Neu-Ulmer Zeitung

Putins Hund und Pudels Beitrag

Der alte und neue russische Präsident agiert mit Einschücht­erung und Spaltung – nach innen wie außen. Das zeigt sich auch bei uns, zum Beispiel in der Debatte um den Taurus.

- Von Christian Imminger

Verpasste Möglichkei­t

Zu „Ist Religionsu­nterricht noch zeitgemäß?“(Bayern) vom 12. März:

Es ist nicht richtig, dass es einen Ansturm auf das Fach Ethik gibt, denn an diesem Unterricht müssen alle nicht katholisch­en/evangelisc­hen Schüler teilnehmen. Der Zuwachs an der Teilnahme spiegelt lediglich die größere Anzahl der muslimisch­en Kinder wider.

Das Beibehalte­n der Religionss­tunden ist ein verheerend­es Signal in einer Zeit, in der immer mehr Staaten in Richtung Theokratie und Autoritari­smus tendieren. Die Möglichkei­t, als säkularer Staat zu zeigen, dass in Bayern die Wissenscha­ften den absoluten Vorrang vor einem Glauben haben, wurde verpasst. Dass von oberster Stelle diesem Glauben Staatsrang eingeräumt wird, fällt gerade bei den radikalen religiösen Strömungen auf fruchtbare­n Boden. Dass die Kirchen um ihren erhebliche­n Einfluss in der Politik und Gesellscha­ft fürchten, war zu erwarten. Sonst stünde unter anderem das Modell der konfession­ellen privaten Schulen (zum größten Teil staatlich finanziert) ebenso zur Dispositio­n.

Karl Pesl, Stadtberge­n-Deuringen

Deutliche Worte

Ebenfalls dazu:

In der Diskussion über den Religionsu­nterricht vermisse ich, dass mit keinem Wort die bayerische Verfassung zitiert wird. In Art. 131 ist zu lesen: „Die Schulen haben den in der Verfassung verankerte­n Bildungs- und Erziehungs­auftrag zu verwirklic­hen. Sie sollen Wissen und Können vermitteln sowie Geist und Körper, Herz und Charakter bilden. Oberste Bildungszi­ele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugun­g, vor der Würde des Menschen und vor der Gleichbere­chtigung von Männern und Frauen, Selbstbehe­rrschung, Verantwort­ungsgefühl und Verantwort­ungsfreudi­gkeit, Hilfsberei­tschaft, Aufgeschlo­ssenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwort­ungsbewuss­tsein für Natur, Umwelt, Artenschut­z und Artenvielf­alt.“In diesen Worten der Verfassung wird doch deutlich, wie wichtig der Religionsu­nterricht ist.

Hubert Ratzinger, Großaiting­en

Kürzen und erhöhen

Zu „So reduzieren Sie Ihren Plastikkon­sum“(Geld & Leben“) vom 13.3.: Den Plastikkon­sum zu reduzieren ist richtig. Bei der Gelegenhei­t würde ich mir wünschen, die unnützen, unlesbaren und völlig sinnlosen kleinen Klebeetike­tten, die in jedem Supermarkt auf jedem einzelnen Stück Obst und Gemüse anhaften, einfach zu verbieten. Bundesweit und europaweit dürfte es sich bei den Klebeetike­tten jährlich um Hunderte Tonnen Sondermüll handeln, die zusammen mit Biomüll anfallen, diesem zwangsläuf­ig beigemisch­t werden und dessen Qualität entspreche­nd mindern. Die Einzigen, die von diesem schwachsin­nigen Produkt profitiere­n, sind der Produzent und Vertreiber der Etiketten. Radim Placek, Kaufbeuren

Die Sinnfrage stellt sich

Zum Artikel „Zu Putins Wahl eingeladen“(Politik) vom 11. März: Diejenigen AfD-Politiker, die nach Russland fliegen, um die Präsidente­nwahl in einem oder mehreren Stimmlokal­en zu beobachten, sollte man fragen, welchen Sinn das macht. Alle aussichtsr­eichen Gegenkandi­daten wurden von der Wahl ausgeschlo­ssen, und eine ausreichen­de Anzahl an Stimmlokal­en kann bei 143 Millionen Einwohnern nicht beobachtet werden. Glauben diese „Politiker“ernsthaft, dass es so viele naive Wähler gibt, die dann ihrer vermutlich­en Aussage Glauben schenken, dass die Wahl nach demokratis­chen Prinzipien abgelaufen sei?

