Neu-Ulmer Zeitung

Viel entspannte­r

Vor einem Jahr kam ihre Tochter zur Welt, seitdem hat sich die Wahrnehmun­g von Angelique Kerber dramatisch verändert. Sie erlaubt sich nun sogar eigene Fehler.

-

Indian Wells Angelique Kerber strahlte und ließ sich vom Publikum auf dem Centre-Court feiern. Der Einzug in die zweite Runde von Indian Wells war für sie jahrelang Normalität – weil sie zuletzt 2011 überhaupt antreten musste im ersten Durchgang. Seither hatte die ehemalige Nummer eins der Tennis-Welt immer ein Freilos. Seit der Geburt ihrer Tochter Liana vor einem Jahr und der Rückkehr auf die WTA-Tour im Januar hat sich im Leben der 36-Jährigen allerdings so einiges verändert.

„Jedes einzelne Match, das du gewinnst, ist natürlich etwas Besonderes. Besonders jetzt hier in Indian Wells, eines meiner Lieblingst­urniere, wo ich auch immer gut gespielt habe, schöne Erinnerung­en hatte. Und da ist es natürlich umso schöner, wenn man direkt auch die erste Runde gewinnt“, sagte Kerber nach dem 6:3, 6:4 am Mittwoch gegen Petra Martic aus Kroatien. Es war das achte

Spiel seit dem Comeback – und erst der zweite Sieg. Beim United Cup im Vorfeld der Australian Open hatte sie gegen Ajla Tomljanovi­c aus Australien gewonnen, war dann aber bei den Australian Open ebenso in der ersten Runde ausgeschie­den wie zuletzt vor einem Monat beim Turnier in Linz.

Beim mit 9,26 Millionen USDollar (rund 8,5 Millionen Euro) dotierten Hartplatz-Turnier in Indian Wells trifft sie als Nächstes auf die an Nummer zehn gesetzte Lettin Jelena Ostapenko – eine anspruchsv­olle Aufgabe. „Ich muss geduldig sein, um wieder an mein Top-Level zu kommen – und das bin ich auch“, betonte Kerber in der kalifornis­chen Wüste. „Ich habe gesagt, das erste Fazit werde ich nach drei, vier Monaten ziehen, und im Moment denke ich noch gar nicht darüber nach, sondern versuche einfach, weiterhin im Hier und Jetzt zu leben.“Aus Kalifornie­n geht es nach Miami, „und dann mache ich mal ein Fazit“, sagte sie.

Dass die dreimalige GrandSlam-Turniersie­gerin trotz aller Schwierigk­eiten zum Start wieder auf ein absolutes Top-Level kommen kann, daran besteht zumindest für zwei Menschen mit geschultem Auge kein Zweifel: Andrea Petkovic und Olympiasie­ger Alexander Zverev. „Ich sehe sehr viel Gutes in ihrem Spiel und glaube nicht, dass sie so weit weg ist“, sagte Petkovic. „Unsere Wahrnehmun­g wurde verzerrt, als Jelina Switolina und Caroline Wozniacki das Comeback als Mutter so schnell hinbekomme­n haben. Das waren absolute Ausnahmen. Ich glaube, dass Angies Weg eher der normale ist“, sagte die ehemalige Profi-Spielerin und Freundin Kerbers, die ihre eigene Karriere 2022 beendet hatte.

Zverev sagte vor seinem ersten eigenen Spiel in Indian Wells: „Ich freue mich, dass sie wieder richtig gut spielen kann, und ich glaube, das wird auch noch besser.“Kerber brauche einfach noch Match-Fitness nach 18 Monaten Pause. „Ich glaube schon, dass sie noch mal zurück nach oben kann.“

Wäre Kerber vor einigen Jahren nach einer Ausbeute von zwei Siegen in acht Spielen wahrschein­lich noch ungemütlic­h geworden, hat sich ihre Wahrnehmun­g seit der Geburt von Töchterche­n Liana verändert. „Ich bin tatsächlic­h lockerer geworden und versuche auch diesen Perfektion­ismus ein bisschen abzustelle­n, dass man auch mal den einen oder anderen Fehler machen kann, auch mal ein bisschen entspannte­r ist“, sagte sie. „Es ist eine komplett andere Wahrnehmun­g, eine komplett andere Auffassung. Sieg und Niederlage, das ist jetzt auch nicht mehr so dramatisch wie früher“, sagte die 36-Jährige. Egal ist es ihr aber auch weiterhin nicht. Sonst wäre sie nicht zurückgeke­hrt. (dpa)

 ?? Foto: Maximilian Haupt, dpa ?? Angelique Kerber hat in Indian Wells die zweite Runde erreicht. Der Sieg gibt ihr ein gutes Gefühl.
Foto: Maximilian Haupt, dpa Angelique Kerber hat in Indian Wells die zweite Runde erreicht. Der Sieg gibt ihr ein gutes Gefühl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany