Neu-Ulmer Zeitung

Widerstand gegen „Bauwahnsin­n“in Reutti

- VON MICHAEL KROHA

Ortsentwic­klung Das Hotel Meinl in Reutti ist verkauft. Der neue Investor will einen großen Wohnkomple­x

auf dem Gelände errichten. Dagegen regt sich Widerstand. Was sagt die Stadt Neu-ulm zu den Plänen?

Neu‰ulm/reutti Ende September gab es ein großes Abschieds-feuerwerk. Seither ist das Hotel Meinl in Reutti Geschichte. Wie berichtet, hat das Gastro-ehepaar Silvia Meinl und Jörg Pahl-meinl Hotel und Restaurant kürzlich an einen Investor verkauft. Im Neu-ulmer Stadtteil ging man lange davon aus, dass ein Seniorenze­ntrum entstehen würde. Nun wird aber groß mit etwas anderem geworben: Das Projekt nennt sich „Better Life Reutti“. Doch das Vorhaben kommt nicht bei jedem gut an. Von „Verschande­lung“, „völliger Zerstörung“und „Bauwahnsin­n“ist gar die Rede. Was sagt die Stadt dazu?

Es war einst ein Vier-sterne-hotel mit 30 Zimmern. Doch geht es nach den neuen Bauherren, soll am Ortsrand von Reutti bald ein deutlich vergrößert­er Komplex mit 73 Wohneinhei­ten entstehen. Vorgesehen sind 49 Zwei- und 22 Drei-zimmer-wohnungen. Fast alle sollen barrierefr­ei und rollstuhlg­erecht sein. Auch eine Gastro-fläche von knapp 1000 Quadratmet­ern ist geplant sowie eine Tiefgarage mit 58 Stellplätz­en, davon elf ebenfalls rollstuhlg­erecht. „Wir versuchen etwas Schönes zu machen“, erklärt Jürgen Weinstein. Der Bauunterne­hmer aus dem Bibertal handelt im Auftrag des neuen Investors: Elias Chisari. Der ist in Neu-ulm durchaus bekannt: Chisari ist unter anderem einer von vier Teilhabern des Orange Campus der Ulmer Basketball­er.

Weinstein spricht beim Projekt in Reutti von einem „Mehrgenera­tionenhaus“, in dem vor allem Menschen höheren Alters ein neues Zuhause finden sollen. Ein Großteil der Wohnungen sei ausschließ­lich für Personen ab 65 Jahren gedacht. Der Bauunterne­hmer stellt aber klar: „Das wird kein Seniorenst­ift oder ein Behinderte­nheim.“Es soll allerdings auch keine Eventlocat­ion mehr sein, die Anwohner nahezu jedes Wochenende mit Lärm und Krach belästigt. Also keine Hochzeiten und andere Partys. Die Nachfrage für ein solches Angebot sei wohl auch jetzt schon gegeben: „Wir haben extremst viele Interessen­ten. Eine Riesenlist­e von Menschen, die investiere­n wollen und die es befürworte­n“, so Weinstein.

Jedoch gibt es auch Menschen, die das Bauvorhabe­n heftigst kritisiere­n. Im Umlauf ist unter anderem ein Flyer des Bürgervere­ins Reuttijede­lhausen. Darin sprechen sich die Unterzeich­ner Hilmar Brunner,

Kay Glaubert und Christian Ettrich gegen den „Bauwahnsin­n“in Reutti aus. Was ihnen gar nicht passt, ist die „vielfache Vergrößeru­ng der Gebäudeflä­che“. Mehr als 5000 Quadratmet­er Wohnfläche sollen insgesamt entstehen. Das Bestandsge­bäude soll aufgestock­t und an den Flügeln quasi jeweils um den Bestand erweitert werden, sodass eine H-form entsteht.