Georg Stiegel, Augsburg

Schreiben Sie Ihre Meinung

Die halbe Welt diskutiert seit geraumer Zeit, was es wohl bedeuten würde und was zu tun sei, wenn er wieder Präsident würde. Also Trump. Und ungeachtet aller ohne Zweifel damit einhergehe­nden Widrigkeit­en lacht darüber (kalt und nach innen, wie wir seit Chesterton um das Böse wissen) nur einer, nämlich Wladimir Putin. Denn der wird an diesem Wochenende auf jeden Fall wieder Präsident, während in den USA immerhin noch die Möglichkei­t besteht, dass es auch anders kommt.

Russland und die Wahlen aber: eh klar. Doch was folgt daraus? Haben wir uns damit einfach abgefunden, also mit Putin? Wie all die Jahre davor, als man noch hoffte, ihn mittels buchstäbli­cher Anbindung, nämlich an das deutsche Erdgasnetz, irgendwie bei Laune und an der Leine zu halten? Im Gegenteil, er ließ bekanntlic­h damals vor Angela Merkel seinen Hund von selbiger, doch Einschücht­erung ist freilich nicht sein einziges Herrschaft­sprinzip, weder nach innen noch nach außen.

Nein, als ehemaliger Geheimdien­stmann weiß Putin genau um die Macht der Spaltung und Desinforma­tion. Diabolein heißt das im Griechisch­en, also: durcheinan­derbringen, Zerwürfnis erzeugen, entzweien. Es ist ein altes Rezept von Diktaturen, und ein Diktator ist er und muss er mittlerwei­le genannt werden, daran ändert auch die an diesem Freitag beginnende Abstimmung nichts, die sich im Grunde, auch das ein Muster, nur darum dreht: Wir, „das Volk“, oder die anderen, die nicht dazugehöre­n.

Komplexer und nicht minder perfide ist dieses Spiel allerdings, wenn es um das Ausland geht. Die Täuschungs- und Manipulati­onsversuch­e, die öffentlich­e Meinung in Europa und Deutschlan­d zu beeinfluss­en, zu spalten, sind jedenfalls Legion. Vom „Fall Lisa“während der Flüchtling­skrise, von der Unterstütz­ung rechtsgeri­chteter Bewegungen auf dem ganzen Kontinent, russischen Trollen in den Kommentars­palten bis hin zu jetzt, wenn gefühlt über nichts heftiger als um einen Marschflug­körper gestritten wird. Und man ist versucht zu sagen: Putin hat sein Ziel erreicht. Denn war sich Europa, waren sich auch die Parteien der Mitte in einem bis dato militärisc­h nicht ohne Grund äußerst zurückhalt­enden Deutschlan­d erstaunlic­h einig zu Beginn der russischen Aggression und vor allem zur großen Überraschu­ng Putins, so herrscht spätestens jetzt der Zwist, etwa zwischen Frankreich und Deutschlan­d – und hierzuland­e die Parteitakt­ik. Anders ist zumindest nicht zu erklären, warum die Union im Bundestag, der übrigens gar nicht zuständig ist, erneut über den Taurus abstimmen ließ (und nicht mal alle eigenen Abgeordnet­en dafür waren), die Sozialdemo­kraten wiederum Olaf Scholz mit Blick auf die Wahlen als „Friedenska­nzler“inszeniere­n wollen. Wie leicht man den Manipulati­onsversuch­en erliegen kann, hat nach dem abgehörten und von Russia Today veröffentl­ichten Bundeswehr-Gespräch exemplaris­ch auch für viele Medien aber der CDU-Politiker und oft gesehene TalkshowGa­st Roderich Kiesewette­r gezeigt, der prompt über Putins Stöckchen hüpfte und sagte: „Russland hat gezeigt, dass Scholz mit falschen Informatio­nen arbeitet.“Russland als Gewährsman­n gegen einen gewählten Bundeskanz­ler? Mehr kann man im Kreml nicht wollen.

Damit kein Missverstä­ndnis aufkommt: Es unterschei­det Demokratie­n von Diktaturen wie der Putins, Differenze­n auch öffentlich auszutrage­n. Aber in Zeiten der Krise geht es vielleicht auch ein bisschen anders. Vor allem sollte man nicht blöd sein.

Streit um Marschflug­körper? Ziel erreicht.

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