Mit ihm rechnet niemand mehr
Tischtennis‐Bundesliga Kay Stumper wird wohl nach Düsseldorf wechseln. In Neu-Ulm scheint er bereits in Ungnade gefallen zu sein – aber es gibt ja mehrere Alternativen.
Neu‐Ulm Was ein ambitionierter Trainer von seinen Spielern in der kurzen Weihnachtspause erwartet, das hat Dimitrij Mazunov vom Tischtennis-Bundesligisten TTC Neu-Ulm selbst vorgelebt: „Schön gegessen und die Zeit mit der Familie genossen“habe er zwar auch. Aber eben nicht nur. Laufen an der frischen Luft sei überdies angesagt gewesen, zudem hat der Trainer viel nachgedacht und intensive Gespräche mit seinem Klubchef Florian Ebner geführt. Denn beide denken schon über das Saisonende hinaus.
„Was können wir optimieren, wer will bleiben, wer nicht?“, nennt Mazunov als aktuelle Fragen, die sich alle Jahre wieder um diese Zeit stellen. „Die Spieler wollen wissen, wie sie dran sind“, sagt der 50-jährige Russe, jeder könne Ende Juni den Verein wechseln. Kay Stumper hat das bereits angekündigt, bislang allerdings nur über die Medien. „Dabei bleibt es“, bestätigte er jetzt auf Nachfrage unserer Redaktion. Das Ziel seiner Neuorientierung soll in absehbarer Zeit bekannt gegeben werden. Borussia Düsseldorf wäre keine Überraschung.
Für beide Spiele gegen den Rekordmeister, in der Liga wie im Pokal, hatte sich das Nachwuchstalent kurzfristig krank gemeldet. Dies und seine frühe Wechselbotschaft hat man beim TTC nicht eben wohlwollend registriert, bei allem Verständnis für seinen Umzug im Herbst an den Rhein. Den hatte Stumper seinerzeit mit dem Anschluss an die Düsseldorfer Trainingsgruppe begründet.
„Probleme im zwischenmenschlichen Bereich“werden jedenfalls von Vereinsseite nicht dementiert. Zur Ursache der atmosphärischen Störungen gibt es nur Mutmaßungen. „Von acht Spielen in der Bundesliga und in der Champions League habe ich sieben gewonnen. An meiner Leistung kann es also nicht liegen“, stellt der U19-Europameister fest. Tatsache ist, dass Mazunov seit Wochen auf Stumper verzichtet. Der gibt sich skeptisch: „Ich weiß nicht, ob sich an dieser Situation noch etwas ändern wird.“Aber Stumper versichert: „Ich würde gerne spielen, ich bin fit und dazu bereit.“Weihnachten hat er bei seiner Familie in Singen am Bodensee verbracht, den Jahreswechsel will er in Düsseldorf feiern.
„Wenn wir ihn brauchen, wird er auch spielen“, kommentiert Dimitrij Mazunov die unbefriedigende Situation. Er hat im Kader allerdings Alternativen, vor allem in der Generation von Stumper. Routinier und Führungsspieler Tiago Apolonia, rund 15 Jahre älter als seine vier Kollegen, ist ohnehin gesetzt. „Er spielt auch heuer wieder eine gute Saison“, lobt der Trainer die 10:2-Vorrundenbilanz des Portugiesen. Noch wichtiger als seine Punkte sei freilich seine Vorbildfunktion für die jungen Spieler, seine Einstellung vor allem: „Mit einem schlechten Gefühl an die Platte zu gehen und dennoch gewinnen, das können sie von ihm lernen.“Nicht zu vergessen: „Die kleinen Tricks, die Psychologie in kritischen Situationen.“
Fortschritte sind Mazunov zufolge unverkennbar. Natürlich sei das Team nach dem Weggang von Emmanuel Lebesson nicht so gefestigt wie in der Saison zuvor, weiß der Trainer: „Aber die Jungs haben Qualität und werden ständig besser.“Beispielsweise Ioannis Sgouropoulos, der im Sommer bekanntlich 15 Kilos abgespeckt hat. Mit zunächst nicht nur positiven Folgen. „Er musste sein Spiel erheblich umstellen, hat jetzt aber ganz andere Möglichkeiten“, beschreibt der Trainer den Neustart des Griechen in der Liga, kennt freilich auch dessen Defizite: „Mental müssen wir noch viel verbessern.“
Sehr hilfreich sei hier schon bislang die Zusammenarbeit mit dem Sportpsychologen Walter Wölfle gewesen, die fortgesetzt werden soll. Profitieren könnte davon auch Vladimir Sidorenko. Während Lev Katsman, Stumper und Sgouropoulos abseits der Liga mit Titelgewinnen bei hochkarätigen internationalen Meisterschaften auf sich aufmerksam machten, geriet der Sonnyboy des Vorjahres in eine stramme Formkrise und saß deshalb zuletzt drei Mal auf der Bank. „Ob sein Tief schon vorbei ist, kann ich nicht hundertprozentig beurteilen“, sagt sein Trainer und Ziehvater Mazunov. Aber er kennt die höchst unterschiedlichen Gründe und glaubt an die Rückkehr des 19-Jährigen zum gewohnten Niveau. Ein Sidorenko in Bestform könnte dem Team durchaus helfen, ungeachtet respektabler Bilanzen seiner jungen Kollegen.
Platz sechs für den TTC NeuUlm in der Halbzeittabelle der Tischtennis-Bundesliga spricht für sich. „Wir haben ein stabiles Polster nach unten und nach oben noch Chancen“, formuliert der Trainer die Perspektive für die Rückrunde. Allein im Januar beschert der Spielplan seinem Team vier Partien, drei davon auswärts. „Ein brutaler Monat“, sagt Mazunov auch mit Blick auf die zwischendurch anstehenden Viertelfinalspiele in der ChampionsLeague.
Vereinschef Florian Ebner ist vom Nutzen des internationalen Wettbewerbs überzeugt: „Der hat unseren Jungs sichtlich gut getan.“Losgelöst vom Vergleich im Viertelfinale mit Russlands Vizemeister Jekaterinburg sei die Champions-League für seine Mannschaft schon jetzt „die Kür in dieser Saison“.