Neues Duo für Deutschland
Harold Kreis stellt sich als neuer Bundestrainer vor und wehrt sich gegen sein Image als Defensivstratege. Sein neuer Assistent ist der Kaufbeurer Alexander Sulzer.
München Der Mann weiß, wie der Puck im Eishockey läuft. Harold Kreis spielte als Verteidiger im Klub und in der Nationalmannschaft (187 Einsätze). Als Trainer arbeitete er in Mannheim und Düsseldorf, führte in der Schweiz Zürich und Lugano jeweils zu Meistertiteln und betreut aktuell in der Deutschen Eishockey Liga die Schwenninger Wild Wings. Im Herbst seiner langen Karriere stellt er sich ein neuer Aufgabe als Bundestrainer. „Es ist für mich eine Riesenfreude und Ehre, die ich mit sehr viel Ehrgeiz, Respekt und Demut angehen werde. Ich bin sehr dankbar für diese Nominierung“, sagte der Nachfolger von Toni Söderholm am Montagnachmittag im ersten Stock eines Münchner Hotels.
Der Finne hatte nach dem Deutschland-Cup im vergangenen November überraschend ein Angebot des SC Bern angenommen und dem Deutschen Eishockey Bund (DEB) eine drei Monate währende Personalsuche beschert. Längst geht es darum, die unter Marco Sturm erzeugte Aufbruchstimmung mit der olympischen Silbermedaille von Pyeongchang 2018 und die gute Arbeit des Vorgängers Söderholm fortzusetzen. „Harold Kreis ist charakterlich und moralisch unantastbar. Uns war es ganz wichtig, so einen Mann für uns zu bekommen“, sagte DEB-Vizepräsident Andreas Niederberger. Zugleich formulierte der frühere Verteidiger die Erwartungen des Verbandes. Bei der WM vom 12. bis 28. Mai in Finnland und Lettland sollte es schon wieder „das Viertelfinale und die direkte OlympiaQualifikation“sein. Bei den Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzzo soll die deutsche Nationalmannschaft wieder im Konzert der Großen mitspielen. Zu süß schmeckte der Erfolg in Korea.
Kreis vernahm die Vorgaben seines ehemaligen VerteidigerKollegen in der Nationalmannschaft regungslos. „Wir haben die Ziele von Verbandsseite zur Kenntnis genommen“, sagte er auf dem Podium zwei Plätze neben Niederberger. Das „Wir“bezog sich auf ein neues Duo. Während der DEB in der jüngsten Vergangenheit die Assistenten nur für einzelne Turniere oder Lehrgänge engagierte, soll auf dieser Position mehr Kontinuität einkehren. Alexander Sulzer wird fix der erste Assistent von Kreis. „Als ich beim DeutschlandCup schon reinschnuppern durfte, war ich Feuer und Flamme. Mit so einem erfahrenen Trainer wie Harold Kreis zusammenarbeiten zu dürfen, ist eine Ehre“, sagte der gebürtige Kaufbeurer.
Für den ehemaligen Verteidiger, der auch in der National Hockey League für Nashville, Buffalo und Vancouver insgesamt 131 Partien absolvierte, ist es der nächste Karriereschritt. Der 38-Jährige wird allerdings als Co-Trainer der Fishtown Pinguins Bremerhaven an der Seite von Thomas Popiesch weiterhin in der Liga arbeiten. Harold Kreis dagegen wird nach dieser Saison seine Stelle als Chefcoach in Schwenningen aufgeben.
In der Liga hat der 64-Jährige den Stempel aufgedrückt bekommen, dass er in der Abwehr Beton anrührt. Dagegen wehrte sich Kreis bei der Frage nach seiner Eishockey-Philosophie:
„Meine Mannschaften haben eine gute defensive Struktur, aber wir sind eine Mannschaft, die das Spiel sucht, die dem Gegner nicht nur zuschaut.“
Was er hasst, sei Unpünktlichkeit. „Ich mag es nicht, wenn Spieler meine Zeit verschwenden, und ich werde nicht ihre Zeit verschwenden“, sagte Kreis in München. „Ich komme schnell zur Sache“, beschrieb er seine durchaus zupackende Art. Als „zielstrebig, geduldig, ausgeglichen“beschrieb er seinen Charakter.
Für Freizeit bleibt in der nächsten Wochen wenig Raum. Erst versucht Kreis mit Schwenningen in die Play-offs zu kommen. Parallel zur K.-o.-Phase beginnt die Vorbereitung für die Nationalspieler auf das WM-Turnier.
Wenn er Ruhe findet, schätzt Kreis das Zeitunglesen. „Ich lese gerne und und viel. Ein entspannter Nachmittag ist für mich, wenn ich vier bis fünf Zeitungen durchblättern kann und mich über Politik oder Wirtschaft informiere.“Den Sportteil, so erzählte der neue Eishockey-Bundestrainer, lässt er eher weg.
Die Fußballer: trotz Fan-Boykotts omnipräsent! Diskussionen um Menschenrechte, Alkoholverbote, Regenbogen- oder One Love-Binde, Freie Meinungsäußerung, Political Correctness. Erst wollte niemand die Spiele der DFB-Elf anschauen, dann haben doch alle das enttäuschende Aus nach der Gruppenphase gesehen. Höchste Aufmerksamkeit also für magere sportliche Kost.
Anders die Handballer: mitreißend! Eine Truppe, die sich auf dem WM-Parkett zwar immer erst die Gunst des Publikums erarbeiten muss, was ihnen aber dank öffentlich-rechtlicher Medienpräsenz perfekt gelingt. Zumal das Team bodenständig bleibt und Begeisterung entfacht. Der Sport steht im Mittelpunkt, mit Wohlwollen hat die Nation WM-Platz fünf zur Kenntnis genommen.
Und die Hockeyspieler? Hat eigentlich jemand mitbekommen, dass in Indien eine WM stattgefunden hat? Medial ist Hockey ohnehin kein Primetime-Produkt, dazu die Zeitverschiebung. Eine WM fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bis am Sonntagabend die Meldung eintrudelte: Deutschland ist Hockey-Weltmeister! Still und leise haben die deutschen Hockeyspieler geschafft, woran die gehypten Kollegen gescheitert sind.
Im Fußball bekämen sie Legenden-Status für die Ewigkeit. Im Hockey? Da wären sie schon happy, wenn bei der EM Ende August in Mönchengladbach die Hallen ausverkauft sind.