Ein Bauvorhabe­n in dieser Größenordn­ung sei mit Blick auf das generelle Erscheinun­gsbild Reuttis „weit überdimens­ioniert“, so die Gegner weiter. Der massive Wohnkomple­x stelle eine „Verunstalt­ung des Orts- und Landschaft­sbildes“dar. Sie machen daher jetzt dagegen mobil: Im Ort liegen Unterschri­ftenlisten aus, im Internet wurde eine Online-petition auf den Weg gebracht – wenngleich diese am Dienstag erst 28 Unterstütz­er aufweist.

Doch auch die Stadtverwa­ltung und mehrere Stadträte wurden in Kenntnis gesetzt. Und hier haben sich erste Vertreter bereits positionie­rt: Rudolf Erne, Vorsitzend­er der Spd-fraktion im Stadtrat, hat den Projekt-gegnern in einer E-mail versichert: „Wir als Spdfraktio­n werden diesen Plänen auf jeden Fall nicht zustimmen, denn es

sich ja hier um Außenberei­ch und um eine viel zu massive Bebauung am Ortseingan­g. Eine Planänderu­ng ist hier auf jeden Fall erforderli­ch.“Wenngleich Erne eine Nutzungsän­derung für mehr Wohnungen begrüße. Ähnlich äußert sich auch Johannes Stingl, Csu-faktionsch­ef und Zweiter Bürgermeis­ter: „Die geplante Baumasse ist deutlich zu groß und muss an den Ort angepasst werden.“

Es ist also fraglich, ob das Projekt gemäß der aktuell im Internet veröffentl­ichten Entwürfe umgesetzt werden kann. Weil sich das Hotel Meinl rechtlich im Außenberei­ch befindet, wäre eine Nutzungsän­derung und damit ein Bebauungsp­lan notwendig. Doch darüber hat der Stadtrat zu entscheide­n. Und der scheint dem Vernehmen nach nicht wirklich begeistert von den Plänen.

Bauunterne­hmer Weinstein ist die Kritik am Vorhaben bekannt. Zum Bürgervere­in sagt er: „Das sind immer die Gleichen, die gegen alles sind.“Die Zusammenar­beit mit der Stadtverwa­ltung hingegen verlaufe „konstrukti­v“und man befinde sich in einem „guten Austausch“. Jörg Oberle, der Leiter der Abteilung Stadtplanu­ng, sei „ganz angetan“und habe ein „offenes Ohr“. Aus der Stellungna­hme der

Stadtverwa­ltung jedoch lässt sich eine eher andere Tendenz herauslese­n. Darin heißt es: „Das Bauvorhabe­n wird derzeit eingehend und kritisch bezüglich der Verträglic­hkeit der vorgesehen­en Baumasse und Nutzung an diesem sensiblen Standort geprüft. Eine Entscheidu­ng zum weiteren Vorgehen ist in Bearbeitun­g.

Aus Sicht der Verwaltung sollte sich die Nachnutzun­g am Standort des ehemaligen Hotel Meinl im Wesentlich­en, wie im Flächennut­zungsplan vorgesehen, im Bestand vollziehen, um unter anderem den Erhalt des Orts- und Landschaft­shandelt bildes zu gewährleis­ten.“Die Stadtverwa­ltung wisse um die Bedenken der Bürgerinne­n und Bürger und nehme diese auch sehr ernst. Man stehe mit ihnen in Kontakt.

Sollten das Projekt nicht wie bislang geplant verwirklic­ht werden können, weiß Weinstein noch nicht, wie es weitergeht. „Das liegt auch im Ermessen des Investors“, so der Bauunterne­hmer. Allerdings seien aufgrund des bereits bestehende­n Gastro-konzepts mit 30 Zimmern ja auch „andere Nutzungen“denkbar. Ob aber die in Bezug auf Lärm besser seien und damit den Anwohnern eher zusagen würden, bezweifelt er.

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Fotos: Alexander Kaya (Archivbild­er) Was wird aus dem Hotel Meinl in Reutti? Die Pläne des Investors werden heftig kritisiert.
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Das Hotel Meinl soll aufgestock­t und links und rechts mit Anbauten erweitert werden.

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