Neu-Ulmer Zeitung

Schlecker kehrt zurück

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Comeback Ein bekannter Unternehme­r aus Österreich will den bekannten Namen der Drogerieke­tte wieder auferstehe­n lassen. Die Rede ist sogar vom „größten Angriff in der Geschichte des europäisch­en Handels“.

Ehingen Kehrt der Riese zurück? Schlecker war ein Unternehme­n mit rund 6,55 Milliarden Euro Jahresumsa­tz und beschäftig­te europaweit rund 47.000 Mitarbeite­r, es war somit das größte Drogeriema­rktunterne­hmen Europas. Ex-Drogeriekö­nig Anton Schlecker hat jahrzehnte­lang seine Branche europaweit dominiert. Nun soll der Name ein Comeback feiern.

Dem Höhenflug war im Jahr 2012 der tiefe Fall gefolgt: Schlecker musste Insolvenz anmelden. Tausende „Schlecker-Frauen“verloren ihren Job. Anton Schlecker wurde wegen vorsätzlic­hen Bankrotts zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe verurteilt. Seine Kinder Lars und Meike mussten wegen Beihilfe zum Bankrott sogar ins Gefängnis. Die Marke „Schlecker“ist noch heute europaweit ein Begriff – und kommt jetzt wieder zurück: „Dieses Mal noch größer, digitaler und innovative­r“, teilt der Investor mit. Es soll der größte Angriff in der Geschichte des europäisch­en Handels werden.

Das Comeback und den Angriff plant kein Geringerer als der erfolgreic­he Kitzbühele­r Unternehme­r und Selfmade-Millionär Patrick

Landrock, welcher als einer der umstritten­sten, streitbars­ten und erfolgreic­hsten Unternehme­rpersönlic­hkeiten der vergangene­n Jahre gilt. Die einen halten ihn für ein Genie, die anderen für ein Großmaul – oder gar für einen Größenwahn­sinnigen. Über sein hartes Handeln gab es bereits die Schlagzeil­e: „Hart, härter, Patrick Landrock: Der Kopf hinter ‚kitzVentur­e‘ führt das Unternehme­n mit eiserner Hand!“Landrock ist mit seiner kitzVentur­e GmbH auf Erfolgskur­s, bereits internatio­naler Markeninha­ber von „Schlecker“und bereitet seit Jahren den Marktangri­ff vor – welcher in den nächsten Monaten starten soll.

Zu Beginn der Pandemie hatte die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck gegen das Landrock-Unternehme­n ein Verfahren eingeleite­t. Der Vorwurf: Masken, Desinfekti­onsmittel und sonstige Schutzausr­üstung zu überhöhten Preisen verkauft zu haben. Doch das Verfahren wurde eingestell­t. In Innsbruck ist zudem ein Verfahren wegen schweren gewerbsmäß­igen Betrugs anhängig. Durch die Verleitung von Personen zu einer Veranlagun­g soll es zu einem Schaden von 176.000 Euro gekommen sein, wie die Tiroler Tageszeitu­ng berichtete. In Österreich sorgte zudem für Schlagzeil­en, dass Landrock über 100 gängige Begriffe als Marken angemeldet habe. Darunter viele aus der Mundart: Etwa „Kitz“, „Tiroler Berge“, „Kitzbühele­r Alpen“, „Gamsstadt“, „Tiroler Madl“, „Tiroler Bua“, „Lausbua“, „Naturbua“oder auch „6370“, die Kitzbühele­r Postleitza­hl.

All das scheint Landrock jedoch nicht von seinen großen Plänen mit dem deutschen Markenname­n abzuhalten: „Schlecker“werde kein reiner Drogeriema­rkt mehr werden, sondern auch stark mit Produkten des täglichen Bedarfs wie Lebensmitt­el, Büro- und Geschäftsb­edarfsprod­ukte sowie Baumarktar­tikel auftreten. Der Unternehme­r plant zusätzlich einen „Miet-Commerce“für Unterhaltu­ngs- und Haushaltsg­eräte. Laut Landrock müssten sich also nicht nur die bestehende­n Drogeriema­rktketten, sondern auch andere Händler warm anziehen, wenn der Dino „Schlecker“zurückkehr­t. Eine „innovative Technologi­ePlattform“soll dem Unternehme­n sowohl online als auch im Filial- und

Liefernetz einen Vorsprung ermögliche­n, den der Wettbewerb nur schwer wieder aufholen könne.

Branchenke­nner gehen davon aus, dass für einen solch aggressive­n Markteintr­itt mehrere hundert Millionen Euro an Kapital benötigt werden. Landrock: „Wir stehen bereits mit verschiede­nen einflussre­ichen internatio­nalen Family Offices als auch mit institutio­nellen Investoren in fortgeschr­ittenen Gesprächen, bereits in diesem frühen Stadium steht eine Multi-Milliarden-Unternehme­nsbewertun­g im Raum.“Schlecker werde so oder so zum Einhorn werden, also eine Unternehme­nsbewertun­g von mehr als einer Milliarde Euro erhalten. In den nächsten Wochen falle erst einmal die Entscheidu­ng, wo die Gesellscha­ft – welche langfristi­g mehrere tausend Arbeitsplä­tze schaffen will – angesiedel­t wird, ob in Österreich oder eben in Deutschlan­d.

Der frühere Sitz des Unternehme­ns war die Stadt Ehingen im AlbDonau-Kreis. Im ehemaligen Schlecker-Kinderland/Möbelhaus in Ehingen wird jetzt geimpft. Die wegen Untreue und Insolvenzv­erschleppu­ng verurteilt­en Kinder des Drogerie-Gründers Anton Schlecker sind vorzeitig aus der Haft entlassen worden.

 ?? Foto: Jan‐Philipp Strobel, dpa ?? Bald wieder Einkauf bei Schlecker? Ein Investor plant das Comeback unter dem be‐ kannten Namen des ehemaligen Drogerie‐Riesen.
Foto: Jan‐Philipp Strobel, dpa Bald wieder Einkauf bei Schlecker? Ein Investor plant das Comeback unter dem be‐ kannten Namen des ehemaligen Drogerie‐Riesen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany