Widerstand gegen „Bauwahnsinn“in Reutti
Ortsentwicklung Das Hotel Meinl in Reutti ist verkauft. Der neue Investor will einen großen Wohnkomplex
auf dem Gelände errichten. Dagegen regt sich Widerstand. Was sagt die Stadt Neu-ulm zu den Plänen?
Neuulm/reutti Ende September gab es ein großes Abschieds-feuerwerk. Seither ist das Hotel Meinl in Reutti Geschichte. Wie berichtet, hat das Gastro-ehepaar Silvia Meinl und Jörg Pahl-meinl Hotel und Restaurant kürzlich an einen Investor verkauft. Im Neu-ulmer Stadtteil ging man lange davon aus, dass ein Seniorenzentrum entstehen würde. Nun wird aber groß mit etwas anderem geworben: Das Projekt nennt sich „Better Life Reutti“. Doch das Vorhaben kommt nicht bei jedem gut an. Von „Verschandelung“, „völliger Zerstörung“und „Bauwahnsinn“ist gar die Rede. Was sagt die Stadt dazu?
Es war einst ein Vier-sterne-hotel mit 30 Zimmern. Doch geht es nach den neuen Bauherren, soll am Ortsrand von Reutti bald ein deutlich vergrößerter Komplex mit 73 Wohneinheiten entstehen. Vorgesehen sind 49 Zwei- und 22 Drei-zimmer-wohnungen. Fast alle sollen barrierefrei und rollstuhlgerecht sein. Auch eine Gastro-fläche von knapp 1000 Quadratmetern ist geplant sowie eine Tiefgarage mit 58 Stellplätzen, davon elf ebenfalls rollstuhlgerecht. „Wir versuchen etwas Schönes zu machen“, erklärt Jürgen Weinstein. Der Bauunternehmer aus dem Bibertal handelt im Auftrag des neuen Investors: Elias Chisari. Der ist in Neu-ulm durchaus bekannt: Chisari ist unter anderem einer von vier Teilhabern des Orange Campus der Ulmer Basketballer.
Weinstein spricht beim Projekt in Reutti von einem „Mehrgenerationenhaus“, in dem vor allem Menschen höheren Alters ein neues Zuhause finden sollen. Ein Großteil der Wohnungen sei ausschließlich für Personen ab 65 Jahren gedacht. Der Bauunternehmer stellt aber klar: „Das wird kein Seniorenstift oder ein Behindertenheim.“Es soll allerdings auch keine Eventlocation mehr sein, die Anwohner nahezu jedes Wochenende mit Lärm und Krach belästigt. Also keine Hochzeiten und andere Partys. Die Nachfrage für ein solches Angebot sei wohl auch jetzt schon gegeben: „Wir haben extremst viele Interessenten. Eine Riesenliste von Menschen, die investieren wollen und die es befürworten“, so Weinstein.
Jedoch gibt es auch Menschen, die das Bauvorhaben heftigst kritisieren. Im Umlauf ist unter anderem ein Flyer des Bürgervereins Reuttijedelhausen. Darin sprechen sich die Unterzeichner Hilmar Brunner,
Kay Glaubert und Christian Ettrich gegen den „Bauwahnsinn“in Reutti aus. Was ihnen gar nicht passt, ist die „vielfache Vergrößerung der Gebäudefläche“. Mehr als 5000 Quadratmeter Wohnfläche sollen insgesamt entstehen. Das Bestandsgebäude soll aufgestockt und an den Flügeln quasi jeweils um den Bestand erweitert werden, sodass eine H-form entsteht.
Ein Bauvorhaben in dieser Größenordnung sei mit Blick auf das generelle Erscheinungsbild Reuttis „weit überdimensioniert“, so die Gegner weiter. Der massive Wohnkomplex stelle eine „Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes“dar. Sie machen daher jetzt dagegen mobil: Im Ort liegen Unterschriftenlisten aus, im Internet wurde eine Online-petition auf den Weg gebracht – wenngleich diese am Dienstag erst 28 Unterstützer aufweist.
Doch auch die Stadtverwaltung und mehrere Stadträte wurden in Kenntnis gesetzt. Und hier haben sich erste Vertreter bereits positioniert: Rudolf Erne, Vorsitzender der Spd-fraktion im Stadtrat, hat den Projekt-gegnern in einer E-mail versichert: „Wir als Spdfraktion werden diesen Plänen auf jeden Fall nicht zustimmen, denn es
sich ja hier um Außenbereich und um eine viel zu massive Bebauung am Ortseingang. Eine Planänderung ist hier auf jeden Fall erforderlich.“Wenngleich Erne eine Nutzungsänderung für mehr Wohnungen begrüße. Ähnlich äußert sich auch Johannes Stingl, Csu-faktionschef und Zweiter Bürgermeister: „Die geplante Baumasse ist deutlich zu groß und muss an den Ort angepasst werden.“
Es ist also fraglich, ob das Projekt gemäß der aktuell im Internet veröffentlichten Entwürfe umgesetzt werden kann. Weil sich das Hotel Meinl rechtlich im Außenbereich befindet, wäre eine Nutzungsänderung und damit ein Bebauungsplan notwendig. Doch darüber hat der Stadtrat zu entscheiden. Und der scheint dem Vernehmen nach nicht wirklich begeistert von den Plänen.
Bauunternehmer Weinstein ist die Kritik am Vorhaben bekannt. Zum Bürgerverein sagt er: „Das sind immer die Gleichen, die gegen alles sind.“Die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung hingegen verlaufe „konstruktiv“und man befinde sich in einem „guten Austausch“. Jörg Oberle, der Leiter der Abteilung Stadtplanung, sei „ganz angetan“und habe ein „offenes Ohr“. Aus der Stellungnahme der
Stadtverwaltung jedoch lässt sich eine eher andere Tendenz herauslesen. Darin heißt es: „Das Bauvorhaben wird derzeit eingehend und kritisch bezüglich der Verträglichkeit der vorgesehenen Baumasse und Nutzung an diesem sensiblen Standort geprüft. Eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen ist in Bearbeitung.
Aus Sicht der Verwaltung sollte sich die Nachnutzung am Standort des ehemaligen Hotel Meinl im Wesentlichen, wie im Flächennutzungsplan vorgesehen, im Bestand vollziehen, um unter anderem den Erhalt des Orts- und Landschaftshandelt bildes zu gewährleisten.“Die Stadtverwaltung wisse um die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger und nehme diese auch sehr ernst. Man stehe mit ihnen in Kontakt.
Sollten das Projekt nicht wie bislang geplant verwirklicht werden können, weiß Weinstein noch nicht, wie es weitergeht. „Das liegt auch im Ermessen des Investors“, so der Bauunternehmer. Allerdings seien aufgrund des bereits bestehenden Gastro-konzepts mit 30 Zimmern ja auch „andere Nutzungen“denkbar. Ob aber die in Bezug auf Lärm besser seien und damit den Anwohnern eher zusagen würden, bezweifelt er.