Wie Bayerns Wälder geschützt werden
Natur Weltweit sind große Forstgebiete in Gefahr, weil sie vom Menschen zerstört oder von Dürren, Stürmen oder Bränden vernichtet werden. Was Förster und Waldbesitzer alles für die Bäume tun.
Glasgow/Neusäß Die Vereinbarung ist klar: Bis zum Jahr 2030 sollen die Abholzung der Wälder gestoppt und die bestehenden Waldgebiete aufgeforstet werden. So hat es die internationale Staatengemeinschaft Anfang November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow beschlossen. Der Grund: Immer mehr Wälder auf der Welt sind in Gefahr. Entweder weil sie vom Menschen zerstört werden, die dort Plantagen oder Industriegebiete errichten. Oder weil es im Zuge des Klimawandels immer mehr Dürren, Waldbrände, Stürme und Schädlinge gibt. Ist die Situation in Deutschland, speziell in Bayern auch so schlimm?
Axel Heiß kann die Frage beantworten und dieses komplexe Thema vereinfacht auf den Freistaat herunterbrechen. Er ist Behördenleiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Augsburg und kennt die bayerischen Wälder gut. „Dass ganze Landstriche vorsätzlich zerstört, gar mutwillig in Brand gesetzt werden, um Bäume zu roden, betrifft vor allem Länder wie Brasilien, Indonesien oder Russland“, sagt er. „Es ist ein Glück, dass das hier im Freistaat kein Problem ist. Unser Waldgesetz bietet den heimischen Wäldern einen umfassenden Schutz.“
Und trotzdem. Dass es den Wäldern in Bayern im Moment – noch – so gut geht, kommt nicht von ungefähr, ist Heiß überzeugt. „Wir tun viel dafür, um die besten Voraussetzungen zu schaffen und den Wald für alle so gut und so lange wie möglich zu erhalten.“Wenn Behördenleiter Heiß von „wir“spricht, dann meint er in erster Linie die bayerischen Försterinnen und Förster sowie die privaten Waldbesitzerinnen und -besitzer. Sie kümmern sich darum, dass neue Bäume gepflanzt werden, um die Pflege der Bestände, um die Bekämpfung von Schädlingen und die Arbeiten im Wald.
Um all das zu schaffen, ist das Jahr im Wald in gewisser Weise durchgetaktet, für jede Zeit gibt es bestimmte Aufgaben, erzählt Heiß: Im Winter zum Beispiel wird das Holz geerntet, weil die Pflanzen dann in der sogenannten Saftruhe stehen und die Schäden an den Nachbarbäumen damit geringer sind. Im Frühjahr, wenn die Böden auftauen, pflanzen Försterinnen und Waldbesitzer neue Bäume. Und im Sommer und Herbst ist es Zeit, die Bestände zu pflegen.
„Dabei geht es jedoch nicht allein um das Holz und darum, so viel wie
möglich davon zu ernten“, betont Heiß. „Bei der Pflege des Waldes müssen eine ganze Reihe von Dingen miteinander vereinbart wer
den.“So soll der Wald ein Ort sein, in dem die Menschen sich erholen und Sport treiben können. Gleichzeitig benötigen die darin lebenden
Tierarten ausreichend Rückzugsmöglichkeiten. „Auf Biodiversität und Naturschutz legen wir ebenfalls extrem viel Wert“, ergänzt Heiß.
Mit die größte Sorge bereitet den bayerischen Försterinnen und Förstern momentan aber die Frage, wie sich der Klimawandel, die steigenden Temperaturen, Stürme und Starkregen auf den Wald auswirken werden. Wie schlimm es werden könnte, zeigt Heiß an diesem frostig-kalten Vormittag im Neusässer Kobelwald im Landkreis Augsburg. Dort wütete 2013 ein heftiger Sturm, der eine breite Schneise durch die Bäume schlug und zahllose Stämme umwalzte. „Wenn wir uns umsehen, dann schaut das hier wieder aus wie ein Wald“, sagt Heiß und lässt den Blick umherschweifen.
Aber er stellt die Frage: „Wie würde es heute hier aussehen, wenn wir nichts getan und den Wald sich selbst überlassen hätten?“Es habe seine Zeit gedauert, bis alle Schäden beseitigt waren und man wieder damit beginnen konnte, im Kobelwald aufzuforsten, erinnert sich Heiß. „Doch der zuständige Förster konnte den Wald ganz neu gestalten, in
„Der Wald ist ein tolles Ökosystem“
dem er zum Beispiel viele Eichen, Ahorne, Lärchen und Douglasien pflanzen ließ – alles Baumarten, die zukunftsträchtig sind und die hoffentlich mit dem Klimawandel zurechtkommen werden.“
Angesichts solcher Bemühungen und Erfolge ist es für Axel Heiß unverständlich, wenn die Forstwirtschaft an den Pranger gestellt und kritisiert wird. Heiß zählt einige Vorwürfe auf, die er und seine Kolleginnen und Kollegen immer wieder zu hören bekommen. „Die einen sagen zum Beispiel, dass es sich doch immer nur um die Holzernte und ums Geld dreht. Andere fordern, uns Förstern den Wald ganz wegzunehmen und ihn der Wildnis zu überlassen. Das fühlt sich für uns wirklich wie ein Nackenschlag an.“
Auch wenn er inhaltlich solchen Aussagen vehement widerspricht, kann Heiß verstehen, dass Debatten über den Wald dennoch oft sehr heftig geführt werden. „Das ist einfach ein sehr emotionales Thema. Der Wald ist ein tolles Ökosystem, abwechslungsreich, ein wunderbarer Erholungsort. Wenn er verschwindet oder sich das gewohnte Waldbild verändert, dann ist die Betroffenheit verständlicherweise groß.“