So unterschiedlich sind die Steuersätze
Für ein Grundstück oder Gewerbe fallen in den Orten in der Region verschiedene Hebesätze an. Daran wird auch die Grundsteuerreform nichts ändern.
Region Am 31. Januar läuft eine wichtige Frist zur Grundsteuerreform ab: Bis zu diesem Stichtag sollen alle Eigentümerinnen und Eigentümer ihre neue Grundsteuererklärung beim Finanzamt eingereicht haben. Momentan fallen im Landkreis Neu-Ulm und in Teilen des Unterallgäus sehr unterschiedliche Werte für Grund- und Gewerbesteuer an. Daran wird sich voraussichtlich durch die Neuberechnung nichts ändern. Die Reform ist nicht nur für zahlreiche Immobilienbesitzerinnen und Immobilienbesitzer ein großes Ärgernis.
6,5 Millionen Grundstücke und Eigentumswohnungen müssen in Bayern für die Steuerberechnung neu erfasst werden. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzämter mit dem Sichten und Auswerten der Daten, die entweder elektronisch oder in Briefform bei ihnen eingehen, einige Monate beschäftigt sein werden. Wenige Tage vor Ende der Frist wurden immer noch sehr viele Grundsteuererklärungen nicht in den Finanzämtern eingereicht. Der immense Verwaltungsaufwand für die Steuerreform lohnt sich offenbar, handelt es sich doch um eine wichtige Einnahmequelle des Freistaats. Nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Steuern verdient der Freistaat jedes Jahr 1,9 Milliarden Euro über die Grundsteuer.
Mit der eingereichten Grundsteuererklärung ist der erste Schritt zur neuen Grundsteuer getan. Für die Grundsteuer B beispielsweise kann aus Grundstücksfläche und Wohnfläche der Grundsteuermessbetrag ermittelt werden. In Bayern wird der Grundsteuermessbetrag also wertunabhängig errechnet. Die meisten anderen Bundesländer beziehen sogenannte Bodenrichtwerte mit in die Berechnung ein. Das ist ein Faktor, der widerspiegeln soll, wie viel ein Quadratmeter Grund in Abhängigkeit von dem Standort wert ist.
Der deutsche Staat unterscheidet zwischen Grundsteuer A für landwirtschaftlich genutzte Flächen
und Grundsteuer B für baulich genutzte Objekte. Grundsteuer B fällt dabei für bebaute wie unbebaute Grundstücke an – also für alle privaten Grundstücke, die nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Für beide Grundsteuerarten sowie die Gewerbesteuer legt die Kommune, in der das Grundstück oder die Immobilie liegt, einen Faktor fest, mit dem der Grundsteuermessbetrag multipliziert wird. Das ist der sogenannte Hebesatz. Die Hebesätze werden in regelmäßigen Abständen von den Kommunen angepasst. Es kann deswegen gut sein, dass sich der Hebesatz für ein bestimmtes Grundstück noch einmal ändert, bis die neue Grundsteuerregelung 2025 in Kraft tritt.
Unsere Grafik zeigt, dass die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer im Landkreis Neu-Ulm und in Teilen des Unterallgäus sehr unterschiedlich sind. So fällt zum Beispiel für ein unbebautes oder bebautes Grundstück in Bellenberg ein Hebesatz von 400 Prozent an, im benachbarten Vöhringen werden Grundstücke nur mit einem Hebesatz von 325% verrechnet. Die höchsten Gewerbesteuern der Region bezahlen Gewerbetreibende in Senden mit einem Hebesatz von 380 Prozent. Mit einem Hebesatz von 275 Prozent ist die Kommune Oberschönegg in der Region die mit der geringsten Gewerbesteuer. Die Zahlen, die für unsere Grafik verwendet wurden, kommen vom Statistischen Bundesamt und beziehen sich auf das Jahr 2021. In der Region haben seitdem einige Kommunen angekündigt, die Hebesätze vor Inkrafttreten der Reform 2025 anzupassen. So hat zum Beispiel die Gemeinde Oberroth die kommunalen Hebesätze für beide Grundsteuern und die Gewerbesteuer bereits zum Jahr 2023 erhöht.
Da im bayerischen Flächenmodell die Lage des Grundstücks nicht direkt in die Berechnung der Grundsteuer einfließt, ist die Steuer zwar im Vergleich zu anderen Bundesländern leichter zu berechnen, fällt aber tendenziell zum Nachteil für ländliche Regionen aus. Der Neu-Ulmer Steuerberater Manfred Hezler kritisiert diese pauschale Berechnung von Grundstücksund Wohnflächen. Sein Argument: Es spiele keine Rolle, ob sich das Grundstück im Bayerischen Wald oder in der Münchner Innenstadt befinde. Wie viele andere Expertinnen und Experten auch empfiehlt er seinen Mandantinnen und Mandanten daher, eventuell Einspruch einzulegen und das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Auch beim Einspruch gibt es wieder eine wichtige Frist: Eigentümerinnen und Eigentümer haben dafür nach Erhalt des Bescheids des Finanzamtes nur einen Monat Zeit. Danach wird der Bescheid rechtskräftig und der durch das Finanzamt ermittelte Wert muss bezahlt werden.