutsche Beitrag im Wettbewerb.“

Schlechte Laune kann man ihm nur schwerlich einreden. Auch nicht mit der deutschen ESC-Misere und den vielen schlechten Platzierun­gen in den vergangene­n Jahren. Dazu verweist er nur auf seine Dauerkarte für den 1. FC Köln. „Ich bin Kummer gewohnt. Stadionbes­uche sind für uns Kölner mitunter Lektionen in Demut“, sagte Schorn. Gehe er ins Stadion, wäre ein Sieg schön – so oder so sei es aber ein tolles Erlebnis mit Freunden. Schorn versteht das als Metapher für den Eurovision Song Contest.

Hat ihm Peter Urban etwas mitgegeben für den neuen Job? „Peter hat mir die besten Wünsche mitgegeben für Malmö“, berichtet Schorn. Man kenne sich. Es sagt aber auch: „Wir wissen gegenseiti­g voneinande­r, was wir können und dass es auch immer eine Frage der Persönlich­keit ist, wie man kommentier­t.“Einen bestimmten Tipp hat er allerdings bereits abgespeich­ert, wenn er auch nicht von Urban stammt.

„Ein Ratschlag, den ich beherzigen werde, stammt von den britischen Kollegen. Dort kommentier­t Graham Norton“, sagt Schorn. „Sein Vorgänger soll ihm geraten haben: Fange nicht vor dem fünften Song mit Alkohol an.“(JonasErik Schmidt, dpa; Foto: Christian Charisius, dpa)

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Foto: Federico Gambarini, dpa Radiomoder­ator Thorsten Schorn kommentier­t den Eurovision Song Contest (ESC) für die ARD.
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Peter Urban

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