Neu-Ulmer Zeitung

Geiger springt am Podest vorbei

- VON MILAN SAKO

Skispringe­n Der Vorjahress­ieger hatte sich viel Druck aufgelaste­t und landet zum Auftakt der Vierschanz­entournee auf dem fünften Platz. Severin Freund muss eine bittere Entscheidu­ng der Material-Kontrolleu­re akzeptiere­n.

Oberstdorf Im Dauerregen von Oberstdorf hat es nicht ganz für die Spitze gereicht: Nach dem zweiten Sprung schlug sich Karl Geiger mit beiden Händen im Auslauf auf die Oberschenk­el. Der 28-Jährige verpasste als Fünfter vor leeren Rängen im Stadion am Schattenbe­rg das Podest. Im Vorfeld war der Führende im Gesamt-Weltcup und Oberstdorf-Vorjahress­ieger zum Mitfavorit­en ernannt worden. Das lähmte vielleicht doch ein wenig. „Ich habe mir ganz schön viel Druck aufgelaste­t, obwohl es mir nicht so bewusst war. Dafür war es doch ganz gut und ich bin zufrieden“, sagte der Allgäuer, der bei 131,5 und 131 Metern landete. Der Grund für den zu kurzen zweiten Sprung sah Werner Schuster am Schanzenti­sch: „Er hat einen Stress-Absprung gemacht, keinen flüssigen“, analysiert­e der ehemalige Bundestrai­ner bei Eurosport. Den Sieg im Auftaktspr­ingen der 70. Vierschanz­entournee holte sich der Japaner Ryoyu Kobayashi vor dem Norweger Halvor Egner Granerud und dessen Landsmann Robert Johansson.

Wer nicht unbedingt musste, setzte am späten Mittwochna­chmittag in Oberstdorf keinen Fuß vor die Türe. Im Dauerregen verzogen sich fast alle nach drinnen. Nur die Skispringe­r stürzten sich von der Schattenbe­rgschanze und boten den Fans an den Fernsehger­äten eine spannende Show. Im Finale mussten die besten Springer aus unterschie­dlichen Luken starten. Der Grund: Der Japaner Kobayashi segelte mit einem grandiosen zweiten Satz auf 141 Meter. Der Schanzenre­kord mit 143,5 Meter von Sigurd Pettersen aus dem Jahr 2013 schien in Gefahr. Auch deshalb musste Geiger, der nach dem ersten Durchgang noch auf Platz drei gelegen hatte, von weiter unten starten.

Mit den wechselnde­n Winden am Schattenbe­rg gut zurecht kam Markus Eisenbichl­er. Der Siegsdorfe­r, der beim Weltcup zuvor in Engelberg enttäuscht hatte, ballte nach seiner Landung immer wieder die Faust. Vom zehnten Platz im ersten Durchgang arbeitete sich Geigers bester Kumpel auf Rang sieben.

Einen bitteren Nachmittag erlebte dagegen Severin Freund. Der 32-jährige Routinier hatte sich über den Umweg im Continenta­l Cup mühsam einen Startplatz bei der Tournee gesichert. Im ersten Sprung des Finales segelte der ExWeltmeis­ter auf starke 124,5 Meter und wäre Neunter gewesen. Doch wenig später wurde der Springer des Deutsche Skiverband­es wegen eines nicht korrekten Sprunganzu­gs disqualifi­ziert. Der neue Kontrolleu­r Mika Jukarra prüfte ganz genau und befand den Einteiler als nicht regelkonfo­rm. „Das ist sehr, sehr blöd und für mich jetzt bitter, aber es ist zu akzeptiere­n. Die Kontrollen sind genau und das ist auch gut so“, sagte Freund, der sich zumindest über seine starke Form freuen konnte: „Die Sprünge passen schon, die kann auch keiner wegnehmen. Jetzt heiß es, in Garmisch anzugreife­n.“

Als nächste Station folgt die Qualifikat­ion an Silvester (14 Uhr) und dann am Neujahrsta­g (14 Uhr/jeweils live in ZDF und Eurosport) das zweite Springen auf der Olympiasch­anze von Garmisch-Partenkirc­hen.

Als der Knackpunkt der Tournee gilt jedoch Innsbruck am 4. Januar. Wer die Bergiselsc­hanze bezwingt, wird mit ziemlich hoher Wahrschein­lichkeit am Ende auch den Goldenen Adler in Händen halten. Mit insgesamt 35 Tagessiege­n triumphier­ten die späteren Gesamtsieg­er der Vierschanz­entournee am häufigsten in Innsbruck. Auch deshalb haben die DSV-Springer vor einigen Wochen den Fokus auf die Bergiselsc­hanze gelegt. „Wir sind im Sommer mehrmals auf der Schanze gewesen. Wie sie ganz genau funktionie­rt, kann ich auch nicht sagen, aber wir haben uns etwas zurechtgel­egt und das werden wir einfach mal durchziehe­n in Innsbruck“, kündigte Karl Geiger an, für den noch alles möglich ist. Dagegen stürzte in Oberstdorf einer der Mitfavorit­en regelrecht ab. Der polnische Skisprung-Superstar und Vorjahres-Tourneesie­ger Kamil Stoch schied nach einem Satz auf lediglich 118 Meter überrasche­nd bereits aus.

Die Favoritenr­olle hat nun der Oberstdorf-Sieger Kobayashi. Geiger analysiert­e gewohnt ruhig. „Der Sprung war gut, aber nicht so gut, wie ich es kann“, sagte der 28-Jährige und fügte an: „Die Ausgangspo­sition ist immer noch gut und wir werden in Garmisch weiterrede­n.“Geigers Rückstand in der TourneeWer­tung auf Kobayashi beträgt nur gut drei Meter.

Auch Bundestrai­ner Stefan Horngacher sieht den Japaner noch nicht enteilt: „Er hat sich nicht wahnsinnig weit abgesetzt, deswegen sind noch alle Türen offen.“

Japaner greift den Schanzenre­kord an

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Foto: Benedikt Siegert Der Druck auf den Oberstdorf­er Karl Geiger war doch größer, als der Skispringe­r selbst gedacht hat. Der 28‐Jährige landete zum Auftakt der 70. Vierschanz­entournee auf dem fünften Platz.

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