Eine Warnung zur rechten Zeit
Die Abgrenzung der katholischen Bischöfe von der AfD zeigt große Wirkung. Nun geht es darum, sie mit Leben zu füllen.
Zum Leitartikel „Zementiertes Mittelmaß: Die Ampel und die Rente“(Meinung & Dialog) vom 6. März: Nach 45 Versicherungsjahren ohne Abschläge in Rente? Beim Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der deutschen Rentenversicherung wurde mir – Jahrgang 1963, nächstes Jahr meine 45 Versicherungsjahre voll – mitgeteilt, dass ich überhaupt erst mit 63, mit 47 Versicherungsjahren, Rente beziehen könnte. Und auch nur, wenn ich dafür jeden Monat Abschläge in Höhe von 13,8 Prozent in Kauf nehmen würde! Ich hoffe, dass sich mein Rentenberater geirrt hat. Ansonsten wäre es schön, von der Mär, nach 45 Versicherungsjahren ohne Abschläge in Rente zu gehen, nichts mehr zu lesen.
Helmut Angerer, Ottobeuren
Mehr Sorgfalt bitte!
Zu „Scholz hält an Nein zu Taurus fest“(Politik) vom 5. März:
Ein Armutszeugnis für den Kanzler. Warum er die Taurus-Raketen nicht an die Ukraine liefern will, erklärt er vor Berufsschülern! Der Bundestag wäre hierzu die richtige Adresse gewesen, hier wäre ihm wohl nach dem Ausspruch „Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das“heftiger Widerspruch entgegengeschallt. Denn eigentlich ist für diese Entscheidung der Bundestag zuständig, wir haben kein Präsidialsystem. Aber es passt sehr gut zu dem bisherigen Verhalten des Kanzlers. Eines Kanzlers ist es jedenfalls nicht würdig, die Bevölkerung zum Narren zu halten. Johanna Erhard, Augsburg
Gewalt gegen Pferde
Zu „Pferdequäler in Frack und Zylinder“(Sport) vom 2. März:
Zu den Enthüllungen um Cesar Parra nur dieser eine Satz des Schriftstellers Isaac Asimov, freilich in einem anderen Kontext: „Violence is the last refuge of the incompetent.“Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen.
Anne Grahl-Spach, Nordendorf
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Der einstimmig gefasste Beschluss der katholischen Bischöfe, vor der AfD zu warnen und sogar eine Nicht-Wahlempfehlung abzugeben, ist historisch – und wird lange nachhallen. Klar wie nie haben sie sich vor zwei Wochen in Augsburg zu dieser Partei positioniert, in der nach „mehreren Radikalisierungsschüben“eine völkisch-nationalistische Gesinnung dominiere. Nun dürfen sie nicht müde werden, ihren Beschluss mit Leben zu füllen.
Schließlich fällt er in eine Zeit, in der rechtsextremes Gedankengut bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist. In der Gewalt zunehmend zum Mittel der politischen Auseinandersetzung wird. In der sich bei den Landtagswahlen im Osten Deutschlands und zuvor bei der Europawahl hohe Wahlergebnisse für die AfD abzeichnen. Die Warnung vor der in Teilen als „gesichert rechtsextremistisch“eingestuften Partei kommt zu einem gut gewählten Zeitpunkt: Die Bischöfe bestärken damit eine bis vor Kurzem noch eher „schweigende Mehrheit“. Die demonstriert inzwischen zwar bundesweit für Demokratie und Menschenwürde und wirkt so dem Eindruck entgegen, die AfD, Hass und Hetze bestimmten die Agenda. Damit ist es aber nicht getan.
Der Beschluss der Bischöfe, der eine Signal- und Vorbildwirkung für andere Organisationen entfalten sollte, hat bereits etwas ausgelöst. Weil sich ihm evangelische Kirchenverantwortliche anschlossen – und kirchliche Verbände oder Initiativen eindeutig Stellung bezogen. Trotz der geschwundenen gesellschaftspolitischen Relevanz der Kirchen hat das eine Kraft, denn nach wie vor haben sie um die 40 Millionen Mitglieder.
Dass ausgerechnet den katholischen Bischöfen eine Vorreiterrolle beim Schutz der Demokratie zukommt, mag irritieren. Fremdelt die katholische Kirche nicht selbst mit Demokratie in ihren Reihen? Auch deswegen schlägt den Bischöfen Häme entgegen. Und der Vorwurf, sie hätten sich nicht in die Politik einzumischen, wie es einst Pfarrer von der Kanzel taten. Allerdings erheben die Bischöfe heute vor einem anderen Hintergrund ihre Stimme: Der Rechtspopulismus greift gefährlich um sich, der Parlamentarismus wird von innen heraus attackiert.
Parteipolitisch argumentieren sie gleichwohl nicht, ihr Argument ist die „Gottebenbildlichkeit aller Menschen“und damit deren Gleichwertigkeit. Diese sprechen völkische Nationalisten, Rechtsextreme oder Rassisten vielen Menschen ab. Den Bischöfen geht es also nicht um einzelne Positionen, die sie nicht teilen; es geht ihnen um Fundamentales. Um die Menschenwürde. Vollends überzeugen wird ihr Beschluss jedoch erst, wenn er auch in die Kirche hinein wirkt. Was etwa bedeutet eine Mitgliedschaft in der AfD oder ein Amt in ihr für ein kirchliches Engagement? Noch fehlt es an gemeinsamen konkreten Antworten. Und noch verschwimmen die Grenzen zwischen erzkonservativen Katholiken oder Gruppierungen und Rechtsaußen-Positionen teils zu stark. An den Rändern gibt es thematische Überschneidungen wie beim „Lebensschutz“und gemeinsame Feindbilder. Was es häufig nicht gibt, ist eine unmissverständliche Abgrenzung. Als der Bischof von Regensburg 2023 beim „Marsch für das Leben“von Abtreibungsgegnern mitlief, zeigte jemand in seiner Nähe einen Rassisten-Gruß, fotografiert von einer Journalistin. Der Bischof weiß, dass die Veranstaltung seit Jahren insbesondere von der AfD instrumentalisiert wird. In einer ersten Reaktion kündigte er an, gegen das Foto vorgehen zu wollen.
Es geht hier um Fundamentales: die Menschenwürde.