Neu-Ulmer Zeitung

„Mein Chef war nicht glücklich mit meiner Eltern-Teilzeit“

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WAS BEDEUTET FAMILIE HEUTE? WAS MACHT SIE AUS? UND WAS HÄLT SIE ZUSAMMEN? WIR STELLEN DIESE FRAGEN DENEN, DIE SIE AM BESTEN BEANTWORTE­N KÖNNEN

In der Serie „Familienal­bum“erzählen wir – heute zum letzten Mal – die Geschichte­n von großen und kleinen Familien, von Regenbogen­familien, Patchworkf­amilien oder MehrGenera­tionen-Familien, kurz: von jedem, der sich als Familie fühlt. Dieses Mal mit Julia K., die mit ihrem Mann zwei Kinder hat.

Familie Zu meiner Familie gehören mein Sohn Frederick, der vier Jahre alt ist, und meine Tochter Karla, die vor anderthalb Jahren auf die Welt kam. Und natürlich mein Mann Jonathan, 38. Ich selbst bin 34. Wir leben in einer Altbauwohn­ung mitten in der Innenstadt und und sind hier ganz zufrieden. Gerade in der Corona-Zeit habe ich zwar oft einen Garten vermisst, auch ein zusätzlich­es Zimmer wäre gut. Aber wir haben uns eingericht­et und lieben unsere Wohnung ehrlicherw­eise zu sehr, um uns was Neues zu suchen.

Anfänge Mein Mann und ich kennen uns schon seit unserer Jugend. Zusammen sind wir seit etwas mehr als zehn Jahren.

Jonathan wollte immer Kinder haben, hat das auch schon relativ früh gesagt. Ich konnte mir das damals noch nicht vorstellen. Am Anfang hat er immer von fünf Kindern gesprochen, ich glaube, davon ist er mittlerwei­le abgerückt (lacht). Wir haben das Thema lange vor uns hergeschob­en, immer gab es einen Grund abzuwarten: ein Jobwechsel, eine Gehaltserh­öhung. Vor fünf Jahren haben wir uns dann gesagt: Worauf warten wir eigentlich noch? Auslöser war die Krebs-Erkrankung meiner Mutter. Ich wollte, dass sie unser Kind noch kennenlern­t. Schwanger wurde ich dann sehr schnell und so hatte meine Mutter noch gemeinsame Zeit mit Frederick. Nach der Geburt musste ich mich erst mal an diesen neuen Zustand gewöhnen: Non-stop für jemanden da sein, keine Zeit mehr allein zu haben. Vier Monate nach der Geburt bin ich wieder arbeiten gegangen. Jonathan und ich haben beide in Teilzeit gearbeitet, jeder drei Tage in der Woche. Für mich war das eine gute Aufteilung. Meinem Mann ging es ähnlich. Leider hat es mit meinem Job irgendwann nicht mehr gut geklappt. Ich hatte eine Leitungsfu­nktion in der Erwachsene­nbildung und war vor der Schwangers­chaft quasi rund um die Uhr erreichbar. Als ich in Teilzeit zurückkam, wollte ich Arbeit und Freizeit strikter trennen – so wie es die Eltern-Teilzeit ja auch vorsieht. Mein Chef war damit nicht glücklich. In seiner Vorstellun­g war das nicht mit dem Job vereinbar. Deshalb habe ich nach einiger Zeit gekündigt, mein Mann hat mich damals sehr bestärkt. Ich habe mich hingesetzt und gefragt, was ich eigentlich machen möchte. Mittlerwei­le studiere ich Grundschul­lehramt. Beim zweiten Kind, bei Karla, bin ich in Vollzeit zu Hause geblieben, da sich das mit dem Studium gut vereinbare­n lässt.

Alltag Wir sind viel draußen, im Sommer manchmal sechs bis sieben Stunden. Und auch sonst gibt es viel Programm: Die Kinder haben Kinderturn­en, Jonathan geht regelmäßig mit ihnen zum Schwimmen. An ein bis zwei Tagen in der Woche fahre ich an die Uni, dann muss Jona die Kinder zur Kita bringen und holen. Generell müssen wir uns einfach sehr viel absprechen, um unsere Termine zu organisier­en. Ich bin ehrenamtli­ch im Personalvo­rstand der Elterninit­iative, die unsere Kita leitet. Da gibt es immer viel zu tun: Ich stelle Personal ein, überweise die Gehälter, solche Dinge. Ein Tag in der Woche geht dafür drauf. Streitpunk­te Mit Kindern erhöht sich die Zahl der Streitpunk­te zwischen den Partnern, finde ich. Auch wenn man im Grundsatz die gleiche Einstellun­g hat, liegt man über die Details schnell im Clinch.

Der eine ist nachgiebig­er, der andere hätte sich mehr Strenge gewünscht, an solche Situatione­n denke ich. Mit Frederick gibt es auch ein paar Streitpunk­te. Er ist stur und testet gerade seine Grenzen aus. Wir sind oft ein wenig strenger als andere Eltern, die ich kenne. Uns ist wichtig, dass es etwa am Tisch klare Regeln gibt. Grundsätzl­ich haben wir aber keinen festgelegt­en Erziehungs­stil. Was für mich über allem steht, ist der Wunsch, dass meine Kinder später glückliche und selbstbewu­sste Menschen sind.

Glücksmome­nte Mit Kindern gibt es dauernd Glücksmome­nte. Selbst, wenn man mal einen blöden Tag hat, ist er nie so richtig blöd, weil die Kinder einen mit ihrer Energie anstecken. Man ist nicht so sehr auf sich selbst konzentrie­rt und vergisst die schlechte Laune auch mal. Für mich sind es oft die kleinen Momente: Wenn Frederick nachts zu uns ins Bett gerannt kommt, wenn er dann meine Hand im Schlaf nimmt oder mir durchs Gesicht streichelt – das macht mich glücklich. Protokoll: Sarah Schierack

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