Wie Stadler zur Schadenersatzforderung von VW steht
Justiz Während sich der Strafprozess gegen den früheren Audi-chef derzeit vor allem um technische Fragen dreht und ein Urteil erst Ende nächsten Jahres zu erwarten ist, will Volkswagen Geld von seinem früheren Top-manager. Bisher schwieg der dazu. Nun äußert sich sein Anwalt
München Wenn Rupert Stadler am Dienstag und Mittwoch dieser Woche seine Fahrt von Ingolstadt nach München antritt, wird er die Prozesstage 41 und 42 hinter sich bringen. Es ging dort vor Gericht in den letzten Wochen und Monaten ziemlich technisch zu. Und auch für diese Woche sind sogenannte Scr-koordinatoren und Applikateure geladen. Leute also, die sich vereinfacht gesagt mit Auto-abgasen auskennen. Es geht dabei zum jetzigen Stand der Beweisaufnahme erneut um Fragen, die Stadler und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zwar betreffen, aber eher mittelbar.
Die Tage, wo der 58-Jährige wieder ganz im Mittelpunkt des zuletzt doch arg abgeflachten öffentlichen Interesses des Betrugsprozesses stehen wird, wo es direkt um ihn geht, kommen erst noch. Wann, ist derzeit nicht genau abzusehen, vielleicht im Herbst. So gesehen können die Stunden für den vormaligen Vorstandsvorsitzenden der Audi AG und Ex-vw-konzernvorstand im Hochsicherheitssaal des Landgerichts bei der Justizvollzugsanstalt Stadelheim gerade lang werden.
Deutlich mehr Schlagzeilen als der Strafprozess machte vor ein paar die Meldung, dass der Aufsichtsrat von Volkswagen seine im Oktober 2015 eingeleitete Untersuchung zu den Ursachen und Verantwortlichkeiten für den Dieselskandal beendet und beschlossen hat, sowohl von Stadlers früheren Boss, den Ex-vw-vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn, als auch von Stadler selbst Schadenersatz zu fordern. Wegen „aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen“.
Stadler soll es nach Überzeugung des Aufsichtsrats ab dem 21. September 2016 unterlassen haben, dafür zu sorgen, dass von Audi entwickelte 3,0 I und 4,2 I V-tdi-dieselmotoren, die in Eu-fahrzeugen von VW, Audi und Porsche verbaut waren, „auf unzulässige Softwarefunktionen untersucht werden“. So lautete die Erklärung des Aufsichtsrates von Ende März.
Stadler, der sich vor Gericht mit drei weiteren Angeklagten wegen Betrugs, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung verantworten muss und alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe vehement bestreitet, äußerte sich zunächst nicht zu dieser Mitteilung seines früheren Arbeitgebers.
Das hat sich nun geändert. Stadlers Strafverteidiger, der Münchener Anwalt Thilo Pfordte, sagte un
Redaktion: „Wie Herr Stadler bereits in seiner Einlassung vor Gericht dargelegt hat, weist er den gewochen gen ihn erhobenen Vorwurf entschieden zurück und ist überzeugt, korrekt gehandelt zu haben. Gleichserer zeitig ist ihm bewusst, dass der Aufsichtsrat der Volkswagen AG aktienrechtlich verpflichtet ist, mögliche Ansprüche zu prüfen und gegebenenfalls geltend zu machen. Nach dieser umfangreichen, unabhängigen Prüfung wird ihm nicht vorgeworfen, vorsätzlich gehandelt zu haben.“
Dieser Hinweis ist Stadlers Anwalt wichtig, weil er mit der vorläufigen Einschätzung der 5. Strafkammer des Landgerichts München II korrespondiert, nach der das Gericht bei Stadler – nach Aktenlage – von Unterlassung ausgeht.
Wie hoch die Schadensersatzforderungen von VW gegenüber Winterkorn und Stadler sind, ist unklar. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung hatten jüngst von über einer Milliarde Euro berichtet, die von Winterkorn verlangt würden. Die Summe, die auf Stadler zukäme, solle den Sz-recherchen zufolge „deutlich kleiner“ausfallen. Volkswagen kommentiert die jeweils genannten Summen auf Anfrage nicht.
Um die Schadensersatzfrage zwischen VW und seinen früheren Spitzen-kräfte zu klären, sollen den Angaben eines Konzernsprechers zufolge „außergerichtliche Gespräche geführt“werden, um so eine Einigung zu erreichen und auszuloten ob eine Lösung ohne ein aufwendiges und langwieriges Gerichtsverfahren möglich ist. Sollte ein Vergleich zustande kommen, müsste dem dann die Hauptversammlung von Volkswagen zustimmen. Ob diese zivilrechtlichen Verhandlungen bereits begonnen haben, sagt VW nicht. Sie sind, das ist wichtig zu trennen, unabhängig vom derzeit laufenden Strafprozess gegen Stadler.
Stadler muss sich in diesem neben den mit ihm angeklagten Ingenieuren P., L. sowie dem früheren Chef der Audi-motorenentwicklung, Wolfgang Hatz verantworten. Diese drei sollen zusammen dafür gesorgt haben, dass ab 2009 verkaufte Dieselmotoren die Grenzwerte mit Schummelsoftware auf dem Prüfstand einhielten, auf der Straße aber mehr Abgase hinten rauskamen als vorgeschrieben. Es geht dabei laut Anklage um mehrere hunderttausend Autos, die auf dem nordamerikanischen Markt und in Europa verkauft wurden.
Stadler soll erst 2015 von den Manipulationen erfahren, den Verkauf betroffener Autos – in Europa – aber nicht verhindert haben.
Bis ein Urteil gefällt ist, wird es noch lange dauern. Der Strafprozess ist bis in den Dezember 2022 terminiert.