Union im Auge des Sturms
Machtkampf: Erste Forderung nach Rückzug Laschets
Berlin Söder oder Laschet? Die Frage, wer als ihr Kanzlerkandidat antreten soll, stürzt die Union in einen tiefen Graben, entzweit nicht nur CSU und CDU. Nachdem das Sturmtief Markus die beiden Schwesterparteien erfasst hat, befinden sie sich im Auge des Sturms. Dort ist es für eine kurze Zeit trügerisch still, bis der zweite Wirbel kommt.
Die Risse im Gebälk der Union gehen aber schon vor dem Finale tief. So fordert am Mittwoch der Heilbronner Cdu-bundestagsabgeordnete Alexander Throm seinen Parteichef Armin Laschet offen zum Verzicht auf die Bewerbung um das Kanzleramt auf. Mit Blick auf die turbulente Unions-fraktionssitzung tags zuvor, bei der sich auch zahlreiche Cdu-abgeordnete für CSUCHEF Markus Söder ausgesprochen hatten, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich hoffe, dass Armin Laschet dieses eindeutige Stimmungsbild auf sich wirken lässt und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Für Markus Söder als Kanzlerkandidat spricht seine deutlich höhere Akzeptanz in der Bevölkerung – und übrigens auch bei den Mitgliedern der CDU.“
44 Abgeordnete hatten sich bei der turbulenten Unions-fraktionssitzung am Dienstag dafür ausgesprochen, dass sich Söder um die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel bewirbt. 28 dieser Wortmeldungen für den CSU-CHEF kamen aus den Reihen der CDU. Für Laschet sprachen
Kollektives Schulterzucken in beiden Lagern
sich nur 22 Parlamentarier aus, alle aus der CDU und 16 davon aus seiner Heimat Nordrhein-westfalen. Die „Hinrichtung für Laschet“, wie es ein altgedienter CDU-MANN nennt, hatte sich in etlichen Cdulandesgruppensitzungen mit klaren Bekenntnissen für Söder angekündigt. Im Laschet-lager verweisen sie nun darauf, dass es keine echte Abstimmung gewesen sei, weil sich ja nicht alle der 245 Unions-abgeordneten geäußert hätten. Und selbst wenn sie es gewesen wäre, hätte sie, formal gesehen, keine Bedeutung.
Auf die Kanzlerkandidatur hat Laschet traditionell den ersten Zugriff als Chef der größeren CDU. Am Montag hatte ihm die Parteispitze ihre volle Unterstützung zugesagt. Die Sache schien klar für den Ministerpräsidenten von Nordrhein-westfalen zu laufen. Doch Abgeordnete wie Throm fürchten, mit ihm an der Spitze bei der Bundestagswahl im September deutlich schlechter abzuschneiden, als mit dem laut Umfragen weit populäreren Bayern. Throm: „Was würden wir als CDU denn machen, wenn Markus Söder der CDU angehören würde und erfolgreicher Ministerpräsident eines großen Bundeslandes wäre? Dann würden wir ihn bitten, Kanzlerkandidat zu werden.“Der Heilbronner ist sich sicher: „Wenn es um den Erfolg der Union geht, darf es doch nicht entscheidend sein, ob jemand der CDU oder der CSU angehört.“
Laschet und Söder haben angekündigt, sich bald auszusprechen, doch in welchem Format und wann das geschehen soll, ist weiter unklar. Die Parteispitzen schotten sich ab. Selbst Abgeordnete mit jahrzehntelanger Erfahrung wissen nicht, wie der Machtkampf gelöst werden könnte, ohne dass das Bündnis der zwei C-parteien zerbricht. Kollektives Schulterzucken in beiden Lagern. Selbst alte Veteranen wie Norbert Lammert winken ab, weil sie nicht wissen, wie man aus dem Schlamassel halbwegs heil herauskommen kann.